Endlich kann ich Vigor auf PC spielen! Auch wenn es im Early Access noch gar nicht free-to-play ist
Vigorose Umsetzung.
Vigor sagt euch gar nichts? Kann ich nachvollziehen. Für mein Gefühl blieb der Extraction-Shooter immer unter dem Radar des Mainstream-Publikums. Dabei gefiel er mir schon vor fünf Jahren, zum Start auf Xbox One, richtig gut. Erstens ist er nämlich so zugänglich, dass man schnell mal eine Runde einlegen kann, und zweitens weiß man in Vigor besser als anderswo, warum man überhaupt ins Feld zieht, um Ressourcen zu sammeln und sich mit anderen Spielern anzulegen.
Immerhin muss man als so genannter Outlander in einem postapokalyptischen Norwegen überleben, wozu man aus einer verlassenen Hütte Schritt für Schritt ein gemütliches Zuhause macht, in dem man sich weitgehend selbst versorgen kann. Nur braucht man dafür freilich Ressourcen, also Nägel, Federn, aber auch Nahrung, Treibstoff und vieles weitere, das man nicht daheim, sondern in den recht zahlreichen Einsatzgebieten findet.
Wobei immer nur eins davon zur Verfügung steht, denn radioaktive Strahlung – so die Story – macht die anderen vorübergehend unzugänglich. Nach einer halben Stunde wechselt dann das aktive Gebiet und diese Rotation gilt für alle Online-Spieler gleichermaßen.
Alleine ist man ja nie unterwegs, da andere Outlander ebenfalls Ressourcen looten und Manche gar gezielt nach dem Leben Anderer trachten, um sie um ihre Beute zu erleichtern, anstatt selbst zu suchen. Diese Art des Survival-Gedankens dürfte sich Vigor vor allem von DayZ abgeschaut haben, das in seiner aktuellen Form ebenfalls vom ArmA-Macher Bohemia Interactive kommt. Und dazu zählt natürlich auch, dass manche Outlander bereits ein gut entwickeltes Haus haben, in dem sie starke Waffen herstellen – eine Möglichkeit, die Einsteigern noch gar nicht zur Verfügung steht. Ist das unfair? Na, aber hallo!
Zumal man sich solche Vorteile durch den Einsatz von Echtgeld quasi erkaufen kann. Denn unter anderem verkürzt man damit die Zeit, die man für den Aufbau des Hauses benötigt. Man erhält Baupläne für Waffen, auf die man sonst viel länger warten müsste, sowie Booster, die das Sammeln von Ressourcen beschleunigen, und eine Versicherung, mit der weder die Ausrüstung noch Ressourcen verlorengehen, falls man im Einsatz das Zeitliche segnet.
Lasst euch davon aber nicht abschrecken! Vigor ist weit weniger Hardcore, als es der Beschreibung nach vielleicht den Anschein hat, und es ist auch weniger frustrierend, wenn man nicht mit den dicken Brieftaschen der Top Dogs mithalten kann. Denn im Gegensatz zu anderen Shootern seiner Art, fällt es Vigor bedeutend leichter, auch gegen solche Outlander Fortschritte zu machen.
Man backt dann kleinere Brötchen, klar. Aber das spielt ja keine Rolle, da man unterm Strich ohnehin nur für die eigene Hütte ins Feld zieht und den PvP geflissentlich ignorieren kann. Ich weiß gar nicht, wie oft ich hier in Ruhe einfach nur etliche Kisten, Schubfächer und Autos abgesucht habe, um vor dem Eintreffen der nächsten radioaktiven Wolke einen der nie weit entfernten Ausgänge aufzusuchen.
Dass Viele das genauso machen, hat zeigt sich spätestens dann gezeigt, als ich der Einzige war, der den wertvollen Airdrop an Ende jeder Partie eingesammelt hat. Auch wenn man dort selbstverständlich damit rechnen muss, dass irgendjemand bis zur letzten Sekunde am Ziel lauert, um sich nicht nur die wertvolle Luftlieferung, sondern auch den Rucksack eines Anderen zu schnappen.
