Es gab mehr als Shenmue - Die 7 schlimmsten Dreamcast-Spiele
Games, denen kein Remaster helfen kann.
Shenmue 3 kommt! Eins und zwei auch, die vielleicht legendärsten der Dreamcast-Spiele, einer Konsole, der es an Legenden nicht mangelt. Überhaupt genießt SEGAs letzte Hardware einen fast tadellosen Ruf insofern, als dass vieles perfekt, noch mehr gut und eigentlich alles ganz okay war. Alles? Ich bin erstaunt, dass ich sagen kann: Ja, wirklich fast alles. Auf meiner Suche, mal zu sehen, welche echten Gurken da eigentlich so aus dem Geiste verdrängt wurden, gab es relativ wenig an Material. Ich lasse jetzt die eine oder andere verunglückte Sportspielumsetzung mit Jahreszahl mal weg, weil die erstens keinen interessieren und zweitens nie so schlecht waren. Nicht schlecht genug jedenfalls, um wenigstens dadurch interessant zu werden.
Hier also meine Top 7 der Dreamcast-Spiele, die im Gegensatz zu Shenmue kein Remaster brauchen. Oder zumindest, bevor jemand seine Zeit darauf verschwendet, sollte er sich lieber darum kümmern: Soul Calibur, Power Stone, Skies of Arcadia, jedes der Capcom-2D-Prügel-Games, jedes der 2D-SNK-Prügel-Games, Space Channel 5 - gab es da nicht mal was...? Egal, es gibt nie genug Space Channel 5 -, Daytona USA 2001 und ein paar mehr.
Hier aber erst mal die Nieten - wohlgemerkt, meine Liste. Wenn da für euch mit Kindheitsliebe beladene Schätze dabei sein sollten... Tut mir leid für euch. Und wenn dem so ist: Welche Grütze des Dreamcast, die ich hier gnädigerweise vergessen habe, hätte stattdessen in die Liste gehört?
Platz 7: D2
D2 war etwas, das man auf Bildern in EGM anbetete und sich ausmalte, wie genial es wohl wäre, dieses Spiel erleben zu dürfen und in welchem großartigen Zeitalter man lebte, das solche Spiel hervorbringen würde. Wenn man doch nur die 800 Mark für die Hardware hätte. Nein, nicht das Dreamcast, sondern das 3DO, für das D2 zuerst angekündigt war - nur um kurz danach auf dessen Nachfolger M2 geschoben zu werden, der nie erscheinen sollte. Zwei Generationen vor dem Dreamcast. Als dann zig Jahre später D2 aus der Entwicklungshölle kroch, hatte es das Wunder vollbracht, alles zu sein, was wir uns von den Bildern versprachen. Nur eben zu einer Zeit, als selbst die kühnsten Wünsche längst von besser gerenderter Realität überholt waren. Das hätte ja nichts gemacht, wenn das Spiel brillant gewesen wäre, aber der so konfuse wie sinnlose Plot um Terroristen, Geheimagenten, Indie-Pop-Musiker, Saurier - vielleicht -, Aliens - ziemlich sicher - und möglicherweise den Teufel allein ließ Resident Evil dagegen wie eine Abhandlung in Logik wirken.
Die Steuerung wurde scheinbar zu 3DO-Zeiten umgesetzt und dann über die Jahre so belassen, das Kampfsystem ist eine mittelschwere Katastrophe und wenn es da nicht ein anderes Spiel weiter oben in der Liste gäbe, würde ich sagen, dass die Story von D2 das "The Room" des Dreamcast ist. Aber "so schlecht, dass man es gesehen haben muss" gehört hier einem anderen. Wenn ihr danach noch Zeit habt, könnt ihr gern zu D2 zurückkehren. Toller Soundtrack allerdings, muss man dem Spiel lassen.
Der Entwickler und was aus ihm wurde: WARP war die Firma von Kenji Eno, eigentlich mehr ein Musiker als ein Entwickler. Mitte der 90er erschienen ein paar teilweise sehr experimentelle 3DO-Titel, aber auch das erste D. Das genießt zwar keinen Ruf als besonders gutes Spiel, gehört aber zu den Pionieren bei der Erkundung der neuen CD-Medien. Die Fortsetzung Enemy Zero auf dem Saturn bot dann eine Mischung aus dem Vorgänger und den durchaus legitimen Spielelementen eines soliden Horror-Survival-Spiels. D2 sollte dann aber WARPs letztes Spiel sein. Auch wenn es allgemein bei Kritiken gerade noch solide abschnitt, löste Eno die Firma auf. Leider verstarb er 2013 früh im Alter von 42, was auch heißt, dass er die D-Reihe mit 25 entwickelte, was es leichter macht, die Fehler und unrealistischen Ambitionen zu verstehen. Es ist schade, dass er so früh die Industrie verließ und noch trauriger, dass er so früh verstarb, denn an Kreativität mangelte es ihm sicher nicht.
