Endless Ocean 2: Der Ruf des Meeres

Auch wenn ein echter Tauchgang gerade für Anfänger gelegentlich mal nicht ungefährlich ist, vermeidet Endless Ocean 2 unnötige Anspannung. Selbst wenn euch ein hungriger Hai mal ein wenig kräftiger mit seinen Zähnen massiert, verliert ihr nur einen Teil eures Luftvorrats, und geht der zur Neige, kehrt ihr einfach per Menü an Deck eures Schiffs zurück. Endless Ocean 2 will euch unterhalten, nicht stressen und frusten.

Die Steuerung unter Wasser könnte einfacher kaum sein: Mit der Pointer-Funktion der WiiMote zeigt ihr in die Richtung, in die ihr schwimmen wollt, per B-Taste bewegt ihr euch dann vorwärts. Meist funktioniert das sehr gut, nur in wenigen Situationen, beispielsweise wenn ihr per Pulsar einen bissigen Hai beruhigen müsst, ist die Steuerung etwas träge. Andererseits seid ihr unter Wasser und da bewegt man sich anders, träger eben als an Land. Eine optionale Classic-Controller-Unterstützung ist dieses Mal mit von der Partie, bringt aber keinerlei Vorteile, am besten fühlt sich Endless Ocean 2 mit der normalen WiiMote-Steuerung an.

Genau wie im Vorgänger müsst ihr hier nicht immer alleine in die blauen Tiefen vordringen, per Online-Modus könnt ihr gemeinsam mit einem weiteren Mitspieler auf Tauchgang gehen. Netterweise wird endlich wieder einmal die Wii-Speak-Hardware unterstützt, beim Vorgänger war die Kommunikation noch auf vorgefertigte Phrasen beschränkt.

Die zweite Option, eurem Tauchpartner Informationen zukommen zu lassen, ist der bekannte Unterwasserstift. Einfach loskritzeln und fertig. Anfangs sind eure Tauchgänge durch den begrenzten Vorrat an Sauerstoff noch relativ kurz, doch mit der Zeit gewinnt ihr wie in einem klassischen Rollenspiel an Erfahrung und könnt länger unter Wasser bleiben. Zusammen ergeben all diese Elemente schon ein ziemlich rundes Spiel, aber Entwickler Arika bietet euch noch mehr.

Im Gegensatz zum extrem freien Erstling gibt euch Endless Ocean 2 etwas mehr die Richtung vor. Natürlich könnt ihr auch hier einfach nur in Ruhe die Meere erforschen, Fische füttern und katalogisieren und euch einfach mit der Strömung treiben lassen. Aber das Spiel bietet jetzt auch einen richtigen Story-Modus, in dem ihr Freundschaft mit verschiedenen anderen Tauchern und Helfern schließt und ihr dem Geheimnis um das Lied der Drachen auf der Spur seid. Das wiederum weist euch den Weg zu einer versunkenen Stadt und einem verborgenen Schatz.

Die Geschichte mag auf zynische Shooter-Veteranen vielleicht ein wenig naiv wirken, ist aber einfach sympathisch, liebenswert und unaufdringlich erzählt. Genau die richtige, sanfte Motivation, doch neben den normalen Tauchgängen auch immer mal wieder die Handlung etwas voranzutreiben. Das hat nicht zuletzt den Vorteil, dass ihr immer wieder neue Tauchgebiete erschließt. In Endless Ocean 2 dürft ihr euch nicht nur durch die warme Südsee bewegen, eure Ausflüge verschlagen euch auch in die Ägais, das arktische Meer oder den Amazonas

Nur in einem Punkt hat der Vorgänger einen Vorteil: Die praktische Option, per SD-Karte eigene Musik im MP3-Format ins Spiel zu bringen, gab es nämlich nur da. Zwar ist der eigentliche Soundtrack von Endless Ocean 2 oft wunderschön, vor allem bei den Liedern der Neuseeländerin Hayley Westenra, aber ich persönlich vermisse es dann doch ein wenig, mit Seu Jorge im Ohr zu tauchen und mich dabei wie Steve Zissou persönlich zu fühlen. Aber das geht sicher nur mir so.

Endless Ocean 2 behält all die Qualitäten, die schon den Vorgänger ausgezeichnet haben und verbessert zahlreiche Details, so dass der letztendliche Eindruck sogar noch eine Spur besser als beim Erstling ausfällt. Endless Ocean 2 ist wunderschön, es ist meditativ, es ist ein wunderbares Spielerlebnis, das sich kaum um all die üblichen Gameplay-Konventionen schert und sich gerade deswegen so erfrischend eigenständig anfühlt. Das ideale Spiel für eine kleine, feine Runde Realitätsflucht, egal ob ihr nun dem grauen Arbeits-Alltag oder dem grau-braunen Shooter-Alltag entkommen wollt.