Elex 2 Test - Die Ambitionen sind wie immer da
Elex 2 hat als offenes Rollenspiel mit einer großen, hübschen Welt seine Reize, aber das schwache Kampfsystem und die schwach geschriebenen Figuren und Handlungen können nicht überzeugen.
Es gibt Tage, an denen man sich fragen muss "warum?" und das trifft zwar auch auf das aktuelle Weltgeschehen zu, aber so hoch will ich hier gar nicht greifen. Ich meine das auch nicht mal generell in Bezug auf Elex 2. Der erste Teil war ein weitgehend solides Open-World-RPG, das zwar von jeder Menge Problemchen geplagt war, aber auch seinen Charme hatte. Was mehr oder weniger die Zusammenfassung jedes Piranha-Bytes-Spiels nach Gothic 2 ist.
Warum erst einmal jetzt? Wir haben eine Phase, wie selten zuvor. Elden Ring, Horizon 2, Dying Light 2, es gab ein Pokémon, Gran Turismo kommt gleich, Triangle Strategy auch. Wenn man nicht ganz spezifisch auf ein altbackenes RPG mit schwacher Handlung und holperigen Kampf gewartet hat, dann gibt es schon andere Dinge, mit denen man die Zeit totschlagen kann. In zwei Monaten ist wieder Flaute, da hätte man sich über Elex 2 mehr gefreut. Vor allem aber: Warum fast schon zwanghaft eine monströse offene Welt, in die man alles reinkloppt, was es in dem Genre jemals gab, wenn man nichts davon wirklich gut beherrscht? Wäre es nicht eher sinnvoller zurück zu der übersichtlichen Größe eines Gothic zu gehen, dessen Stärken zu polieren, weniger Dialoge zu haben und diese lesenswert zu halten? Warum muss Elex 2 in der heutigen Zeit, in der ein Elex 2 ohnehin nicht mehr als Triple-A wahrgenommen wird, einen fehlgeleiteten Versuch starten, sich wie ein solches aufzublasen?
Fangen wir mit den Charakteren an. Ich weiß kaum noch, wie einer von denen hieß, ich weiß nur, dass ich sie alle hasse. Die Welt von Elex ist durch die Bank mit unerfreulichen Menschen gefüllt und ich will keinem von ihnen helfen. Nicht mal meinem eigenen Charakter. Ja, es soll eine postapokalyptische Welt sein, in der die Harten das Sagen haben. Aber vergleicht man dies mit Spielen wie den CD-Projekt-Games, den Biowares oder den kleineren wie Pathfinder und Pillars, dann muss man sagen, dass diese Figuren auch in harten Welten unterwegs sind. Aber es gibt Nuancen, die viel davon ausmachen, warum ich mich für ihre Probleme interessieren soll. Zuletzt hatte das ein Zombie-Action-Game - Dying Light 2 - um so vieles besser hinbekommen als dieses ausgewiesene RPG. In dem Genre sollten die Charaktere alles sein, bevor man was anderes beginnt. Elex 2 fühlt sich an, als hätte man erst mal die Game-Engine poliert und danach in einer betrunkenen Nacht einen Haufen Arschlöcher zusammengeschrieben und sie auf diese Welt losgelassen.
Ich nehme an, insoweit ist es ganz gut, dass die eigentliche Story denkbar belanglos ist. Im Grunde ist es das, was Piranha seit Jahren auf die Spieler loslässt. Ihr habt einen grantigen Helden - Jax, der aus dem Vorgänger - der noch mal die Welt retten muss. Keiner will ihm helfen, also klappert er alle Fraktionen ab, spielt für ein Weilchen den Laufburschen und wenn er es richtig macht, helfen sie ihm später im finalen Kapitel. Diesmal sind es Außerirdische, ihr seid von denen infiziert, ein Wissenschaftler will euch helfen, aber nur, wenn ihr eine Allianz gegen die Aliens auf die Beine stellt. Go. Und das ist dann im Prinzip auch, was über die nicht gerade kurze Spielzeit passiert. Sicher, jede der zahllosen Nebenquests hat eine Handlung für sich, es gibt den übergreifenden Bogen einer Fraktion, aber am Ende: Entweder hat man es schon zig Mal gehört, oft genug in früheren Piranha-Spielen, oder es ist eine Fetch-Quest. Persönlichkeit und Charaktere? Für Anfänger, so etwas braucht eine harte Welt wie Elex nicht.
Schade, denn es hat sich auch viel Gutes getan. Das im ersten Teil noch sehr archaische Interface wurde aufgeräumt, vom HUD bis zum Inventar spielt sich das alles fast komfortabel. Nun, relativ, denn eigentlich sollte ich das alles wohl eher minimalistisch nennen. Sympathischerweise spielen Loot und Crafting keine große Rolle in Elex 2, also benötigt man auch keine komplexe Struktur, um die paar Sachen unterzubringen, die es gibt. Wie schon mal erwähnt, ich sehe es nicht als Nachteil, dass ich mal nicht Tonnen an Müll sammeln muss, um ein paar nützliche Dinge im Inventar zu haben und die paar nützlichen Dinge hat Elex 2 relativ gut im Griff.
