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Emio – Der lächelnde Mann im Test: Klassischer Krimi mit guter Geschichte und kleinen Problemchen

Der Famicom Detective Club ermittelt nach 35 Jahren weiter!

Famicom Detective Club: Emio - Der lächelnde Mann bietet eine spannende sowie einzigartige Mystery-Geschichte. Leider weist der Krimi spielerisch einige Schwachstellen auf und muss sich bei seinen Genrevertretern eher hinten anstellen.

Schon 35 Jahre sind es her, als der letzte Fall des Famicom Detective Clubs 1989 für den NES geschrieben wurde. Damals legte das Franchise mit "The Missing Heir" (1988) und "The Girl Who Stands Behind" (1989) einen Grundstein für weitere japanische Mystery-Adventures, wie Ace Attorney, Danganronpa, AI: The Somnium Files und Co. Im Zentrum stehen Mordfälle, die durch Untersuchungen der Schauplätze, in Konversationen oder der Suche nach Beweismitteln und vermissten Personen gelöst werden wollen. Allen voran müsst ihr hier viel lesen. Die ersten zwei Fälle wurden 2021 in einer Remake-Kollektion neu veröffentlicht.

Yoshio Sakamoto, ganz nebenbei auch Schöpfer der Metroid-Spiele, schrieb nun am neuen Fall "Emio – Der lächelnde Mann" und Nintendo setzt mit dieser Veröffentlichung ganze 35 Jahre später die Reihe fort. Dieses Mal arbeitet die Utsugi-Detektei (bestehend aus dem Protagonisten, Ayumi Tachibana und Gründer Shunsuke Utsugi) an dem besonders verwirrenden Fall: Ein Schüler wird am Rande eines verlassenen Entwässerungspumpwerks tot aufgefunden. Über seinen Kopf ist eine Papiertüte gestülpt, die mit einem lächelnden Gesicht verziert ist. Unsere vertraute Kollegin Ayumi erinnert der Fall sofort an eine alte urbane Erzählung, bei der ein "Emio", der ebenfalls eine lächelnde Tüte über dem Kopf trug, weinende Schülerinnen ermordete, um ihnen mit so einer Tüte ewiges Lächeln zu verleihen.

Famicom Detective Club: Emio - Der lächelnde Mann (Im Test)

Natürlich klingt das schaurig, aber Horror solltet ihr hier nicht erwarten. Das dritte Spiel des Detektivclubs fühlt sich mehr nach einem guten Krimi an, der vor allem durch seine vielen Wendungen und eine stetige Spannungskurve zu fesseln weiß. Oft genug werden neue Hinweise gesät, die bisherige Vermutungen über den Haufen werfen und dazu zwingen, den Fall neu zu interpretieren. Auch Perspektivwechsel halten neugierig, denn manchmal schlüpft man auch in die Rolle von Ayumi und spricht mit ganz anderen Figuren als der Protagonist. Manchmal seht ihr sogar Ereignisse aus der Beobachterperspektive, die außerhalb der Detektei stattfinden. Das alles führte dazu, dass ich neugierig darauf blieb, wie der Fall endet und konstant sowie aktiv mitraten wollte.

Etwas unangenehm fielen mir hingegen die Passagen auf, die lustig gemeint sein sollten. Diese erkläre ich näher im obigen Video, denn für einen lustigen Moment drehen sich Dialoge gerne mal im Kreis oder schweifen ganz von der eigentlichen Thematik ab. Richtig gut haben hingegen Witze funktioniert, bei denen die Stimmen und das Schauspiel der Figuren genutzt wurden. Die Synchronisation ist übrigens nur auf Japanisch verfügbar und die Texte auf Deutsch, weshalb ihr euch darauf einstellen solltet, viel zu lesen, denn im Text ist jedes Detail wichtig. Erfreulich ist dabei die sehr gelungene deutsche Übersetzung. Dennoch wäre eine deutsche Synchronisation wünschenswert, damit auch die Tonalität vermittelt werden kann, denn die spielt auch im Gameplay eine große Rolle.

Aus der Zeit gefallen?

Der neue Fall rund um Emio macht sich leider keine große Mühe, viel am Remake-System zu ändern. Ähnlich wie beim NES-Spielsystem gibt es hier klar definierte Eingabebefehle: Ihr könnt Figuren aus der Ferne zu euch rufen oder gezielt ansprechen, wenn sich mehrere Charaktere im Bild betreffen. Habt ihr einen Gesprächspartner, so befragt ihr diesen zu verschiedenen Themen oder hört einfach zu, wenn ihm was auf dem Herzen liegt. In einem neuen Schauplatz könnt ihr sowohl die Umgebung als Ganzes, als auch bestimmte Gegenstände mit einem frei beweglichen Zeiger untersuchen. Manchmal gibt es Gegenstände, die ihr durch eine separate Eingabe nehmen könnt, aber spannender sind Beweisstücke, die ihr manchmal bei euch tragt. Insgesamt sind sie allerdings wenige, sodass ihr sie eigentlich nur anderen NPCs zeigen könnt.

