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Eternal Sonata

Zucker gefällig?

Manchmal braucht man im Leben einfach ein bisschen Zucker. Mit Sahne oben drauf. Und einer riesigen Erdbeere. So einen richtigen Glücklichmacher eben. Und neben all den anderen Dingen, die Euch Eternal Sonata nun auch mit fast anderthalb Jahren Verzögerung auf der PS3 bietet, eine Riesenportion optische Glückseligkeit liefert es mit Sicherheit.

Natürlich solltet Ihr schon ein Faible für den gepflegten Animelook mitbringen, um die in seinen Knallfarben geradezu leuchtende Schönheit der detailliert modellierten Welten irgendwo zwischen Luxus-Heidi und Ghibli genießen zu können. Leidet Ihr unter eine Aversion gegen Kulleraugen, Primärfarben und wilde Klischeeklamotten, dann ist dies Eure erste und letzte Warnung: Beware, here be cuteness!

Alle Fans von J-Niedlich finden hier aber nicht weniger als die Widerlegung des alten Retro-Mantras, dass 3D-Welten niemals so fein detailliert wie eine 2D-Landschaft sein können. Namco übertraf sich selbst, als sie die Areale von Eternal Sonata schufen, und die bis in feinste Kleinigkeiten modellierten Wege lassen jedes Last Remnant in seinem hässlichen Schatten stehen. Die Pracht wird allerdings durch eine fixe Kamera erkauft. Eure Truppe bewundert den Ausblick von einer Klippe, Ihr jedoch seht nichts davon. Die Kamera lässt sich nicht auf den offenbar so verzaubernden Anblick lenken. Nehmt es aber nicht zu schwer. Das was Eternal Sonata im Blickfeld hält, strahlt nicht minder gefällig.

Eure Anime und Klischee-Liebe darf beim Look allerdings nicht enden. Das Spiel findet Spaß an ausschweifenden Erzählungen und oft genug werdet Ihr doch ein wenig peinlich berührt herum rutschen, während die Dialoge durch alle Vorurteile des J-RPG reiten: Lang, mitunter nichtssagend, kindisch und wie ein sehr alter Kaugummi fad und zäh. Nicht immer, aber es kommt vor.

Eternal Sonata - PS3 exklusiver Content

Dabei bietet das Spiel Euch insbesondere zu Beginn einen motivierenden Knackpunkt, schließlich spielt alles in der Phantasie des sterbenden Komponisten Chopin. Zwischen einzelnen Episoden bekommt Ihr immer wieder Einblicke an das Sterbebett in Paris und zwischen den Geschehnissen werden spannende Parallelen gezogen.

Nur bleibt diese Verknüpfung lediglich ein sehr früh offenbarter Rahmen für eine weit einfallslosere Geschichte in der erträumten Fantasywelt. Dort läuft es mal wieder auf den fiesen Herrscher hinaus, der für das Elend der Welt verantwortlich ist. Nieder mit ihm...Auf der PS3 wird der Plot noch mit ein paar mehr Szenen gefüllt und auch der Rahmen erfuhr eine gewisse Politur. Allerdings ändert das letztlich nicht genug daran, dass Eternal Sonata ganz stark anfängt, nur um dann in das bestenfalls obere Mittelfeld des Erzählerischen abzudriften und wie ein Schachspieler seht Ihr die nächsten Züge oft im Voraus kommen. Zum Ende bleibt immer noch eine befriedigende Geschichte übrig. Mit ein wenig mehr Eleganz und Mut hätte es aber eine großartige werden können.

