Enshrouded ist ein deutsches Voxel-Valheim für abenteuerlustige Entdecker!
Über den Namen könnte man nochmal nachdenken, aber das Spiel sieht verdammt gut aus.
Einer Präsentation eines neuen Crafting-Spiels mit Survival-Elementen beizuwohnen, ist in diesem Beruf mittlerweile zum Standardtermin geworden, den man eher aus Pflichtgefühl mitnimmt, als ihn dick und mit Vorfreude-Smileys in den Kalender zu kritzeln. Umso schöner fiel die Überraschung aus, dass Keen Games’ Enshrouded genug eigene, reizende Ideen mitbringt, um aus der Masse vergleichbarer Spiele herauszustechen.
Im Grunde könnte man es gut mit Valheim vergleichen, nur dass Keen Games auf eine feste, durchgestaltete Welt setzt, deren wichtigen Orte und Punkte von Interesse großteils von Hand gemacht sind. Das Spielgebiet von Enshrouded basiert zudem auf einer Voxel-Technologie, die es ermöglicht, sogar präzise einzelne Ziegel aus Wänden herauszuschlagen. Zudem geben euch die Entwickler potente Werkzeuge an die Hand, etwa um bestimmte Formen aus dem Boden auszustanzen oder Landmasse aufschichten. Das ergibt ein Erlebnis, in dem Häuslebauer im ungewöhnlich detaillierten, flexiblen Baumodell versinken, während Abenteurer sich von fingerfertig von Hand gestalteten Dungeons und Burgen in die Ferne ziehen lassen.
Enshrouded geht also in beide Richtungen ein Stückchen weiter als selbst die prominentesten Spiele dieses populären Genres und das macht nach etwa einer halben Stunde Präsentation schon so einiges her. Auch die Prämisse gefällt mir gut: Ein giftiger Nebel überzog große Teile dieser Welt und füllt immer noch ihre Täler und Senken. Wagt ihr euch in ihn hinab, geht euch mit der Zeit nicht nur die Luft aus, ihr entdeckt auch ein Reich, in dem Flora und Fauna sich maßgeblich verändert haben und gewaltige Pilze aus dem Boden sprießen. Wer es schafft, tief genug zur Wurzel zu gelangen – und diese nach in einem Bosskampf zerstört –, kann den Nebel aus einer Region tilgen und die Welt so peu à peu heilen.
Optisch ist der Abstieg in die Nebelsuppe hinab eindrücklich gelöst, die dünne Schicht Dunst verschleiert zunächst den Blick auf das Gebiet darunter, bevor man komplett hindurchtaucht und urplötzlich in diesem veränderten, feindseligen Biom steht. Überhaupt ist nett gelöst, wie Keen Games teilweise zwei Biome übereinander schichtet, wenn durch Absackungen teilweise zwei geologische “Etagen” zugleich zu sehen sind. Optisch und akustisch ist diese Welt jedenfalls spannend präsentiert und als sich unser Vorspieler und Keen-Games-Mitgründer Antony Christoulakis eine Höhle in den Fels schlägt (die aktuell bis zu 250 Meter tief sein können), hallt jeder Schlag der Spitzhacke exakt so, wie man es unter Tage erwarten würde. Der Effekt hat mich förmlich angesprungen.
Was sonst? Nun, es gibt reichlich Kämpfe, die der Entwickler am Controller mit Schwert und Schild austrug und die zweckmäßig, aber alles andere als unspaßig aussahen. Die Ausweichrolle mit dem linken Arm voraus hat mir in ihrer schwungvollen Animation sehr gut gefallen und dass man eine Wingsuit nutzen kann, um große Distanzen, der auch in der Vertikalen gut gestreckten Spielwelt zu überwinden, ist mehr als nur ein hübscher Bonus. Nach und nach schaltet ihr auf einem Fertigkeitenbaum noch weitere Skills frei, zu den frühen gehört unter anderem ein Doppelsprung. Für Mobilität beim Erkunden ist also gesorgt.
Auf euren Expeditionen findet ihr derweil nicht nur Waffen mit unterschiedlichen Seltenheitsstufen, sondern auch Lore-Texte. Die sind nicht einfach nur zu Stimmungszwecken in der Welt versteckt, sondern geben fast immer auch Anhaltspunkte darauf, wo es noch etwas Spannendes zu entdecken gibt. Manchmal ist damit auch ein gefangener NPC gemeint. An einer Stelle befreite Antony einen Schmied, der fortan seine Arbeit in der Spielerbasis verrichtete.
Was das Bauen angeht, scheinen die Tools extrem mächtig zu sein. Fehlt euch natürliches Licht in einer Ecke, schlagt einfach einzelne Steine aus Decke oder Wand, um die Sonne reinlunzen zu lassen. Erwähntes Ausstanzen oder Aufragen bestimmte Formen kennt man von Dreams oder LittleBigPlanet und scheint hier gut zu funktionieren und freies Bauen, Stein für Stein, ist ebenso möglich, wie auf komplexere Blaupausen zurückzugreifen. Das war alles ziemlich beeindruckend. Viel scheint sich auch darum zu drehen, das eigene Baugebiet zu erweitern, das mit Abmessungen von 25 mal 25 Metern beginnt und dann durch Opferung bestimmter Gegenstände am Flammenaltar, der stets den Grundstein für eine neue Basis oder einen Außenposten bildet, hochgestuft werden kann.
PVP ist derweil nicht vorgesehen, dafür aber ein Koop mit bis zu 16 Spielern, was sicherlich die Arbeit erleichtert, wenn man vorhat, sich selbst ein virtuelles Moria zu errichten. Alles in allem empfand ich Enshrouded in der Präsentation als spannende Mischung aus traditionellem Action-RPG-Sandkasten und gemütlichem Hobby-Architekten-Spielplatz, der viele neugierige Blicke auf sich ziehen wird, wenn er im Laufe des Jahres im Steam Early Access erscheint. Nicht schlecht für ein Spiel, das ich beinahe als "noch eins von der Sorte" abgetan hätte.