Manchmal sollte man natürlich die Füße stillhalten, wenn ein anderer Outlander vorbeikommt und ein Versteck aufsuchen, falls man einer Konfrontation aus dem Weg gehen oder ihm gar auflauern will. Tatsächlich erlebe ich solche Situationen hier viel häufiger als anderswo, was unter anderem daran liegt, dass das Verstecken für mein Empfinden leichter fällt als anderswo. Zum einen bewegt man sich nämlich recht schnell und zum anderen gibt es zahlreiche Verstecke, darunter Büsche, in denen man lange ausharren kann, ohne je gefunden zu werden.
Wer aktiver am Geschehen teilhaben will, sucht außerdem die Kombination verschlossener Tresore, ändert das Ziel des Airdrops oder lässt sich einmalig die aktuelle Position aller Konkurrenten anzeigen. Dafür muss man allerdings bestimmte Schalter erreichen, die daher selbstverständlich gern belagerte Zielen sind. So ergibt sich ein Fluss verschiedener Ereignisse und Möglichkeiten, die Partie zu beeinflussen, den ich an Vigor sehr schätze.
Sollte es zum Schusswechsel kommen, ist die Action zudem nicht überragend, fühlt sich aber gut an. Zumal man auch als schlecht bewaffneter Outlander immer eine Chance auf den Kill hat. Und wenn man anschließend die hochwertige Ausrüstung sowie die gesammelten Ressourcen des Opfers zum Ausgang schleppt oder irgendwann gar den wertvollen Airdrop mit sich führt, dann ist das selbstverständlich ein hervorragender Workout für den Puls!
Man kann die starke Waffe anschließend ja Zuhause lassen, denn weil man bei jedem Tod die Ausrüstung verliert, darf man vor dem Einsatz selbst bestimmen, was man überhaupt mitnimmt. Oder man investiert hin und wieder eben doch einen kleinen Betrag der per Echtgeld erhältlichen Kronen, um die erwähnte Versicherung zu kaufen und dadurch ohne Risiko mal so richtig aufzuspielen.
Immerhin kann man das Haus so aufwerten, dass es automatisch ein paar Kronen produziert. Und auch das tägliche Einloggen spült nach kurzer Zeit ein paar tausend Kronen in die Kasse, sodass man selbst als reiner Free-to-play-Nutzer auf seine „Kosten“ kommt.
Wobei Vigor momentan noch gar nicht kostenlos erhältlich ist. Im Early Access kostet das Spiel nämlich knapp 20 Euro – vielleicht um die Entwicklung zu finanzieren, die noch lange nicht abgeschlossen ist. Immerhin darf man derzeit nur alleine an den Einsätzen teilnehmen, obwohl das später auch im Team möglich sein soll.
Abgesehen davon sind die ursprünglich für Konsolen entworfen Menüs mit Maus und Tastatur furchtbar umständlich zu bedienen, während die minimalen grafischen Optionen nicht einmal DLSS oder FSR anbieten und man es selbst bei 120 Sekundenbildern mit ständigem Tearing zu tun hat. Dafür gibt es mit einem reinen Deathmatch der Variante Jeder-gegen-Jeden sowie einem Fünf-gegen-fünf-Modus alternative Spielweisen, die viel unterhaltsamer sind, als es vielleicht den Anschein hat.
So richtig flott ist die PC-Version also noch nicht. Aber dafür ist der Early Access ja gedacht. Spaß macht Vigor aber allemal, was sicherlich auch am immerhin fast fünf Jahre alten Original liegt. Ich mag das stimmungsvolle Sammeln jedenfalls, bei dem man meist die Wahl hat, wie sehr man sich mit anderen Spielern anlegen oder ihnen aus dem Weg gehen will. Das alleine hat für mich schon seinen Reiz, denn weil man mit den so gewonnenen Ressourcen Haus und Hof aufbaut, muss der Erfolg im PvP gar nicht im Vordergrund stehen. Solltet ihr euch nicht gerade mit Händen und Füßen gegen Free-to-play wehren, ist Vigor jedenfalls auch auf PC und spätestens als Free-to-play-Titel zum vollen Release einen Blick wert.