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Evercade - Test: Wer braucht schon Module im Jahr 2020?

Ich!

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Module heutzutage? Kann Sinn machen, Spaß auf jeden Fall. Ein elegantes kleines Retro-System, das schon jetzt ein wenig weiter denkt.

Die Switch hatte den richtigen Gedanken, wenn man die Freunde von guten, alten Spielmodulen fragt, aber es scheitert dann an der Ausführung. Nicht nur, dass sich die kleinen "SD-Karten" kaum wie ein Modul anfühlen und das Einsetzen in die Konsole mehr Fummelei als echtes Einlegen bedeutet, die Downloads sind es, die das Ganze dann obsolet machen. Wenn ich eh noch Updates laden muss, um es oft genug spielen zu können, dann kaufe ich es lieber gleich digital. Nein, mein Verlangen nach der haptischen Freude echter Module muss woanders befriedigt werden.

Jemand anderes scheint ebenfalls ein Freund von kleinen Plastikhüllen mit einem Chip drin zu sein und so entstand das Evercade-System. Normalerweise endet so ein Retro-Handheld als schnell zusammengeworfenes Billig-System mit ein paar fest installierten Games, etwas an dem Blaze zuletzt mit den Atari-Mini-Arcades hoffnungslos scheiterte. Insoweit hielt sich meine Freude in Grenzen, dass das Evercade von Blaze kommt, aber nach ein paar Wochen, in denen mich das Evercade immer wieder für eine halbe Stunde erfreute, kann ich direkt erst mal zumindest generelle Entwarnung geben. Das Evercade ist technisch gelungen und definitiv kein weiterer Fall für den Recycling-Hof.


Das Evercade-System

Der erste Eindruck ist immer der Unwichtigste oder so, denn im Gegensatz zu den Atari-Mini-Arcades, die zuerst einen sehr anständigen hinterließen, fühlt sich das Evercade erst einmal nicht ganz so schick an. Damit meine ich nicht das durchaus solide Gewicht und auch nicht, dass irgendwas klappern würde oder sich das Plastik dünn und fragil anfühlen würde. Im Gegenteil, bei all dem sammelt das Evercade für 70 Euro im Basis-Set direkt Punkte, aber das matte, leicht raue Plastik der Rückseite fühlt sich etwas billig an. Rein haptisch. Genauso die Plexiglas-Front. Erneut, alles ist sauber verarbeitet, tadellos, aber es ist eines von diesen Geräten, die nicht billig gemacht sind, aber sich genauso anfühlen. Dass ich das Evercade am Ende dann doch liebhaben konnte, das musste es sich erst erarbeiten.

Niedlich sind sie ja.

Dabei hat auf jeden Fall geholfen, dass die Tasten und das Steuerkreuz allesamt gelungen sind. Es ist nicht das beste Steuerkreuz, es ist ein wenig auf der schwammigen Seite, aber nicht so dramatisch, dass es stören würde. Es erinnert mehr an das Pad des Sega Saturn, was definitiv keine schlechte Sache ist. Alle Tasten haben einen sauberen Druckpunkt, ohne zu haken oder schwergängig zu sein. Das gilt sogar für die oft vernachlässigten Zusatztasten wie Lautstärke oder Menü, die mit der gleichen Qualität aufwarten. Was Retro-Mini-Konsolen angeht, ist das hier auf jeden Fall ein Gerät am oberen Ende der Skala.

Unten habt ihr einen Audio-Ausgang, eine 3,5mm-Buchse und einen Micro-USB-Port zum Aufladen des Akkus. Dieser hält etwa drei bis fünf Stunden, was in diesem Falle mehr als ausreichend sein sollte. Oben findet ihr dann nicht nur den großen, offenen Schacht für die Module, sondern auch einen Mini-HDMI-Ausgang, der ein 720p-Signal ausgibt. Ihr seid also nicht nur auf den kleinen Screen beschränkt und das Signal ist erstaunlicherweise sauber und klar und ohne nennenswerte Eingabeverzögerung, die bei solchen Retro-Konsolen leider gelegentlich mal vorkommt.