Ein Plot eben, der dem brillanten Kampfsystem würdig wäre. Was zu Beginn eher harmlos und oberflächlich wirkt - rennt zum Monster, drückt schnell den Angriff, nächste Runde -, wandelt sich schon in den ersten Spielstunden in ein kleines, hektisches Taktikmonster, das Eure ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. Nur wenige Sekunden dauert der Zug jeder Figur, in der Ihr sie bewegt, Angriffe ausführt und Items nutzt. Alles kostet wertvolle Sekunden und viele habt Ihr nicht, bevor die nächste Figur am Zug ist. Es genügt also nicht, einfach die Taktik zu kennen, es gehört dazu, sie in kürzester Zeit anwenden zu können. Ein wenig Hektik ist sicher dabei und beschauliche Rundentaktiker könnten sich daran stoßen.

Die Tiefe des Systems zeigt sich im Spiel von Licht und Schatten, das nicht nur die Fähigkeiten Eurer Helden drastisch verändert - beispielsweise wird aus Heilung im Licht im Schatten ein mächtiger Angriff -, auch Monster nutzen das System mal mehr, mal weniger geschickt für sich. Im Sonnenschein tummeln sich einige eher harmlos, nur um in der Dunkelheit zu mächtigen Opponenten heranzuwachsen. Es zählt zu den größten Vergnügen von Eternal Sonata, immer wieder herauszufinden, wie sich der Lichteinfall am besten nutzen lässt.

Eternal Sonata - Gameplay

Auf der PS3 erschien es mir so, als hätte man leicht den Schwierigkeitsgrad angehoben. Zu Beginn fällt es nicht so sehr auf, ab der Mitte wirkte das Spiel jedoch ein wenig knackiger als noch bei der recht einfachen 360-Version. Ich kann es nicht beweisen und mein Durchgang auf der Xbox ist auch schon ein wenig her, deshalb lasse ich es einfach mal als subjektiven Eindruck stehen, dass Namco den Schwierigkeitsgrad im besten Sinne optimiert und das Spiel zu einer noch lohnenderen Herausforderung modellierte. Sicher ist dagegen der nun spielbare Auftritt der zuvor reinen NPCs Crescendo und Serenade. Sie runden den sowieso schon großen, gelungenen Cast noch ein wenig ab, viele Spieler werden Gefallen an ihnen finden, die Spielbalance bringen die beide aber in keiner Weise ins Wanken.

Die vielleicht größte Schwäche von Eternal Sonata findet sich nicht im Spielsystem und auch nicht im Design, sondern im Aufbau der einzelnen Abschnitte. Auf Euren Reisen durch die Dungeons der Welt gibt man Euch nur sehr wenige Freiheiten bei der Wahl des Weges. Unspektakulär linear und stoffelig gerade und nur mit ein paar kleinen Sackgassen für Schatztruhen gewürzt, verlaufen die meisten Dungeons. Und auch die PS3-exklusiven Areale folgen dem Muster. Ein paar paar Alternativrouten hätten hier für Auflockerung gesorgt.

Zwei Charaktere, ein paar Dungeons und ein gefühlt leicht optimierter Schwierigkeitsgrad bringen kein neues Eternal Sonata auf die PS3 und am Ende ist es immer noch ein Spiel, das sein Potential ein wenig verschenkt. Die Handlung lässt sich sehr früh in die Karten schauen und wartet anschließend nur noch mit wenigen Wendungen auf. Und das Design der Dungeons glänzt mit perfekter Linearität. Hätte man hier gefeilt, wäre Eternal Sonata der Sprung von sehr gut zu wahrer Größe gelungen. Genrefreunde sollte das aber von nichts abhalten: Eternal Sonata bietet Euch wundervollen Spaß für Wochen. Ein stimmiges, tiefgründiges Kampfsystem, lebendige Figuren und eine traumhaft schöne Spielwelt mit dem Extrastück Zucker im Design reichen dafür locker aus und machen Eternal Sonata für die PS3 zum Frühlingsbringer der J-RPG-Welt.

Eternal Sonata ist ab sofort für die PS3 zu haben. Xbox 360-Eigner können schon seit geraumer Zeit in die Traumwelt eintauchen.

8 / 10

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Eternal Sonata

PS3, Xbox 360

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