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Etherium - Test

Klein und nett, aber auch nicht mehr.

Etherium kann für manch schöne Stunden sorgen, leidet auf Dauer aber unter zu wenig Umfang und einem schnell langweilenden Basisbau.

Nur damit wir uns gleich richtig verstehen: Ihr mögt Echtzeitstrategiespiele, die euch eine gut erzählte Einzelspielerkampagne bieten, wie es zum Beispiel Command & Conquer oder StarCraft tun? Wenn ihr diese Frage mit einem Ja beantwortet, dann fällt Etherium womöglich nicht unbedingt in euer Beuteschema. Nein, das neue Werk von Tindalos Interactive (Stellar Impact) geht mehr in Richtung eines Total War oder auch eines Empire at War, ohne jedoch deren Qualitäten zu erreichen.

Kurz den Basics: Im Spiel geht es um das namensgebende Etherium, einen wertvollen Rohstoff, um den sich drei verschiedene Fraktionen streiten. Das Konsortium ist ein ultra-kapitalistisches Firmenimperium. Es steigert seit der Entdeckung des Rohstoffs auf dem Mars beständig seine Macht, indem es mehr und mehr von dem Element unter seine Kontrolle bringt und Konkurrenten gnadenlos aus dem Weg räumt. Die Intari führen bereits seit Jahrhunderten Kriege um das Etherium. Für sie ist es der Schlüssel, um eine höhere Ebene der Existenz zu erreichen. Die Vektiden sind wiederum ein kleines Mysterium, führen aber ebenfalls schon lange Kämpfe um die Kontrolle über den Rohstoff.

Diese drei Fraktionen stehen wiederum im Mittelpunkt des zentralen Eroberungsmodus von Etherium. Vor euch seht ihr eine Galaxiekarte, auf der nach und nach gerade mal sechs Planeten mit jeweils drei verschiedenen Regionen enthüllt werden, die ihr für eure Seite erobern könnt. Gleichermaßen bescheren sie euch Boni, wenn sie unter eurer Kontrolle stehen, steigern beispielsweise den Etherium-Vorrat, den ihr beim Start einer Schlacht als Bonus erhaltet, oder versorgen euch mit zusätzlichen Forschungspunkten.

Die fliegenden Würfel gehören zur Unterfraktion der Wächter.

Mit Letzteren schaltet ihr neue Einheiten oder Gebäude verschiedener Technikstufen frei, die ihr dann in den Echtzeitschlachten nutzen könnt. Und genau daraus ergibt sich die spielerische Freiheit in Etherium. Ihr bestimmt, wo ihr als Nächstes angreifen werdet und müsst euch wiederum gegen feindliche Vorstöße zur Wehr setzen. Der größte Unterschied zu Total War oder Empire at War und zugleich der größte Schwachpunkt ist jedoch, dass ihr dabei nicht nur eure Einheiten steuert, sondern jedes einzelne Mal erst wieder eine Basis aufbauen, Technikstufen freischalten und Rohstoffe sammeln müsst.

"Schwachpunkt" deshalb, weil es doch recht schnell ermüdend wird, etwa dreimal nacheinander die gleiche Map zu spielen und dabei jedes Mal wieder bei null anzufangen. Würde man seine Einheiten auf der Strategiekarte bauen und diese nur ins Gefecht schicken, wäre auch das Spieltempo höher. So gehen beim anfänglichen Basisbau immer gut und gerne zehn Minuten verloren, bis man endlich eine vernünftige Armee auf die Beine stellen kann - und auf den höheren Schwierigkeitsgraden macht es euch die KI da nicht einfacher.

Das war wohl auch den Entwicklern klar, weshalb sie sich bemühten, für zusätzliche Abwechslung zu sorgen. Es gibt zum Beispiel unterschiedliche Terrainarten, die sich wiederum auf eure Truppentypen auswirken können und mitunter den Einsatz bestimmter Einheiten wie etwa Panzer schwieriger gestalten. Ähnliches gilt für das Wettersystem. Auf den Maps kann es Einflüsse durch das Wetter geben, was sich beispielsweise durch elektromagnetische Stürme, Tornados oder Sandstürme zeigt. Besteht die Gefahr eines Hurrikans, solltet ihr tunlichst auf den Bau von Flugeinheiten verzichten, wie ich selbst schmerzlich feststellen musste, als einer nach dem anderen meiner teuren Bomber vom Himmel fiel und in einem Feuerball verglühte. Schneestürme können euch wiederum neue Passagen über Flüsse eröffnen.