Die Module können on the fly gewechselt werden, etwas, dass alte Konsolen gar nicht mochten.

Noch erstaunlicher ist allerdings, dass der HDMI-Out keine Ausrede für einen schlechten eingebauten Screen ist. Der 4,5-Zoll-Screen mit einer 480x272er Auflösung ist hell, klar und vor allem zieht er in keiner Weise nach, sodass selbst kleine Schüsse in einem Shoot'em'Up gut erkennbar bleiben. Auch schnell scrollende Titel sind kein Problem. Für meinen Geschmack könnte er ein wenig farbintensiver sein. Er ist auf der natürlichen Seite der Dinge, nicht zu blass, aber wenig strahlendere Farben hätten hier noch mal Wunder gewirkt. Nun, besser so als komplett verfälscht, insoweit ja, dieser Screen ist erstaunlich gut.

Selbst die beiden eingebauten Lautsprecher für Stereo sind okay. Bass oder so etwas sollte man nicht erwarten, aber die unterschiedlichen Charakteristika der Midi-Sounds verschiedener Geräte kommen authentisch rüber und wenn es um Klangqualität geht, dann nimmt man halt Kopfhörer. Ich habe mit einer Reihe von Spielen Probe gehört, um zu sehen, wie nah die Emulation dran ist und im Großen und Ganzen ist das eine der besten Emulationen von so verschiedenen Geräten, die ich bisher hörte. Klar, es schwankt. Earthworm Jim, hier in der Mega-Drive-Version, könnte ein klein wenig mehr Punch vertragen, die NES-Version von Double Dragon geht ein wenig zu sehr in die Höhe, aber selbst obskurere Arcade-Versionen klingen alles in allem ziemlich gut.

An Ausgängen habt ihr unten den Audio-Ausgang und den Mikro-USB.

Als CPU steckt ein 1,4 GHz Quad-Core ARM-Prozessor drin, der für alles ausreichen soll, was bis nah an die 32-Bit-Ära herangeht. Ihr solltet aber nicht mit 3D-Emulation von PSOne-Titeln rechnen, das dürfte fast ausgeschlossen sein, zumindest bei diesem Evercade. Dafür ging man bei der Emulation der einzelnen Titel recht innovative Wege und von dieser Warte scheint das Modul-Konzept deutlich mehr zu bieten zu haben als nur niedliche Haptik. Die für eine Sammlung an Spielen nötigen Emulationen werden auf diese Spiele jeweils abgestimmt und die Emulationen sind zusammen mit den Roms auf den jeweiligen Modulen. Das Ergebnis ist durchaus beeindruckend, vor allem, wenn man die sonst üblichen Billig-Emulations-Handhelds kennt, die nicht mal in der Lage sind, ein System richtig hinzubekommen - und hier sind es ein halbes Dutzend, die ausgezeichnet laufen.

Die Emulatoren jeweils auf die Module auszulagern bedeutet aber nicht, dass das Interface jedes Mal anders aussieht oder andere Optionen bietet. In diesem Punkt ist das Evercade eh noch übersichtlich. Ihr habt drei Helligkeitsstufen, zwei Screen-Modi für Original und Stretch - China darf endlich mal 4:3-Screens produzieren, bei der Masse an Retro-Krams, die es da gibt - und ein paar Sprachen für die Menüs, darunter Deutsch. Im Spiel gibt es dann noch einen Speicherplatz für jedes Game und das war es dann auch schon an Möglichkeiten. Wenigstens Scanlines hätte man ja schon anbieten können ... Also, alles da, was man wirklich braucht, aber nicht das kleinste Bisschen an zusätzlichen Optionen.

Der Modulschacht ist sehr authentisch - in ein paar Jahren hilft Pusten sicher weiter - und daneben ist der 720p-HDMI-Out.

