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Electronic Arts und die Star-Wars-Lizenz: Größer ist nicht immer besser

Mehr Mut zu kleineren Projekten!

Ganz unabhängig davon, was sich an EAs beiden Battlefront-Spielen kritisieren lässt - vor allem natürlich das Lootbox-Fiasko beim zweiten Teil -, hatte ich trotz aller Kritikpunkte mit beiden Titeln zumindest eine Zeit lang viel Spaß. 2013 vereinbarten Disney und Electronic Arts eine zehnjährige Zusammenarbeit. Im Zuge dessen erschienen bis heute, fünf Jahre später, nur die beiden Battlefronts und Galaxy of Heroes.

Klingt nach wenig Output für einen Publisher, der normalerweise gerne auf Serien setzt. Verständlicherweise muss die Entwicklungsmaschinerie zuerst an Fahrt aufnehmen und zwei weitere Titel entstehen derzeit bei Respawn und Motive. Ein anderer Gedankengang wäre: Sei froh, dass es überhaupt Star-Wars-Spiele gibt! Bin ich. Doch das vorhandene Potenzial schöpft EA meiner Meinung nach nicht vollständig aus.

Betrachtet die bisherige Geschichte von EA und Star Wars und ihr könntet zu dem Schluss kommen, dass der Publisher bislang kein glückliches Händchen bewies. Abseits der Battlefront-Probleme stampfte das Unternehmen ein Projekt von Visceral unter der Leitung von Uncharted-Schöpferin Amy Hennig ein, was zugleich das Studio mit in den Abgrund riss.

Ich weiß nicht mehr, wo ich es gelesen habe, aber ein Kommentator drückte die Einstellung des Visceral-Projekts sinngemäß wie folgt aus: Electronic Arts heuert Hennig an, die für die lineare Uncharted-Reihe bekannt ist, und lässt sie an einem Titel arbeiten, der auf ihre Stärken zugeschnitten ist. Dann stellt das Unternehmen nach mehreren Jahren fest, dass ein linearer Singleplayer-Titel nicht das ist, was man möchte - sondern ein Open-World-Design. Ich als Spieler hätte das gerne gesehen, aber mich fragt ja keiner. Eine Verschwendung von Talent, um es so zu formulieren. Und schade um Visceral Games, die uns in der Vergangenheit mit Dead Space oder Dante's Inferno beglückten.

Gibt es keinen Markt für ein neues Rogue Squadron?

Im Grunde geht es mir nicht mal darum. Es fallen viele Spiele der Schere zum Opfer, von denen wir nichts wissen. Es ist ein normaler Vorgang in der Industrie. EAs Jade Raymond hatte in dieser Woche betont, dass jedes EA-Studio die Möglichkeit habe, ein Konzept für ein Star-Wars-Spiel auszuarbeiten und vorzuschlagen.

Schön und gut, aber warum lediglich EA-Studios? Warum nicht externe Entwickler mit an Bord holen? Es gab in den letzten zwei Jahren zwei Meldungen über potenzielle Star-Wars-Spiele, von denen ich mir eine Umsetzung gewünscht hätte. Bei denen ich sofort gesagt hätte: Ja, lass' mich das direkt spielen. Und wer weiß, wie viele da draußen noch gute Ideen haben. Dass EA kein Geld zu verschenken hat, ist mir bewusst. Die Entwicklung eines Spiels verschlingt aber nicht zwingend abermillionen Dollar.

Ein gutes Vorbild hat der Publisher mit seinem EA-Originals-Programm im eigenen Haus. Das wäre mit der Star-Wars-Lizenz ebenso möglich. Nehmen wir Petroglyph als Beispiel. Das Studio entwickelte damals das Strategiespiel Empire at War für LucasArts und hatte in diesem Jahr Interesse an einer Fortsetzung bekundet. Damit war das Studio jedoch alleine, denn EA habe sich wenig begeistert gezeigt.

Empire at War 2? Warum denn eigentlich nicht?

"Das ist eine rein geschäftliche Sache", schrieb ein Petroglyph-Entwickler namens Ted. "Ich kenne keine Details, aber EA hat die Lizenz zur Entwicklung aller Star-Wars-Spiele und sie scheinen sich auf wenige Titel auf einem sehr hohen Qualitätsniveau zu konzentrieren. Daher nutzen sie all ihre verfügbaren Ressourcen dafür. Das bedeutet, wenn ihr nichts mit Shootern anfangen könnt, hat das derzeit keine hohe Priorität."

Und weiter: "Wir haben uns ein paar Mal mit ihnen in Verbindung gesetzt, um zu sehen, ob sie Interesse daran hätten, uns mit der Entwicklung eines Empire at War 2 auf dem gleichen Qualitätsniveau wie ihre anderen Star-Wars-FPS-Titel zu beauftragen. Daraus ergab sich jedoch nichts."

Ich bin zwar kein Manager in der Spieleindustrie und kenne die Geschäftszahlen nicht, aber gehe davon aus, dass ein Empire at War 2 nur den Bruchteil eines Battlefront kosten würde. Die Zielgruppe ist im Vergleich dazu kleiner, eine gut gemachte Fortsetzung des Strategiespiels fände aber mit Sicherheit ihren Absatz.

Ein anderes Beispiel ist Double Damage. Das Studio hinter Rebel Galaxy hätte gerne einen Star-Wars-Weltraumshooter entwickelt. Sie strebten "eine Art modernisiertes X-Wing mit all den klassischen Elementen" an und erstellten im Jahr 2016 innerhalb von zwei bis drei Wochen einen Prototyp.

Rebel Galaxy trifft Star Wars.Auf YouTube ansehen

Im Video seht ihr das Ergebnis. Ich weiß nicht, wie es euch geht. Ich denke mir dabei: Hätte ich gerne ausprobiert. Ganz egal, ob es mehr an X-Wing oder Rogue Squadron erinnert. Weltraumkämpfe sind ein wichtiger Aspekt im Star-Wars-Franchise. Glaubt der Publisher allen Ernstes, kein Spieler habe daran Interesse? Ein Weltraumshooter mit vernünftiger Kampagne zum kleinen oder Mid-Range-Preis. Klingt für mich nach einer guten Idee. Auch hier gilt wieder: Wäre nicht so teuer wie eine Triple-A-Produktion. Denkt daran, dass Petroglyph oder Double Damage ihre Spiele mit einem - im Vergleich zum Triple-A-Markt - enorm kleinen Budget entwickeln. Wenn EA diesen Etat für ein Star-Wars-Projekt verdoppelte oder verdreifachte, wären die Kosten am Ende noch immer gering.

Wenn Raymond sagt, dass der Publisher den Markt nicht mit Star-Wars-Spielen fluten möchte, verstehe ich das. Ich fände die Idee reizvoll, wenn sich größere und kleinere Star-Wars-Projekte abwechseln. Finanziell sollte der Publisher dazu fähig sein, das zu stemmen. Einen Versuch wäre es wert (gewesen). Ich bin überzeugt, kreative Indie-Entwickler wären in der Lage, hier einige tolle Projekte auf die Beine zu stellen. Ich bezweifle, dass sich diese Haltung in Zukunft ändert, aber Hoffnung hat der Rebellion in den Filmen auch nicht geschadet.

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