Tony Tough 2

Tony Tough - ein Junge wie ihn fast jeder aus seiner Schulzeit kennt: Dieser Typ mit den komischen Klamotten aus der letzten Reihe, neben dem nie einer sitzen wollte. Der Witze gemacht hat, über die keiner lachen konnte. Wenn ihm denn überhaupt jemand zuhörte. Den man nicht auf seine Geburtstagsfeier einlud, weil er sowieso nur die langweiligsten Geschichten erzählte. Mit dem man eigentlich Mitleid hatte - bis er den nächsten dummen Spruch brachte und einem tierisch auf die Nerven ging. Ein Nerd halt.

Vergangenheitsbewältigung

Tony Tough jedenfalls ist im Grunde ein ganz nettes und durchaus intelligentes Kerlchen. Er ist nur ein bisschen, naja, anders - und sein Umgang mit Autorität ist nicht der Beste. Als Tony eines Tages mal wieder zu spät in die Schule kommt, wird es seinem Lehrer zu bunt. Er verdonnert Tony zum Nachsitzen. Für drei lange Stunden. Tony... Moment! Schule? Lehrer? Nachsitzen? Ist Tony Tough nicht ein erwachsener Privatdetektiv? Nein, das war einmal. Oder wird einmal, wie man will. Tony Tough 2 ist nämlich ein Prequel, also ein Nachfolger zu Tony Tough, der aber vor den Ereignissen des ersten Teils spielt. In Tonys Kindheit, als er seinen ersten großen Fall lösen musste. Also, weiter im Text: Tony gefällt das Nachsitzen natürlich gar nicht und so muss er einen Weg finden, die Strafe zu umgehen. Auch wenn das bedeutet, letztlich im Krankenhaus zu landen.

So beginnt Tony Tough 2, aber das ist freilich nur ein Vorspiel auf das, was kommt:. Cornelia, die Hausfrau der Familie Tough verschwindet unter mysteriösen Umständen. Mit ihr einige “magische Artefakte“ aus dem Besitz ihrer verstorbenen Tante. Klar, dass das neugierige Tony schnell Interesse an diesem Geheimnis findet und ihm auf die Spur gehen will.

Sam, bist Du es?

Tony Tough 2 ist ein traditionelles Point & Click-Adventure, das sich in jeder Hinsicht an den Klassikern des Genres orientiert - und vieles besser macht als sein Vorgänger. Den generellen Aufbau zum Beispiel: Tony Tough warf Euch nach kurzer Einführung in einen großen Vergnügungspark. Den konntet Ihr zwar frei erkunden, aber Ihr saht bis kurz vor dem Ende auch nichts anderes mehr. Langweilig. Tony Tough 2 hingegen ist in kleinere Kapitel unterteilt, so dass Ihr nach und nach neue Locations besucht, immer mehr Charaktere kennen lernt.

Wer befürchtet, die Qualität der Rätsel würde unter der eingeschränkten Bewegungsfreiheit leiden, den kann ich beruhigen: Ja, vor allem anfangs spielt sich vieles auf kleinem Raum ab. Aber das macht die Aufgaben nicht weniger schwierig, im Gegenteil. Bei Tony Tough 2 muss man um die Ecke denken, versuchen, sich in den kleinen Kopf dieses verrückten Kerls zu versetzen. Nur ganz selten ist die offensichtliche Herangehensweise die richtige. Nicht immer ganz logisch zwar, wenn Tony etwa ein Blutdruckmessgerät als eine Art Wagenheber verwendet, aber stets einfallsreich.

Gelungen auch die Steuerung, die wie in Sam & Max funktioniert: Per Rechtsklick auf einen Gegenstand oder Charakter könnt Ihr verschiedene Aktionen wie Anschauen, Mitnehmen oder Benutzen auswählen. Nicht neu, nicht innovativ, aber es lässt dem Spieler mehr Optionen im Umgang mit der Umgebung. Außerdem räumt es Platz für freche Sprüche ein. Tony sagt nur ganz selten so etwas wie “Das geht so nicht.“, sondern gibt zu vielen fehlgeschlagenen Versuchen einen eigenen Kommentar ab.

Erwachsener als mit 40

Überhaupt steht der Humor natürlich im Mittelpunkt, denn Tony Tough 2 ist kein todernstes Spiel. Und auch hier haben die Entwickler dazu gelernt: Fielen die Witze im ersten Teil noch häufig in die Fremdschämkategorie, wirken sie im Sequel viel klüger, durchdachter, mehr auf die Situation bezogen. Die Anzahl der zusammenhanglosen Monologe ist deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig räumen Euch die Entwickler mehr Interaktion in den Dialogen ein: Wenn der Lehrer Tony fragt, warum er keine Hausaufgaben gemacht hat, könnt Ihr Euch zum Beispiel entweder einen abstammeln oder die legendäre Geschichte mit dem papierfressenden Hund erzählen. Der Ausgang ist zwar der Gleiche, der Weg zum Ziel jedoch ein anderer. So soll es sein.

Der größte Kritikpunkt an Tony Tough waren aber vielleicht gar nicht der Bravo-Humor und der eigentümliche Aufbau des Spiels: Für die Grafik hätte man wahrscheinlich selbst in den 90er-Jahren keinen Blumentopf gewonnen. Auch das haben sich die Entwickler zu Herzen genommen: Tony rätselt sich nun durch vorberechnete 3D-Hintergründe, die technisch zwar noch nicht so meisterhaft sind, aber einen gewissen Charme haben. Das Knallbunte ist einem tristen Realismus gewichen, Sinnbild für Tonys phantasievolles Leben in dieser einfältigen Welt. Aber ich interpretiere da sicher zu viel hinein.

Eines konnten wir in der Preview-Version leider nicht sehen - oder vielmehr hören: Die deutsche Sprachausgabe. Bekannt sind die Stimmen immerhin: Tony selbst beispielsweise wird von der Frau gesprochen, die im Kino auch als „Das kleine Arschloch“ zu hören ist.