Kommen wir zum aktuell größten und ehrlich gesagt einzigen echten Schwachpunkt der Hardware: Es gibt keinen zweiten Controller-Port, keine Link-Option und auch sonst keine Möglichkeit, mit einem zweiten Spieler dazuzukommen. Das hier ist ein reines Singleplayer-Gerät. Das ist natürlich etwas frustrierend, da eine Menge Spiele hier eine Zwei-Spieler-Option haben und diese auch vollständig in den Roms belassen wurde. Das sieht auf den ersten Blick lieblos aus, hat aber einen Sinn, denn man plant jetzt schon weitere Geräte wie ein Tisch-Aracde-Kabinett und andere Varianten des Evercade-Systems, die dann zwei Spieler unterstützen, aber die gleichen Module nutzen. Verschiedene Systeme und die Module sind mit allen kompatibel. Da ist jemand ambitioniert, aber ich kann durchaus das Potential sehen. Aber das ist die Zukunft, derzeit spielt ihr allein und das ist bei einer Reihe von Games schade.


Die Evercade Games-Collection

Was wäre eine Konsole ohne Spiele - ein Satz, der sicher schon ein paar Mal geschrieben wurde. Aber in diesem Falle hängt viel davon ab, denn als universelle 8/16-Bit-Retro-Konsole hat man eine theoretisch endlose Auswahl, aber wenn man nicht ein chinesischer Billig-Klon unter falschem Namen sein möchte, dann muss man die Sachen lizenzieren. Was also konnte sich Blaze hier für das Evercade sichern? Derzeit gibt es zehn Module, deren stabile Plastikpackungen von Mega-Drive-Modulen inspiriert sein dürften. Ziemlich stabil und für die Ewigkeit.

Das Modul liegt sicher in einer Fassung und sogar das kleine Handbuch hat einen Clip, um an Ort und Stelle zu bleiben. Ich hätte gern in dem Handbuch gesehen, welche Version des jeweiligen Spiels man hier lizenziert hat, aber davon abgesehen sind die winzigen Büchlein sogar relativ liebevoll gestaltet. Jedes Spiel hat eine Seite mit ein paar Zeilen an Infos und der Tastenbelegung. Bedenkt man den nicht zu hohen Preis von 18 Euro pro Modul, ist das hier durchaus angemessen.

Da mochte jemand die alten Mega-Drive-Packungen. Gut so.

Und eines muss ich wirklich ausdrücklich und als großes Lob anmerken: Ich bin bei all den Spielen auf zehn Modulen nicht auf ein Spiel gestoßen, das schlecht laufen würde. Seien es moderne Retro-Games aus den letzten Jahren oder früheste Atari-Spiele, von kleinen Soundschwankungen mal abgesehen ist nichts davon mit den üblichen China-Geräten vergleichbar, wo man schon froh ist, wenn unter 300 Spielen eines läuft wie es soll. Insoweit schreibe ich das bei den Modulen hier auch nicht dazu, sondern kann mich ganz auf die Spiele selbst konzentrieren, ganz so wie es sein sollte. Kudos, Evercade!

Und jetzt, ein Blick auf jedes der Module:

Evercade 1 - Atari Collection 1

Autsch, das ist, was ich befürchtet hatte. Wieder mal 8-Bit-Urschleim. Aber wenigstens von der guten Sorte. Unter den 20 Titeln finden sich große Klassiker wie Tempest, Missile Command, Night Driver, Yars Return, Asteroids und Centipede. Die frühen 80er in ihrer Essenz also, tausendfach schon neu aufgelegt, hier einmal mehr. Der Grund, warum ich dieses Modul kaufen würde: Ninja Golf! Der absurde "Klassiker" stammt aus dem Jahr 1990, was mindestens so verrückt ist wie alles andere an 7800er-Spielen.

