Endless Dungeon im Test: Endlos allein reicht mir nicht
Eine gute Basis auf der Suche nach Individualisierung und Abwechslung.
Amplitude hat mit Endless Dungeon sehr viel richtig gemacht. Es macht vom Fleck weg Spaß, vor allem mit Freunden, und sieht mit seinem Mix aus apart ausgeleuchteten isometrischen Levels und Comic-Effekten, die so auch aus den neuen Spider-Man-Animationsfilmen kommen könnten, zum Niederknien charmant aus. Das ist gute Unterhaltung. Aber es hat sein Pulver auch recht schnell verschossen und so wirkt das Endless Dungeon schon nach gut 20 Stunden fast restlos abgespielt. So ging es zumindest mir. Mehr Content muss her – und zwar pronto.
Dass ich dennoch guter Dinge bin, was die Zukunft dieses Spiels angeht, liegt daran, dass das Gerüst, wie oben beschrieben, einfach sehr solide ist. Ich mag es, Run-weise immer neue Etagen dieses zufallsgenerierten Dungeons zu durchforsten, dabei Raum um Raum mehr Ressourcen zu verdienen, neue Geschütze zu erforschen und mir eine Taktik zurechtzulegen, wo ich sie am besten hinstelle. Denn allein mit seinen Waffen und Talenten wird man des periodischen Ansturms gut gemischter Monster-Mobs nicht ohne Weiteres Herr.
Die Wahl des Charakters ist dabei nicht entscheidend, wobei die Profile der unterschiedlichen Figuren sich auch abseits der Tatsache bemerkbar machen, ob man nun mit leichten oder schweren Waffen ins Gefecht gehen muss. Der Kehrer etwa, ein Hausmeister, der nur zufällig auf diese Raumstation gelangte, von der er nun zu fliehen versucht, repariert Geschütze schneller als alle anderen Charaktere und steigert allein durch Anwesenheit im selben Raum ihre Effizienz. Andere Figuren sind aufs Schwächen der Gegner oder das Stärken der Mitspieler spezialisiert, aber im Grunde spielen sich alle recht ähnlich.
Außer Zielen, Schießen und Schubsen sowie einem aktiven und einem ultimativen Skill muss man im Grunde nicht viel machen. Was gut ist, weil es schon schwierig genug ist, die Lage halbwegs zu überblicken und die Türen einer Etage so zu öffnen, dass der Kristallbot bestmöglich geschützt ist. Er ist es nämlich, der letztlich die Tür ins nächste Areal knacken muss und deshalb von den Monstern eines Levels als primäres Ziel angegangen wird. Fliegt er in die Luft, ist der Run vorüber und man fängt von vorn an. Wer also mit zufälligen Spielpartnern ohne große Absprache durch die Level hastet und in seiner Gier auf neue Ressourcen einfach alle Tore aufreißt, verlebt hier keine gute Zeit.
Es stimmt, dass es sich prinzipiell lohnt, Türen zu öffnen, denn mit jedem neuen Raum erhaltet ihr mehr Ressourcen, alleine dadurch, dass ihr ihn aufgemacht habt. Aber es steigert auch das Risiko, einen neuen Spawn-Punkt freizulegen oder gleich die nächste Welle zu starten. Ihr wägt also ab, ob ihr es euch leisten könnt, eine Abkürzung zum Kristallbot aufzumachen oder einen Vorstoß in ein unbekanntes Gebiet schon jetzt oder lieber erst später zu wagen. Einmal platzierte Geschütze darf man schließlich nicht versetzen und unter Umständen kommen die Feinde dann aus Richtungen, die bislang noch ungeschützt waren.
Allein spielt sich das schon ganz ordentlich, auch wenn die beiden zusätzlichen Figuren, die man mitbringt, trotz halbwegs ordentlicher Treffsicherheit mehr als zusätzliche Leben agieren, sollte man mal zu Boden gehen. Tatsächlich habe ich aber mehrheitlich solo gespielt. Partien mit zufälligen Mitspielern waren mit einer Ausnahme eine disorganisierte Katastrophe. Ich spielte gut sechs Anläufe mit einem Freund und hier hatte ich wenig überraschend am meisten Spaß, weil die Arbeitsteilung hier am leichtesten fällt.
