El Shaddai: Ascension of the Metatron
Göttlicher Farbrausch
Einen interessanten Ansatz verfolgen die Entwickler von El Shaddai beim Kampfsystem. Lediglich ein Knopf wird für die zahlreichen Attacken und Manöver benötigt. Die Art eurer Angriffe richtet sich danach, wie lange ihr den Angriffsknopf drückt oder in welchen Rhythmus ihr eure Manöver ausführt – das ist schnell verstanden und sehr eingängig, aber trotzdem nicht zu simpel: Das zentrale Element der Gefechte ist der Klau von gegnerischen Waffen. Habt ihr einen Widersacher genügend geschwächt, könnt ihr ihm per Druck auf die Schultertaste sein tödliches Werkzeug entwenden. Drückt ihr die Taste erneut, könnt ihr die Effektivität der neuen Waffe sogar noch erhöhen.
In ähnlicher Zurückhaltung übt sich El Shaddai im Bezug auf die Gegner. Anstatt euch dutzendweise Kanonenfutter vorzusetzen, bekommt es Enoch selten mit mehr als zwei oder drei Gegenspielern gleichzeitig zu tun. Mit denen werdet auch bereits alle Hände voll zu tun haben: Die Monster von El Shaddai sind aggressiv, schnell und überraschend clever. Sie weichen aus, kontern und können bereits mit ein paar wenigen Attacken verheerenden Schaden anrichten. Um die Stimmung des Spiels nicht zu stören, wird dieser ausschließlich an der Kleidung des Helden angezeigt: Je zerfetzter sein Outfit, desto mehr musstet ihr einstecken und desto mehr solltet ihr euch in Acht nehmen.
Aber El Shaddai gibt sich nicht damit zufrieden, einfach nur Elemente aus Devil May Cry und Konsorten auf seine surreale Art und Weise aufzubereiten. Auf einmal wechselt die Kamera die Perspektive und ihr spielt ein 2D-Jump'n'Run. Das funktioniert richtig gut: Die flüssige Steuerung kann ihre Stärken hier voll ausspielen, während die Grafik eindeutig zeigt, wohin der Weg führt – sind manche Sprung-Entfernungen oder Abgründe in den 3D-Action-Szenarien etwas schwer auszumachen, ist die Grafik bei den Hüpfeinlagen angenehm eindeutig und klar.
Verflucht seien die Sprachbarriere und meine Faulheit beim Erlernen der japanischen Sprache! Wie gerne würde ich verstehen, was in der seltsam-faszinierenden Welt von El Shaddai wirklich passiert, was Mann im Anzug wirklich in sein Handy spricht und was bei El Shaddai tatsächlich vor sich geht. Bereits nach wenigen Minuten mit der japanischen Demo ist dieses Spiel ganz oben auf meiner „Muss ich Spielen!"-Liste gewandert. Das liegt zum einen natürlich tatsächlich an der herrlich bizarren Präsentation und dem eigenwilligen Grafikstil, aber auch an der flüssigen Steuerung und den dynamischen Kämpfen.
El Shaddai ist wild, seltsam, surreal und einfach nur faszinierend. Die Handlung mit ihren adaptierten biblischen Motiven, der völlig eigenständige Grafikstil, die komplexen Kämpfe – man merkt, dass hier echte Profis am Werk sind, die sich nicht damit zufrieden geben, sich einfach nur der fanatischen Jagd nach immer mehr Realismus anzuschließen. Natürlich ist das nicht jedermanns Sache, aber das sind Kriegs-Shooter und Tolkien-Fantasy auch nicht. Ich für meinen Teil bin jedenfalls heilfroh, dass es auch in Zeiten, in denen nur noch für AAA-Produktionen mit Bruckheimer-Inszenierung und gigantischen XXL-Budgets Platz zu sein scheint, auch noch ungewöhnliche Titel wie El Shaddai erscheinen können – ein Hoch auf die Diversität!
Was auf den ersten Blick für manche vielleicht wie ein verkopftes Kunstspiel aussehen mag, entpuppt sich als herausfordernder Action-Geschicklichkeits-Mix, der den Genre-Klassikern in nichts nachzustehen scheint. Wer offen für innovative Szenarien, eigenwillige Präsentation und wilde Genre-Mischungen ist, der macht es wie ich und merkt sich El Shaddai schon mal vor – bisher gibt es noch keinen konkreten Termin für den West-Release. Dass dieser erfolgen wird, ist aber bereits sicher. El Shaddai: Ascension of the Metatron wird wohl eher nicht die breite, konservative Masse an Spielern zum Kauf bewegen, aber ich prophezeie dem Spiel bereits jetzt, dass es bald einen ähnlichen Kultstatus innehaben wird wie Okami, Killer 7 oder Nier.
El Shaddai: Ascension of the Metatron erscheint am 28. April in Japan und soll dieses Jahr noch in den Westen kommen.