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Evercade 2 - Namco Museum 1

Namcos Äquivalent zur ersten Atari-Collection: Urschleim. So dachte ich wenigstens, denn bei den elf Spielen ist zwar auch Dig Dug, Galaxian, Xevious und Pac Man dabei - alles ohne Frage große Klassiker und mit jedem davon hatte ich wieder ein paar Minuten Spaß. Aber die Highlights für mich waren Dinge wie Battle Cars, ein obskurer und leider nicht guter Mode-7-Kampf-Racer. Oder Metal Marines, ein sehr solides SNES-Taktik-Spiel. Quad-Challenge, ein frühes Mega-Drive-Rennspiel. Von solchen 16-Bit-Dingen hätte gern noch mehr drauf sein können. Trotzdem, gutes Modul.


Evercade 3 - Data East Collection

Anscheinend hat hier etwas gehakt, denn Modul 3 ist noch nicht erschienen. Na gut, dann freue ich mich halt auf Bad Dudes, Crude Dudes, Magical Drop 2 und ein paar andere Ende Mai.

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Evercade 4 - Interplay Collection 1

Oho, Interplay, interessant. Wer dachte, dass diese Legende aus den 80ern und 90ern - vor allem aus dem Computerbereich - tot sei, nein, die Firma gibt es noch. Und anscheinend lizenziert sie auch gern mal ein paar Games hier und da. Sechs Stück sind es hier und damit das bisher kleinste Modul, aber dann wiederum ist Earthworm Jim bisher auch das größte Highlight, das sich hier ausgezeichnet spielt und generell gut gehalten hat. Clay Fighter ist der Schrott, der es immer war, aber fünf Minuten davon haben mich schon erheitert. Battle Chess ist ein ewiges "guilty pleasure" von mir, Boogerman und Incantation zwei nette, wenn auch nicht sonderlich relevante Plattformer und Titan ein ausgesucht nerviger NES-Action-Puzzler, der ruhig hätte vergessen bleiben dürfen. Ja, es ist Earthworm Jim drauf, aber sonst nicht das Highlight, das ich hier erhofft hatte.

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Evercade 5 - Atari Collection 2

Leider kam hier noch nicht der Sprung zum Lynx, der ist mit Modul 11 später in diesem Jahr in Arbeit. Also noch mehr 2600er und 7800er Titel. Was fehlte noch? Nun, Centipede und Asteroids machen noch mal ihre Aufwartung, diesmal in der 7800er-Version, Yar mit Yars Revenge wieder dabei, Air-Sea Battle ist wohl irgendwie ein Klassiker und Desert Falcon und Basket Brawl zeigen, wie sehr Nintendo und SEGA das 7800er hinter sich gelassen haben. Solaris und Radar Lock fand ich als frühe 3D-Titel ganz interessant, aber jenseits der erstgenannten Klassiker war bei diesen 20 Spielen nichts dabei, was mich halten konnte. Atari-Fans dürfen das gern anders sehen.

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Evercade 6 - Namco Collection 2

Nachdem Namco schon in der ersten Sammlung die wichtigsten ewigen Sammlungsanwärter aus dem Weg räumte, bleibt viel Raum für mehr spannende und vergessene Perlen. Okay, Galaga musste sein, hier ist es nun. Jetzt aber auf in unbekannte Tiefen. Phelios, ein ausgezeichneter Mega-Drive-Shooter, sehr gut. Splatterhouse 2 und 3, fantastisch! Burning Force, ein nur in Japan erschienener Mega-Drive-3D-Shooter? Cool! Da verzeiht man gern das grottige Warp Man oder den Langweiler Tower of Druaga, wenn man danach Dragon Spirit spielen darf. Der spaßige Klötzchen-Puzzler Pac Attack und das historisch spannende Weaponlord, das eine wichtige Inspiration für Soul Calibur gewesen sein dürfte, runden ein starkes Modul ab.

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Evercade 7 - Interplay Collection 2

Nach der ersten schwachen Runde wird es nun besser: Earthworm Jim 2 halte ich für das bessere Spiel der beiden und der erste Teil ist schon ein Klassiker. Ein echtes Highlight ist auch das heute vergessene Adventures of Rad Gravity, ein sehr ambitionierter NES-Plattformer von einem recht bekannten Designer: Brian Fargo. Claymates und Prehistoric Man sind solide 16-Bit-Plattformer, wenn auch sicher nicht brillant, und die Brainies sind ein so befremdlicher, wie ehrlich gesagt ganz unterhaltsamer SNES-Puzzler. Nur Clay Fighter 2 hätte man einfach mal vergessen sollen, auch wenn man diskutieren darf, ob es minimal besser oder schlechter als der belanglose Vorgänger ist. Aber wenn Interplay, dann Collection 2.