"So gehen beim anfänglichen Basisbau immer gut und gerne zehn Minuten verloren, bis man endlich eine vernünftige Armee auf die Beine stellen kann."

Die größten Unterschiede zwischen den Fraktionen sind eher optischer Natur.

Und noch etwas, mit dem ihr euch während der Missionen beschäftigen könnt: es gibt sekundäre, KI-gesteuerte Unterfraktionen in Form der Plünderer, Wächter und Parasiten. Die halten sich normalerweise in ihrem eigenen Korridor auf und stören euch nicht weiter, sofern ihr ihnen nicht zu nahe kommt. Ihr könnt sie aber auch auf eure Seite ziehen. Dazu müsst ihr beispielsweise ComSat-Anlagen oder Etherium-Raffinerien (je mehr, desto schneller unterstützen sie euch) kurzfristig umwandeln, was sich aber wiederum negativ auf eure Befehlspunkte (dienen zum Einsatz von Orbitalangriffen oder kurzfristigen Boni) oder den Rohstoffnachschub auswirkt. Habt ihr sie für euch gewonnen, könnt ihr aber wiederum ihre Einheiten als Verstärkung verwenden. Alternativ besteht natürlich auch die Möglichkeit, ihre Außenposten zu zerstören und für euch einzunehmen. Ganz wie ihr wollt.

Auf den Maps müsst ihr euch Stück für Stück vorarbeiten. Sie sind in unterschiedliche Zonen aufgeteilt, in jeder könnt ihr ausschließlich mit der Kommunikationsinfanterie einen Außenposten errichten. Etherium-Quellen gibt es allerdings nicht in jeder Zone und je nach Größe der Basis (könnt ihr nicht beeinflussen) stehen euch meist ein oder drei Slots zur Verfügung, die Hauptbasis hat die größte Zahl. Diese Slots dienen zum Ausbau und ersetzen den klassischen Basisbau. Ihr errichtet nicht mehrere Gebäude, sondern zusätzliche Module für die Außenposten. Damit erhöht ihr euer Einheitenlimit, die Technikstufe, verschafft euch mehr Befehlspunkte, errichtet Reparatur- oder Landezonen näher an der Frontlinie. Hierbei kommt durch die beschränkt verfügbare Zahl an Slots natürlich auch ein gewisses Maß an Taktik ins Spiel, indem ihr etwa entscheidet, ob ihr eure Einheiten reparieren, mehr Befehlspunkte haben oder mehr Ressourcen fördern wollt.

Grundsätzlich müsst ihr dafür sorgen, dass eure Zonen miteinander verknüpft sind. Habt ihr eine entfernte Zone mit einer Etherium-Raffinerie eingenommen, verliert aber eine Verbindungszone zu eurer Hauptbasis, stellt die nun abgeschnittene Zone ihren Dienst ein. Aushelfen könnt ihr, indem ihr die Verbindung wiederherstellt und das entsprechende Territorium zurückerobert. Es besteht aber auch die Möglichkeit, eine Zone unabhängig operieren zu lassen. Dazu müsst ihr ein spezielles Modul, die Versorgungsstation bauen, was dann zum Beispiel bei abgelegenen Zonen auf Inseln sowieso unabdingbar ist, wenn ihr sie nutzen wollt. Es spielt aber eben auch eine weitere taktische Rolle bei der Wahl der begrenzt verfügbaren Module. Was nützt euch? Was braucht ihr? Was macht am meisten Sinn?

Etherium - Launch-Trailer

Damit ihr am Ende siegreich das Schlachtfeld verlasst, habt ihr zwei Optionen. Einerseits gibt es die klassische RTS-Option, die da lautet: den Gegner komplett ausradieren und seine Basis in Stücke sprengen. Nehmen wir aber mal an, ihr habt Schwierigkeiten damit, die gegnerischen Linien zu durchbrechen. In dem Fall könnt ihr Module mit Orbitalkanonen für eure Außenposten erforschen, die dann die gegnerische Flotte am Himmel unter Beschuss nehmen. Jede Seite hat 100 Punkte und jeder Treffer zieht einen Zähler ab. Ist er bei null angekommen, gehört euch der Sieg. Und das geht mit mehreren Orbitalkanonen natürlich schneller.