Platz 6: Kiss: Psycho Circus: The Nightmare Child
Es war eine einfachere Zeit, als Rockstars noch Videospiele brauchten, und sie war glücklicherweise vorbei, bevor es Zeit für Bon Jovi: Strip Poker wurde. Warum Kiss: Psycho Circus hier auftaucht, obwohl Eurogamer.net damals 9 Punkte gab und damit keineswegs allein war? Nun, sie testeten die PC-Version, die wenigstens ein technisch solider Shooter mit Kiss-Musik war. Außerdem war es eines von diesen Lieb'-es-oder-hass'-es-Spielen und ich gehöre in die zweite Kategorie, vor allem, was die Dreamcast-Version angeht. Wenn man ein Fan von Kiss ist und ich meine FAN, nicht nur jemand der das sagt, nachdem er einmal besoffen zu "I was Made for Lovin You" beim Karaoke von der Bühne fiel, kann sich hier an der Musik erfreuen und der wirren Story um eine Kiss-Coverband, die durch Kiss-Alben-inspirierte Level hüpft, folgen. Ich kann Kiss nicht leiden und so fiel mir die mäßige Steuerung, die erstaunlich dröge Waffensammlung und fast physisch grausame Eintönigkeit langer wie langweiliger Level einfach mehr auf.
Da sollte man vielleicht sogar dankbar sein, dass die Dreamcast-Version ein Drittel der Stages einfach wegließ. Wusstet ihr, dass Kiss in den USA nie ein Album auf Platz 1 der Charts hatte? Dieser kleine Fakt ist interessanter als alles, was in diesem Spiel passiert und so spannend ist er auch nicht.
Der Entwickler und was aus ihm wurde: Weder der Entwickler der ursprünglichen PC-Version - Third Law Interactive - noch der Dreamcast-Umsetzung - Tremor Entertainment - hat viel in seiner Vita zu bieten. Third Law half wohl noch bei Monoliths Alien vs. Predator 2 aus, bevor sie von de Bildfläche verschwanden, für Tremor war Psycho Circus das letzte Spiel. Davor war die ruhmreichste und praktisch einzige Leistung die Umsetzung von Railroad Tycoon 2 auf die PlayStation.
Platz 5: Spec Ops 2: Omega Squad
Spiele waren besser und wurden fertig ausgeliefert, in dem goldenen Zeitalter bevor es Online-Patches gab? Schön wäre es, denn dann hätte dieser mäßige Delta-Force-Klon - ein weit älteres und besseres Spiel - nach dem verkorksten Release eine minimale Chance gehabt.
So schlugt ihr euch mit Kugeln herum, die selten ihr Ziel fanden, Landschaften, die gerne mal Freund wie Feind verschluckten, aber oft genug auch wieder hergaben, fast schon drollig drögen Missionen und dem realistisch umgesetzten Warten darauf, dass endlich mal was passiert. Nur halt ohne die Spannung, denn wenn was passiert, ist es entweder ein Bug oder ein drittklassiger Shootout und beides riss nicht gerade mit.
Der Entwickler und was aus ihm wurde: Für den Hardcore-Lizenz-Entwickler Runecraft Ltd. war Spec Ops 2 nur ein weiterer Tag im Land der schlechten Spiele. Scrabble, Risiko, Monopoly und Barbie: Super Sports, hier ein Fußball Manager, dort ein Fußball-Spiel und immer wieder mal ein im besten Falle mittelmäßiger Militär-Shooter. Alles auf so ziemlich jeder Plattform von 97 bis 2003, aber nicht ein Spiel, an das die Welt sich bis heute erinnern würde.