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Evercade 8 - Mega Cat Studios Collection

Jetzt wird es spannend. Bis hier waren alle Module mit alten Games gefüllt, Mega Cat ist aber ein Indie-Retro-Studio, das neue Spiele für alte Konsolen produziert und sogar auf richtigen NES- und Mega-Drive-Modulem verkauft. Zehn ihrer Titel sind jetzt hier in dieser Collection und einiges davon kann sich sehen lassen. Ihr habt mit Almost Hero und Creepy Brawlers ganz niedliche 8-Bit Anlehnungen an Double Dragon und Punch Out, Justice Duel nimmt sich Joust vor und Log Jammers zeigt, wie Windjammers mit Äxten aussehen würde. Super Painter lebt von einer einfachen Ein-Screen-Idee wie Bubble Bobble. Multitude verwirrt als Puzzle-Spiel zunächst etwas, aber dann blieb ich sehr lange dran hängen, wie auch an Little Medusa und Old Towers. Wirklich solide gemachte, gute Pixel-Unterhaltung der intelligenteren Art.

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Das kann ich von Coffee Crisis nicht behaupten, und auch sonst ist dieser für das Mega Drive geschriebene Brawler zwar ganz lustig mit seiner Story um zwei Hipster-Baristas, die die Welt vor Aliens retten, aber das Spiel ist wirklich kein großes Highlight. Das ist dann aber Tanzer, ein höllisch schwieriger, aber immer fairer Action-Plattfomer, der sich ein wenig anfühlt wie ein Früh-90er-Psygnosis-Titel auf dem Amiga. Nur besser. Mehrere Wege zum Ziel, brillante Spielbarkeit und ein Killer-Soundtrack. Wenn nur Tanzer auf dem Modul wäre, es wäre die 18 Euro wert. Es war mir eben sogar die 50 Dollar wert, die das Mega-Drive-Modul kostet. Mit anderen Worten, die Collection 8 ist ein echter Gewinner.

Tanzer ist ein echtes Highlight und wäre heute sicher einer der großen Klassiker, wäre es damals erschienen.

Evercade 9 - Technos Collection

Nach so viel Aufregung geht es zurück zu alten Spielen und zwar ganz viel Kunio-Kun, wenn auch nur unter diesem Namen. Ihr habt River City Ransom, definitiv ein echter NES-Klassiker, genauso wie Super Dodge Ball, Renegade und Crash 'n' the Boys: Street Challenge. Alles in Japan Kunio-Kun, hier als das, was sich Japaner so unter Amerika vorstellen. Die ersten beiden Double Dragon für das NES finden sich hier wie auch Super Double Dragon. Wunderbarer, hirntoter Spaß für ein paar Minuten, aber mangels des Zwei-Spieler-Modus auch nicht mehr als das. Schade, aber was soll man machen?

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Evercade 10 - Piko Collection

Wie bei Mega Cat war ich erst mal verwirrt: Was zur Hölle ist Piko? Ein Google später stellt sich heraus, dass Piko Interactive alte Lizenzen kauft und manchmal damit handelt und manchmal sogar selbst neue Versionen daraus bastelt. So arbeiten sie an einer Art ultimativen Jim-Power-Version für alle möglichen alten Plattformen, sogar Amiga CD32, und produzieren wie Mega Cat ein paar neue Spiele für diese alten Systeme. Und ja, ich konnte nicht widerstehen, Super Noahs Ark als Repro für das SNES zu kaufen. Das Evercade kostet mich mehr als gedacht.

Drakkhen ist eine Legende. Niemand weiß genau warum...

