Elder Scrolls IV: Oblivion
Und täglich grüßt das Murmeltier
Die tägliche Tretmühle des Lebens, die man Arbeit schimpft, sorgt nicht nur bei Fabrikarbeitern für Frustmomente. Auch als Games-Redakteur muss man sich mit gleichförmigen und langweiligen Aufgaben herumschlagen. Es sind die Multiplattform-Titel, die einen in die Verzweiflung treiben. Immer wieder und wieder müssen die Games für jedes Spielsystem durchgespielt werden.
Besonders hart traf es mich bei F.E.A.R., einem komplett inhaltsgleichen und auch optisch gleichwertigen Shooter, der mich beim dritten Durchspielen fast in den Wahnsinn trieb (siehe PS3 Test). Die selben Waffen, der selbe Held und die gleichen Gegner in den exakt gleichen Leveln, sind wirklich ein hartes Stück Arbeit. Bei Oblivion sieht die Sache ein wenig anders aus. Das Spiel ist zwar auch inhaltsgleich, doch dank der spielerischen Freiheiten und dem individuell gestalteten Helden weiterhin ein Genuss. Trotzdem kommt es natürlich zu heftigen Deja-Vu-Erlebnissen, die den Test nicht einfacher machen.
Man muss froh sein, dass die Entwickler von Bethesda das Spiel nicht 1:1 auf die Playstation 3 konvertieren konnten. Durch die komplett unterschiedliche Speicherstruktur – bei der Xbox 360 512 Mbyte Unified Memory, bei der Playstation 3 256 Mbyte Hauptspeicher und 256 Mbyte Grafikspeicher – musste eine ganze Menge Code umgeschrieben werden. Playstation 3 Besitzer mussten zwar so noch ein wenig länger auf ihr Spiel warten, dafür gab es im Gegenzug zumindest eine kleine, grafische Aufwertung. Sanfte Hügel und blühende Wälder schmeicheln dank höherer Zeichenreichweite und größerem Detailumfang nun noch mehr den gereizten Rollenspieler-Augen.
Komplett-Paket ohne Shivering Isles
Das gleich Bild beim Umfang: Bethesda ließ sich nicht lumpen und integrierte - bis auf das Add-On Shivering Isles - den kompletten downloadbaren Content der Xbox 360-Fassung. Eine spielerisch irrelevante Rüstung für das Pferd braucht natürlich niemand. Einige Erweiterungen, wie Knights of the Nine und der Wizard Tower, waren aber schon auf der Xbox 360 ihr Geld wert. Bleibt zu hoffen, dass Bethesda einen Weg findet, auch Shivering Isles auszuliefern. Momentan ist noch unklar, ob das über den Playstation Store möglich ist.
Bei der Steuerung verzichten die Entwickler auf jegliche SIXAXIS-Experimente. Das stört bei einem Titel wie Oblivion aber kaum, da ohne vernünftige Integration hier nur Mist herausgekommen wäre. Leider vermisst man eine Rumble-Funktion, die gerade bei den Schwertkämpfen für eine dicke Portion Atmosphäre sorgte. Auch die Texte wurden noch einmal komplett überarbeitet, obwohl einige seltsame Bezeichnungen für Tränke samt dämlicher Abkürzungen immer noch zu finden sind. Immerhin bekommt man bei Oblivion den Eindruck, dass sich die Entwickler Mühe gegeben haben, was bei anderen PS3-Umsetzungen nicht der Fall ist.
Zum eigentlichen Gameplay muss man nicht viel Worte verlieren. Der Titel ist ein waschechtes Sandbox-Game, das dem Spieler so ziemlich alles erlaubt und nur wenig einschränkt. In der Tradition anderer westlicher Rollenspiele ist der Titel sehr klassisch geraten. Klassen, Gegner und Setting sind nicht weit vom Herr der Ringe entfernt. Auch die eingebaute Egoperspektive kennt man schon aus diversen Genre-Vertretern, nur dass sich das Ganze hier einen Tick actionreicher gestaltet. Man schlägt in Echtzeit zu und wirkt per Knopfdruck einen Zauberspruch. So ähnelt der Titel manchmal mehr einem Shooter, als einem Rollenspiel.
Wirklich gewöhnungsbedürftig ist aber der adaptive Schwierigkeitsgrad. Die Werte der Werwölfe, Steinmonster und Vampire sind nicht in der Spielwelt verankert, sondern werden kontinuierlich dem Level des Charakters angepasst. Dieser Kniff erlaubt es zwar gleich zu Beginn jeden Ort auf der Karte aufzusuchen, doch vielen RPG-Fans fehlt dadurch ein richtige Ansporn. Manchmal möchte man einfach einem ehemals zu starken Gegner gegenüber stehen, den man nach ein paar Levelaufstiegen locker besiegt. Ich persönlich nehme das Manko der Freiheit zu Liebe gern in Kauf.
Bis auf die unförmigen Charaktermodelle ist die Präsentation durchaus gelungen. Die weiten Landschaften mit ihrer gigantischen Weitsicht gehören auch ein Jahr nach Release zur Genere-Spitze. Tonnenweise Sprachausgabe, ein gelungener Soundtrack und eine schöne Hauptquest tun ihr Übriges, um den Titel auch atmosphärisch zu einem Highlight zu machen. Leider fehlt die Möglichkeit der Xbox 360, eigene Soundtracks abzuspielen, weshalb einem die mitgelieferten Musikstücke bei bis zu 100 Stunden Spielzeit doch etwas auf den Keks gehen.
Ich hoffe, ich habe die Zeitschleife endlich durchbrochen. Wochenlang musste ich einen Xbox 360 Titel nach dem anderen auch auf der Playstation 3 durchkauen. Damit ist nun endgültig Schluss. Oblivion dürfte der letzte Titel gewesen sein, der mit solch einem gewaltigen Abstand veröffentlicht wurde. Wenn die Publisher in Zukunft die Multi-Plattform-Titel zumindest einigermaßen zeitgleich veröffentlichen, fällt mir ein Stein vom Herzen.
Zu Oblivion selbst gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Der Titel ist immer noch ein hervorragendes Rollenspiel. Die Verbesserungen machen zwar keinen Neukauf für Xbox-360 und PC-Besitzer erforderlich, garantieren aber Playstation 3 Besitzern die wohl beste Spielerfahrung. Deswegen vergebe ich trotz des hohen Alters eine satte 9. Wenn Ihr Oblivion also bislang noch nicht verfallen seid und seit kurzem eine PS3 Euer Eigen nennt – zugreifen. Dringend!