Platz 4: Nightmares Creatures II
Der erste Teil auf der PSOne kam auf der Höhe der Macht dieser Konsole und es war ein schön blutiges und auch sonst schönes Action-Horror-Adventure mit einem für die Zeit soliden Kampfsystem und netter Story. Nicht ganz der große Klassiker, aber eine Fortsetzung, die ein paar der Probleme beseitigt, hätte definitiv das Zeug dazu. Es hat nicht sollen sein und vor allem nicht auf dem Dreamcast. War es auf Sonys Erst-Konsole zumindest technisch noch ansprechend, wenn auch in allen anderen Punkten dem Vorgänger unterlegen und bestenfalls Mittelmaß, steht es auf der Dreamcast stellvertretend für die Spiele, die ohne jeglichen Aufwand portiert wurden und auf der ungleich leistungsfähigeren Maschine einfach nur aussehen, als wären sie ein früher Beta-Build, an dem man vage erkennen könnte, wie denn das fertige Spiel eines Tages wäre.
Aber es war fertig, es sah aus wie Grütze und nutzte keine der Vorteile der über ein halbes Jahrzehnt jüngeren Konsole - und das war eine Zeit wo das noch was bedeutete. Dass der Pixelmatsch dann auch spielerisch an seinen besten Tagen Mittelmaß war, half nicht unbedingt.
Der Entwickler und was aus ihm wurde: Während Konami als Publisher fungierte, wurde das Spiel von Kalisto Entertainment entwickelt. Aus irgendeinem Grund blieb im 90er-Teil meines Gehirns Kalisto als gewisse Größe hängen. Kein großartiger Entwickler, aber immerhin. Dabei ist die Release-Liste der Franzosen ziemlich durchwachsen. Das erste Nightmare Creatures war gut, ich und drei andere haben gute Erinnerungen an Fury of the Furries - mit dem Entstehen des Furry-Fetisch nimmt der Name einen ganz neuen Zug an - und Al Unser Jr. Arcade-Racing, aber das 98er Fifth Element war schon ziemlich mäßig und danach blieb bis zum letzten Spiel - Castleween - alles auf Mittelmaß hängen. 2002 dann, im Platzen der Dot-Com-Bubble, ging Kalisto pleite. Ende der Geschichte.
Platz 3: Spirit of Speed 1937
Wenn jemals die Frage aufkommen sollte, welches das langweiligste Rennspiel aller Zeiten sei, ich würde nicht eine Sekunde zögern, Spirit of Speed 1937 zu benennen. Nein, es ist kein waghalsiges Abenteuer, in dem ihr euch Indy-Jones-Style auf ein Motorrad schwingt und gegen Nazis kämpft, um den heiligen Gral zu sichern. Es ist ein Rundkurs-Rennspiel mit Autos aus dem Jahr 1937. Nun, auch das kann ganz interessant sein. Keine Elektronik, nur ein Motor, ein paar Räder und das Können des Fahrers. Aber nein, was ihr spielt, ist das erste Rennspiel, das es schaffte, trotz 3D-Grafik gar kein Geschwindigkeitsgefühl zu bieten, das Rundkurse entwarf, die nicht nur geradezu betörend dröge und wie eine Studie in "Texturen für Anfänger" wirkten, sie schafften es, größtenteils aus Geraden zu bestehen, auf denen ihr mit einem zu langsamen Auto entlangkriecht.
Dass die Gegner-KI erbärmlich war und nichts zu eurer Unterhaltung beitrug, war nur das i-Tüpfelchen. Ich weiß nicht, ob es spannender ist, einer Socke beim Trocknen zuzugucken, aber angesichts von Spirit of Speed 1937 bin ich bereit, es drauf ankommen zu lassen bevor ich das noch mal spiele.
Der Entwickler und was aus ihm wurde: Die Waliser von Broadsword Interactive - 1995 bis 2008 - machten scheinbar einen Lernprozess in Rekordzeit durch und dafür kann man ihnen ruhig ein wenig applaudieren: Wie es aussieht war Spirit of Speed 1937 ihr erstes eigenes Spiel und ihr letztes - vertrieben teilweise von LJN. Danach konzentrierten sie sich auf Shovelware-Konvertierungen von Spielen, die heute keiner mehr kennt, auf so ziemlich jedes System, für das der Entwickler bereit war zu zahlen. Ehrliche Arbeiter der Industrie, die einsahen, dass sie mit eigenen Spielen wohl kaum bis 2008 durchgehalten hätten.