Die 20 Spiele dieser Collection sind aber ein komplett wilder Mix alter Lizenzen, die sich beste Mühe geben, einen möglichst vollständigen Querschnitt über ein Jahrzehnt und drei Kontinente zu geben. Ihr habt Jim Power, das überambitionierte Spiel, das seinen Erfolg zu sehr wollte. Top Racer, ein gutes Rennspiel mit einem der besten 16-Bit-Soundtracks überhaupt. Drakkhen, ein Rollenspiel, das irgendwie Kult ist, aber niemand weiß genau warum. Dragon View und Canon - Legend of the new Gods kommen einmal aus Taiwan und einmal aus China und sind beide so ungewöhnliche wie ausgezeichnete klassische RPGs. The Immortal ist dann wieder ein westliches Action-RPG-Urgestein, ein Spiel, für das ich immer eine Schwäche hatte, aber das nie wirklich gut war.

China-Brawler, 1996. Water Margin ist erstaunlich gut und spaßig.

Switchblade, Radical Rex und Powerpigs of the Darks Age könnten tonal kaum unterschiedlicher sein, aber alle drei sind unterhaltsame 16-Bit-Plattformer. The Humans war schon immer der Lemmings-Klon, den keiner wollte, aber der eigentlich wirklich gut ist. Lemminge sind halt niedlicher als Menschen. Way of the Exploding Fist ist Legende, auch wenn ich beim besten Willen nur noch bedingt nachvollziehen kann warum. Aber dann war es damals auch 1985, ich war zehn, meine Erwartungshaltungen waren wohl andere. Water Margin ist ein erstaunlich guter und stilistisch eigenständiger 1996er 16-Bit-Brawler aus China und 8 Eyes ein konfuses Anime-Etwas für das NES. Nein, nicht alles in dieser Sammlung ist Gold, aber insgesamt ist es ein geniales Paket. Mitunter ist es das Genie, das nah am Wahnsinn liegt, aber für 18 Euro passt das schon.


Evercade - Module für das Jahr 2020

Bin ich angetan vom Everacde? Ja, auf jeden Fall. Blaze ist rehabilitiert und im Angesicht der hoffentlich kommenden Modelle mit Zwei-Spieler-Möglichkeiten machen die untereinander kompatiblen Module sogar wirklich Sinn. Das und dann ist da natürlich der Sammel-Aspekt der schicken kleinen und preiswerten Boxen. Wird einem schon irgendwie warm ums Herz, wenn da so eine Reihe Games im Regal steht, egal wie irrational das sein mag.

Das wäre aber alles herzlich wenig wert, wenn das Gerät an sich nicht überzeugen würde und hier wurde ganze Arbeit geleistet. Sieht man mal von dem etwas billigen Plastik ab, passt bei der Verarbeitung alles, der Screen ist ausgezeichnet und vor allem überzeugt die Emulation auf praktisch der ganzen Linie. Sicher, wenn man pedantisch ist, lässt sich was finden, aber trotzdem ist es immer nah genug dran, dass es nie den Spaß beeinträchtigt und dass all diese verschiedenen Systeme alle gut laufen, ist eine echte Leistung - zumindest, wenn man die übliche Konkurrenz bedenkt. Sicher, es gibt Android-Varianten mit mehr Leistung und Möglichkeiten für den Emulationsbastler. Aber als niedliches Out-of-the-Box-System zu einem guten Preis mit viel Sammel-Charme bei den Modulen ist das Evercade ein echter Gewinner.


Das Evercade mit der Namco Collection 1 kostet ca. 70 Euro (Amazon.de Vorbestellung), zusammen mit drei Modulen - Namco 1, Interplay 1 und Atari 1 - kostet es ca. 90 Euro und jedes Modul kostet ca. 18 Euro. Der Release sollte eigentlich schon stattfinden, hat sich durch Corona aber auf den 25. Mai verschoben.

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Martin Woger Avatar
Martin Woger: Chefredakteur seit 2011, Gamer seit 1984, Mensch seit 1975, mag PC-Engines und alles sonst, was nicht FIFA oder RTS heißt.

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