Auch schätze ich wirklich, dass nicht nur die Welt offen ist, sondern im Prinzip die ganze Progression durch sie hindurch, etwas, das Elex 2 mit Elden Ring verbindet. Es gibt wenige Marker, wo es weitergehen muss. Quests haben keine bestimmten Level, so wie auch die Level von Gegnern nicht angezeigt werden. Nur, wenn einer viel zu gefährlich ist, gibt es ein Icon, dass ihr diesen hier vielleicht in Ruhe lassen solltet. Das Gefühl von Erkundung und Abenteuer ist definitiv da und wenn man vieles andere außen vor lässt, ist das die Stärke, für das die harten Piranha-Fans dieses Spiel bis an das Ende aller Tage verteidigen werden. Nun, sie haben damit nicht ganz unrecht. Ich schaue lieber hier nach, was denn hinter dem nächsten Hügel so kommt als in einer geschliffenen Welt den nächsten selbsterklärenden Marker anzusteuern. Selbst wenn dahinter in Elex 2 nur eine weitere mäßige Nebenquest wartet, war es das dann irgendwie doch wert. Für ein Weilchen zumindest.
Diese Welt ist auch deutlich schöner, als sie es noch im ersten Teil war. Wobei seitdem natürlich viel Zeit ins Land ging, mittlerweile neue Technik da ist und wer jetzt einen Showcase für seine PS5 sucht, der ist hier nicht unbedingt richtig. Trotzdem, auf seine eigene, sehr viel preiswertere Art fand ich die Welt jetzt vom Gefühl her nicht viel hässlicher als etwa ein Horizon. Auf einem technischen Level, sicher, da liegen noch ein paar mehr Welten dazwischen. Aber der generelle Look hat etwas für mich positiv retro-eskes. Ja, ich rede es schön, aber auch nur, weil ich es so empfinde.
Was ich dagegen nicht schönreden kann, ist der Kampf. Es gibt ein wenig Politur im Vergleich zum sehr gewöhnungsbedürftigen Vorgänger, aber hier hätte Elex 2 ein klein wenig Quantensprung nötig gehabt. Im Jahr 2022 ein Action-Kampfsystem zu haben, dass sich wirklich nur nach Berechnung in Trefferpunkten anfühlt, statt dem Einschlag einer Waffe, ist schon latent peinlich. Das gelang Skyrim schon vor 10 Jahren besser. Und Skyrim war nicht gut in diesem Punkt. Egal, ob ihr Fern- oder Nahkampf nutzt, ob ihr einen Dolch oder eine futuristische Streitaxt schwingt, Treffer scheinen sich nicht an der Oberfläche, sondern im Lebensbalken und sonst nirgendwo abzuspielen. Die steifen, unflexiblen Animationen und die fast nicht vorhandene Gegner-KI tun ihr Übriges, um Kämpfe zu einer lästigen Pflicht zu degradieren, wo sie der Treiber des Spielspaßes sein sollten.
Schön ist das an den Begleitern zu sehen, die auch anderweitig ein bestes Beispiel für die fehlgeleiteten Ambitionen von Elex 2 sind. Im Kampf ist euer Kompagnon vor allem eine Ablenkung für die Gegner. Wirklich sinnvolle Manöver jenseits grundlegender Schüsse oder ein wenig Draufhauen beherrschen eure Freunde nicht und sinnvolle Koordination mit ihnen ist auch nicht angedacht. Aber ein Dummy auf dem Schlachtfeld, für den sich der Feind interessiert, ist auch so hilfreich, immerhin. Was die Beziehungen zu den Begleitern angeht, nun, ihr habt eine Art Beziehungswert zu jedem von ihnen, ihr könnt sie die ganze Zeit beleidigen oder ihnen bei ihren persönlichen Quests helfen. Erwartet nur nicht, dass das groß irgendwelche Auswirkungen irgendwo im Spiel hätte. Dieser Punkt offenbart schonungslos, dass Elex 2 irgendwo mal hörte, dass andere Spiele so ein Feature haben, aber hatte dann leider nicht die Ressourcen über die reine Ambition hinaus, damit viel anzufangen.
Elex 2 ist nun mal ein Piranha-Spiel. Es hat die Welt und die Ambitionen, es geht die richtigen Schritte, was die freie Erkundung angeht und lockt mich als Spieler häufig genug, noch ein wenig weiterzugehen und zu sehen, was kommt. Es ist wahrlich nicht so, dass ich mit Elex 2 keinen Spaß gehabt hätte. Aber zu oft hatte ich diesen trotz Elex 2, denn so wie ein Teil der grundlegenden Aspekte des Spiels seinen Reiz ausmacht, so tut ein anderer Teil sein Bestes, das zu torpedieren. Das sind auch alles keine neuen Probleme. Bis heute gelang es Elex so wenig wie damals Risen, gute Charaktere mit interessanten Dialogen zu schreiben - im Gegensatz zu solchen, die man einfach nur ihrem Schicksal überlassen möchte, und sich überlegt, ob die Welt nicht mit den Aliens besser fahren würde. Genauso wenig scheint es möglich, den Kampf endlich mal auf den Stand der Zeit zu bringen und ein Gefühl für Wucht zu vermitteln. Es ist nicht so, dass anderen mittelgroßen Studios das nicht gelingen würde. Kein Triple-A-Budget zu haben, ist keine Ausrede für alles.
Elex 2 ist am Ende kein generell schlechtes Spiel und da sind genug Aspekte in der hübschen Spielwelt, die man mögen kann. Man spielt es nett runter und stumpft langsam ein wenig gegen die Schwächen ab. Wenn es gerade nicht zig Spiele gäbe, die so viel besser wären, dann hätte ich sicher mehr Zeit hier verbracht. Aber Piranha darf gern mal wieder über den Status des semi-soliden Lückenbüßers hinauskommen. Vor allem dann, wenn es keine Lücke gibt.