Platz 2: E.O.S.: Exhibition of Speed
Aber, so schlimm Spirit of Speed 1937 auch war, es war kein Exhibition of Speed. Ich würde Geld darauf wetten, dass dieses Spiel nicht fertig war und wenn doch, dass die Entwickler noch nie ein fertiges Spiel in ihrem Leben gesehen haben. Wie dermaßen primitive Texturen und Polygon-Modelle immer wieder mal so ausrasten können, KI-Gegner befremdlich um einen herumpurzeln, irgendjemand diese Auto-Modelle entwerfen konnte... Es ist alles so schrecklich, dass es fast wieder schön ist. Es ist, als hätte Gran Turismo einen bei der Geburt auf den Dachboden verbannten Bruder, der nur mit Fischköpfen ernährt wurde und sich nun Jahre später in all seiner Glorie präsentiert. Dass Gran Turismo auf der weit älteren PSOne weit besser aussieht, versteht sich von selbst, aber dass selbst dessen KI in ihrer Schlichtheit mehr zu bieten hat als dieses Chaos aus KI-Mogelei und -Inkompetenz, ist schon beachtlich.
Im Rahmen des großen Ganzen nicht das schlimmste Rennspiel, das es ja gab, aber Top 10 bis sogar Top 5 All-Time könnte Exhibition of Speed locker schaffen.
Der Entwickler und was aus ihm wurde: Player 1 - so der Name des Entwicklers - war nicht ready. Dabei begann es 1996 mit Robotron X gar nicht so schlimm. Im Auftrag von Williams gab man dem Klassiker ein neues Gewand und es funktionierte okay. Leider hatte niemand wirklich drauf gewartet, wie auch nicht auf die N64-Umsetzung wenig später. Dead in the Water - eine Art Twisted Metal auf dem Wasser - war wirklich nicht schlecht und Roadsters, Hercules und sogar Blues Brothers 2000 kratzen nah an der "Gut"-Marke. Vor allem war das Letzte weit besser als der Film. Aber nichts davon war ein auch nur kleiner Hit und als dann auch noch mit Exhibition of Speed die Vollniete kam, war es das mit Player 1.
Platz 1: The Ring: Terror's Realm
Das ist die Krönung, das ist der "real shit", das ist das "The Room" des Dreamcast. Ein Horror-Spiel so schlecht, dass es nicht nur fast schon wieder gut, sondern fast schon wieder richtig schlecht ist. Wir fangen harmlos an, wobei die Steuerung alles andere als das ist. Nehmt die allererste Version der Resident-Evil-Panzersteuerung und stellt Wissenschaftler dafür ab, zu erfroschen , wie man ihren Kern bewahren, aber sie in allen Details schlimmer gestalten kann. The Ring gelang das. Diese Steuerung dürft ihr dann ausgiebig in leeren, langen Korridoren mit unsagbar hässlichen Gegnern genießen, während ihr versucht, herauszufinden, ob die Story a) das fehlende Puzzleteil zur Lösung des Rätsels der Illuminaten oder b) so unsagbar prätentiöser wie komplett verrückter, sinnloser J-Schund ist, bei dem selbst Suda51 sagen würde, dass das ein klein wenig zu bescheuert sei.
Aber es ist eben auch Trash-Glorie in Reinkultur, mit Zeilen, von denen ihr sicher sein könnt, dass ein Alien sie geschrieben hat, weil kein Mensch so etwas tun würde. Holt es euch, spielt es mit Freunden, macht The Ring Dreamcast Partys, verkauft Eintrittskarten dazu, macht einfach ein Phänomen draus, weil genau das ist das Spiel. Auf seine eigene, unglaubliche - und als Spiel irrsinnig inkompetente - Weise.
Der Entwickler und was aus ihm wurde: Im Gegensatz zu den bisherigen Vertreten hier ist Asmik kein Fliegengewicht, sondern verstand es seit 1985, Budgets und Finanzen im Griff zu haben. Wenn man das kann, dann ist es auch okay, wenn keines der eigenen Spiele in all den Jahren der ganz große Hit war. Das liegt aber auch daran, dass Asmik Ace in erster Linie große Filme sehr erfolgreich in Japan vermarktet und das bis heute. Das letzte Asmik-Ace-Spiel liegt ein Weilchen zurück, hierzulande war es 2003 Lethal Skies 2 auf der PS2, danach folgte in Japan nur noch ein Rollenspiel, das wohl okay war. Wie das meiste, was Asmik so trieb, wenn sie nicht gerade The Ring: Terrors's Realm auf die Welt losließen. Das interne Studio, das The Ring verbrochen hatte, folgte danach nur noch mit einem weiteren Spiel, Dokapon: Monster Hunter, einem Pokemon-Klon für den Game Boy Advance, der wohl ziemlich gut war. Aber dem Fluch des Rings konnten sie scheinbar nicht entkommen und so verschwanden sie von der Bildfläche.