Was den Eroberungsmodus an sich betrifft, müsst ihr verschiedene Siegbedingungen erfüllen, um am Ende des Durchgangs die Nase vorn zu haben. Diese unterscheiden sich bei jedem neuen Durchgang und können sich mitunter auch mal mit denen eurer Gegner überschneiden. Ihr sollt zum Beispiel alle Territorien auf einem der Planeten erobern, alle Technologien einer bestimmten Kategorie freischalten oder eine Unterfraktion auf eure Seite ziehen. Durch Spionagepunkte könnt ihr zudem die Ziele der KI-Konkurrenten nach und nach aufdecken. So arbeitet ihr letztlich nicht nur auf eure eigenen Aufgaben hin, sondern versucht auch, den Gegner daran zu hindern, seine Ziele zu erreichen.

Die Weltraumschlachten beschränken sich alleine darauf, dass ihr den Angriffsbutton eurer Flotte im Orbit drück und die gegnerische Flotte auswählt. Beide beschießen sich dann gegenseitig und das Spiel würfelt aus, ob ein Treffer erzielt wurde oder nicht, aber einen eigenen Weltraumstrategiepart wie in Empire at War gibt es leider nicht. So bleibt das Ganze eher oberflächlicher Natur, obwohl euch eine Flotte im Orbit kleinere Boni am Boden bescheren kann. Außerdem gibt es da noch die Politikkarten mit allerlei verschiedenen Auswirkungen. Damit könnt ihr etwa für eine Runde die Angriffsstärke eurer Flotte verbessern, den Rohstoffertrag kurzfristig erhöhen oder zusätzliche Forschungspunkte erhalten.

An solchen Engpässen treffen immer mal wieder Armeen aufeinander.

Eure Optionen im Multiplayer-Modus sind ebenfalls recht beschränkt. Ihr könnt entweder im 1vs1 oder 2vs2 spielen, wobei es für jeden der sechs Planeten drei 1vs1-Maps und eine 2vs2-Map gibt, die weitestgehend symmetrisch aufgebaut sind, und eine gleichmäßige Ressourcenverteilung garantieren. Der Fokus liegt hier klar auf den schnellen Echtzeitgefechten, der Eroberungsmodus bleibt allein Solo-Spielern vorbehalten. Abseits dessen erwartet euch hier das, was ihr auch in den Gefechten im Singleplayer-Part geboten bekommt, inklusive Unterfraktionen und Wetter, was ihr aber auf Wunsch deaktivieren könnt. Zusätzlich lässt sich die Spielgeschwindigkeit hier ein wenig regulieren (1x, 1.2x, 1.4x).

Ich denke, der Begriff „nettes kleines Strategiespiel" beschreibt Etherium ganz gut. Das, was es bietet, macht es ordentlich. Es hat keine großen Fehler und ein passables Spieldesign. Es will nicht das Genre revolutionieren, kann aber wiederum auch nicht mit den RTS-Größen mithalten. Ich hätte es wirklich gerne gesehen, wenn man den Basisbau und die Einheitenproduktion auf die Strategieebene verlagert hätte, um in den Gefechten direkt seine Truppen in den Kampf beordern zu können. So aber langweilt mich die im Grunde immer gleich ablaufende Aufbauphase zu Beginn eines jeden Scharmützels schnell - vor allem, wenn man es dreimal direkt nacheinander machen muss. Auch ansonsten ist Etherium weder im Solo- noch im Multiplayer-Part mit einem monströsen Umfang gesegnet. Die von mir genannten Beispiele wie Total War oder Empire at War haben da weit mehr zu bieten. Hängen euch die aber schon zum Hals raus, findet ihr in Etherium eine durchaus unterhaltsame Alternative.

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Benjamin Jakobs Avatar
Benjamin Jakobs ist Leitender Redakteur, seit 2006 bei Eurogamer.de und schreibt News, Reviews, Meinungen, Artikel und Tipps.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

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