Wie in den letzten Fällen gibt es zudem die Option, nachzudenken. Dabei kann zum Beispiel der Protagonist eine eigene Meinung zu Situationen preisgeben oder kombiniert kürzlich erhaltene Informationen zu einer neuen Option. Ein Notizbuch, um den Überblick nicht zu verlieren, habt ihr ebenfalls. Neu ist das Handy, mit dem die Detektive vertraute Figuren oder Orte, wie Restaurants, anrufen können. Natürlich könnt ihr auch selbst Nummern abtippen und hoffen, dass am anderen Ende der Leitung jemand den Hörer abnimmt. Unter "Ermittlungen beenden" findet ihr die Speicherplätze.

Leider haben die Spiele aus dem Famicom Detective Club aufgrund der damaligen Hardware-Limitierung ein großes Problem: Viele Lösungen verlassen sich auf Trial-and-Error. Heißt, ihr müsst sehr häufig einfach alles einmal anklicken, um weiterzukommen, wenn die Hinweise nicht offensichtlich genug gestreut sind. Das ist bei Emio ungünstigerweise ähnlich, wobei zumindest der Schauplatzwechsel kein Problem mehr darstellt und ihr wichtige Hinweise gelb markieren lassen könnt (optional). Die Hinweise selbst sind durch "Nachdenkden" dieses Mal besser gestreut. Während der Konversationen habe ich mich trotzdem oft dabei erwischt, genervt zwischen drei Optionen hin- und herzuklicken. Denn manchmal wechselt man einen Befehl wirklich nur deshalb, weil ... na ja, es mal wieder an der Zeit ist, den Cursor zu bewegen. Und wenn dann Hinweise auch noch verwirrend sind oder ganz ausbleiben, macht sich der Frust auch schon breit.

Was die Spielelemente betrifft, so untersuche ich am liebsten Schauplätze und ziehe hoffentlich die richtigen Schlüsse und während bei Emio die Schlussfolgerungen am Ende der meisten Kapitel super funktionierten, durfte ich leider nicht so wirklich viel selbst untersuchen. Der Krimi gestaltet sich am Ende recht linear und löst enttäuschenderweise auch viel mehr durch Animationen auf, als ich anfangs erwartet habe. Natürlich hätte ich viel lieber aktiv zur Lösung beigetragen! Trotzdem bleibt mir die Geschichte insgesamt in Erinnerung, denn so ein intensives Ende habe ich nicht erwartet. Ich bereue es nicht, den Detektivclub 14 Stunden lang bei ihrem neuen Fall begleitet zu haben.

Famicom Detective Club: Emio - Der lächelnde Mann im Test - Fazit

Famicom Detective Club: Emio - Der lächelnde Mann gehört vielleicht nicht zu den allerbesten Detektivspielen, die es mittlerweile aus dem japanischen Raum gibt, dennoch schafft das Team nach 35 langen Jahren, ein nostalgisches Gefühl zu vermitteln und dabei Spannung sowie Neugier konstant zu halten. Außerdem macht der neue Fall das vertraute Detektivbüro schicker denn je. Leider stehen sich die Detektive durch unnötig ausschweifende Witze, sowie einen zu häufigen Fokus auf Trial-and-Error, sowie wenig Untersuchungsmöglichkeiten selbst im Weg. Noch zwei, drei Musikstücke mehr oder weitere Synchronisationssprachen hätten der Preis-Leistung ebenfalls nicht geschadet.

Hobby-Detektive mit einem Fokus auf der Narrative dürften sich bei Emio pudelwohl fühlen, während Ermittler, die lieber selbst nachdenken und auch mal untersuchen wollen, vom Spielsystem etwas enttäuscht sein könnten. Leider finde ich mich eher beim Letzteren wieder, obwohl ich mich gerne in die Welt habe fallen lassen und die Geschichte rund um Emio mich auch sehr gerührt hat.

Famicom Detective Club: Emio
PROCONTRA
  • Ein spannender Fall, der bereits am Anfang viele Fragen aufwirft
  • Die Geschichte kann größtenteils die Spannung und Neugier oben halten, indem sie an passenden Stellen neue Hinweise sät, die Stimmung ändert oder die Perspektive wechselt
  • Gelungene Text-Übersetzung, immersive Synchronisation
  • Spielerische Ergänzungen im Vergleich zu den Vorgängern
  • Sehr angenehme Gesamtatmosphäre, in die man sich gerne fallen lässt
  • Die Geschichte wird mehr durch Animationen aufgelöst als durch eigenes Handeln
  • Synchro leider nur auf Japanisch, obwohl die auditiven Nuancen im Fall wichtig sind
  • Zwei bis drei weitere Musikstücke hätten bei ruhigen Dialogen für bessere Abwechslung gesorgt
  • Leider schafft auch Emio es nicht, sinnloses Trial-and-Error zu umgehen

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