Blur
Exklusiv: Emotion über Präzision
"Wir wollten was Neues machen. Eine neue Marke, von Grund auf neu entwickelt", erzählt Ben Ward, Bizarres Community Manager, bei der Vor-Ort-Präsentation von Blur im wolkenverhangenen und zugigen Liverpool. Dabei ist diese Aufbruchstimmung durchaus auch der Not geschuldet: Der Not, kaum eine Zeile Code von dem bisherigen Aushängeschild, Project Gotham Racing, wieder- oder weiterverwenden zu dürfen. Denn nicht nur der Name, sondern auch fast die gesamte Technologie des Edel-Rasers, bis runter zu kleinsten Soundeffekten, gehört Microsoft. Heute und vermutlich bis in alle Tage. Bizarre musste komplett von vorne anfangen.
Zum Glück bedeutet das für das Traditionsstudio aus der Beatles-Stadt aber nicht nur einen Sack voll Arbeit. Zum einen ist es für das 1994 gegründete Unternehmen die einmalige Chance, das Gesetz der Serie zu brechen und nicht länger das "PGR-Studio" zu sein. Vor allem aber ist es auch eine Chance für das Spiel an sich. Denn Blur will alles, nur nicht "PGR mit Waffen" sein.
Wie so oft in dieser Zeit ist auch für Blur Zugänglichkeit das Wort der Stunde. Bizarre formuliert es allerdings etwas interessanter: "Unser Grundsatz lautete: 'Liebe den Spieler!' Das ist etwas ganz anderes als zu sagen, 'wir machen es Casual oder dummen es runter'", betont Ward mit ernster Miene. "Es sollte einfach Spaß machen, es sollte trotzdem Spieltiefe haben, damit man es lange spielen kann, und es sollte den Spieler nichts als belohnen."
Neben dem Spaß nennt Ward drei weitere Schlüsselbegriffe der Entwicklung: "Intensität", "immer im Rudel" und "hyper-real", wirft er uns die Schlagwörter auf den Tisch. Und die noch sehr rohe Prä-Alpha-Version, die im Anschluss an die wortreiche Einführung und die Studiotour zum Gastspiel lud, gab Wards Formulierungen noch einmal Nachdruck. Bizarre fasst diese klar definierten Ziele nicht einfach nur aus Lust und Laune am Beschmieren von Whiteboards, sie richten sich auch wirklich vollends danach aus.
Dass es in Blur Waffen geben würde, ist seit einer Weile bekannt. Dass das Fahrerfeld in der Regel an die 20 Teilnehmer auf seine hauptsächlich abendlichen bis nächtlichen Strecken bringt, war uns bislang neu. Der Intensität und dem "Immer im Rudel"-Gedanken spielt diese immense Zahl an Konkurrenten natürlich großzügig in die Karten. Das Fahrerfeld bleibt immer dicht beisammen, die Rennen auf den meist sehr breiten Kursen sind ein einziger Positionskampf, ein einziges leidenschaftliches Austauschen von Lacken und eine einzige Suche nach dem nächsten Abschuss.
Trotz den zahlreichen auf der Strecke platzierten Upgrades fällt nach nur wenigen Sekunden zunächst einmal etwas anderes auf: Die Blur-Fahrzeuge vermitteln erneut dieses gewisse Gefühl von Gewicht, Grip und Trägheit, das schon Project Gotham Racing zu so einer liebenswerten Mischung aus Arcade- und Simulation machte.
Ein überaus griffiges Fahrmodell, das einfach zu begreifen und schwer zu meistern ist. Eine Physik, die mit allen vier Schlappen in der Realität fußt, aber niemals die harten Bandagen einer echten Simulation anlegt. Für die Bestrafung des Spielers sind alleine seine Konkurrenten verantwortlich.
"Es geht nicht nur darum, wer am besten fährt oder die Upgrades am besten einsetzt. Sondern darum, wer auf die Gegebenheiten in einem Rennen am besten reagiert", versucht Ward die Befürchtungen zu zerstreuen, dass das Spiel durch die hohe Anzahl an aggressiven Pickups zu einem zweiten Full-Auto verkommt. Nein, der Spieler soll sogar "strategische Entscheidungen auf der Strecke treffen". Der bunte Strauß an möglichen Zwickmühlen zu jeder gegebenen Situation soll sich folglich nicht nur aus der Auswahl an offensiven Argumenten ergeben.