Wir waren wirklich überrascht, wie gut die Bosse austariert waren. Oft besiegt man sie auf den letzten Drücker und die Dramatik in den Kämpfen zieht ordentlich an. Mit Ausnahme des KI-Bosses, den ich kaum als solchen wahrgenommen habe, sind sie gut designt und die Kämpfe spannend, vor allem in Absprache mit menschlichen Mitstreitern und Mitstreiterinnen.
Zugleich stand das Spiel wegen der Koop-Progression in der Kritik, weil es anfangs nicht möglich war, weitere Helden freizuschalten, wenn man einer Partie als Gast beitrat. Das ist mittlerweile korrigiert, wenngleich jeder Spieler immer noch nur Helden-Quests für Heroes absolvieren kann, die er selbst spielt und in seiner eigenen Partie freigeschaltet hat. Das ist schon okay so. Das Problem ist nur: In Endless Dungeon gibt es aktuell insgesamt nur sehr wenig Interessantes freizuschalten. In einem Titel, der auf Wiederholung setzt und lange frisch bleiben will, ist das mehr als nur ein kleines Problem.
Es geht ja schon damit los, dass die wenigen Helden-Skins zu zwei Dritteln nur als Bezahl-DLC erhältlich und obendrauf keine allzu große Änderung darstellen. Davon abgesehen verdient man Schrott, mit dem ich nach etwa gut 15 Stunden nur noch wenig mehr kaufen konnte als Kisten, die den Start eines neuen Runs einfacher machen. Die andere Währung sind Chips, die jede Waffe um bis zu zwei passive Effekte verbessern, für die es aktuell keine ALternativen gibt. Dabei gibt es keinerlei wirkliche Spezialisierung, denn die Waffen sind selbst schon Spezialisten für eine der vier Monsterarten und entweder fern- oder nahbereich und jedwedes Upgrade, das man bekommt, ist extrem linear. Nichts, was man sich hier besorgt, verändert grundlegend die Art, wie man spielt.
Dasselbe gilt für die Turrets, die einfach nur “besser” werden, oder ihnen Wirkungsradisus vergrößern. Das ist die eine, zentrale Enttäuschung und das haben andere Roguelites, allen voran Dinge wie Hades oder Dead Cells deutlich besser gemacht. In Endless Dungeon hat man dagegen recht bald alles gesehen, was es zu sehen gibt und richtet sich auf einen Spielstil ein, von dem es nur wenig Möglichkeiten gibt, abzuweichen. Endless Dungeon hätte hier mit interessanten Effekten oder anderweitig findiger Individualisierung pro Lauf entschieden länger Spaß aus dem Prozedere holen können. Da das Spiel zudem auf großzügiges Auto-aim setzt und es keine Ausweichrolle gibt, wird auch auf der aktiven Seite insgesamt eher wenig Finesse verlangt, was im Hier und Jetzt bedeutet, dass man nach 15 bis 20 Stunden guter Unterhaltung erst mal genug hiervon hat.
Endless Dungeon – Fazit:
Es hat bei mir sogar noch etwas länger gedauert, bis ich merkte, dass sich Endless Dungeon längst in wenig zielführender Wiederholung verloren hatte. Das spricht durchaus auch für das Grundgerüst des Spiels: Wenn man gerade drin ist, hat man Freude an den Effekten und den kniffligen taktischen Entscheidungen, die man treffen muss, wissend, dass man sich nie perfekt absichern kann. Mittendrin macht man sich wenig Gedanken darum, dass auch dieser Lauf nur einer unter vielen sein wird, die mehr oder weniger gleich verlaufen, um schließlich ein Ende zu finden, das einen wieder größtenteils unverändert in den kommenden Versuch entlässt.
Die besten Roguelites aber wandeln sich mit jedem neuen Run ein wenig, auch abseits ihres Grundrisses oder neu ausgewürfelter Fundstücke in Kisten. Sie lassen euch regelmäßig neue Dinge probieren oder beugen die Gegebenheiten auf interessante Weise und fordern so immer auf andere Art. Endless Dungeon dagegen fand “sein Ding” und hofft, dass ihr mit dieser einen Sache genauso viel Spaß habt, wie die Entwickler. Eine Zeit lang stimmte das für mich – bis ich schlagartig genug davon gesehen hatte.
Dennoch: Auf diesem Fundament kann und wird Amplitude aufbauen, denn das, was da ist, macht schon Spaß und ist optisch eine Wonne. Mit den richtigen Updates sehen wir irgendwann das ganze Potenzial, das diesem hübschen Titel innewohnt.
SPIELETITEL | |
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