Exoprimal angespielt - Mal was anderes als Zelda und Hundestreicheln: Hier geht’s etwas rauer zu!
Zehntausend Dinosaurier auf einem Haufen.
Dinos gehen immer! Bei Capcom sowieso, wo man mit Monster Hunter zwar wissenschaftlich wo ganz anders unterwegs, visuell aber verdammt nah dran ist, und wo ein neues Dino Crisis ohnehin längst fällig ist. Also Exoprimal: sein ganz eigenes Ding, aber mit Dinosauriern und gemacht von Monster-Hunter-Veteranen. Immerhin haben sowohl Game Director Takuro Hiraoka als auch Technical Director Kazuki Abi bereits an der Jägerserie gearbeitet und mir ein paar Fragen beantwortet, nachdem ich eine weitgehend vollständige Version von Exoprimal einige Stunden lang gespielt habe.
Stellt es euch am besten als eine Art kooperatives Overwatch vor (diese Beschreibung dürfte momentan ohnehin an Reiz gewonnen haben), denn in Exoprimal laufen fünf Gleichgesinnte meist an mehreren Checkpunkten vorbei, wo sie jeweils möglichst schnell eine riesige Menge Dinos vernichten sollen. Um die Zeit geht es deshalb, weil das gegnerische Team auf seiner Route genau das Gleiche tut, das Ganze also quasi ein PvE-Wettlauf ist.
Nur am Ende treffen sich die Teams und sind selbstverständlich angehalten sich gegenseitig auf die Pelle zu rücken, weshalb es dann noch mal besonders heiß hergeht. Nun kann man diese finale PvP-Komponente auch abschalten oder sich dafür entscheiden, dass sie manchmal vorhanden ist und andere Male nicht. Auf jeden Fall habt ihr die Wahl, wie viel PvP es in eurem Exoprimal geben soll. Ist es aktiv, sind manche Einsätze auch klassische Team-Shooter, in denen sich beide Gruppen um drei Checkpunkte streiten.
Welche Mission auf welcher Karte zu erledigen ist, entscheidet dabei der Zufall. Die Geschichte geht nämlich so, dass eine KI namens Leviathan die auf einer Insel gestrandeten Kämpfer mit diesen Einsätzen testet. Warum genau, das erfährt man selbstverständlich im Verlauf der Erzählung, den ich nicht vorwegnehmen will. Nach und nach werden dafür kurze Filmsequenzen oder kleine Infoschnipsel freigeschaltet, die für ein Spiel dieser Art mitunter erstaunlich lang…
… aber für mein Empfinden auch voll oberflächlicher Stereotypen sind, deren platten Sprüchen ich nicht allzu lange zuhören wollte. Dass mein selbst erstelltes Alter Ego keinen Ton sagt, soll laut Art Director Takuro Fuse, der ebenfalls beim Interview dabei war, dafür sorgen, dass man sich besser mit seinem Alter Ego identifizieren kann – eine Schlussfolgerung, die ich nach wie vor nicht teile. Denn ob diese Figur nun redet oder nicht: Sie ist trotz aller Immersion nie ich, sondern immer der Charakter, den ich steuere.
Wobei dem ohnehin eine untergeordnete Rolle zukommt, denn im Vordergrund stehen die Exosuits: Kampfanzüge, in die das zweite Ich schlüpft und zwischen denen man auch im Einsatz jederzeit wechseln kann. Ähnlich wie in Overwatch sind die auch hier in schnelle Angreifer, schwere Bulldozer und Support-Suits unterteilt und ich habe aus jeder Klasse einen mehrere Partien lang gespielt.
Cool fand ich dabei Krieger, der mit seinem Maschinengewehr nicht nur ankommende Dinos aufhält, sondern sich mit einem schnellen Vorwärtsschub auch durch eine Welle kleiner Saurier pflügen kann. Da ich ihm als optionale Fähigkeit noch einen weiten Sprung verpasst habe, kam der behäbige Koloss nach so einer Aktion immer schnell wieder zur Gruppe zurück.
Mein vorläufiger Favorit ist aber Skywave, der so lange schweben kann, dass man sich damit fast die ganze Zeit in der Luft aufhält. Von oben heilt man dann seine Mitstreiter oder hält mehrere Echsen in einem Gravitationsfeld fest, um am besten einen mächtigen Bereichsschaden in diese Meute zu feuern. Die Fähigkeiten haben natürlich verschieden lange Abklingzeiten, sodass man ihren Einsatz gut überlegen und im Idealfall mit den Begleitern koordinieren sollte.
Nun ersetzt Exoprimal fehlende menschliche Begleiter zum Glück durch Bots, falls das Matchmaking nicht genügend Mitspieler findet. Trotzdem ist es natürlich nicht ideal, wenn man die ganze Zeit mit den recht einfältigen KI-Kumpels herumläuft. Aber das passiert nun mal, wenn im Wesentlichen nur ein paar Journalisten und Influencer über verschiedene Zeitzonen verteilt am Start sind. Mit anderen Worten: Besonders in Sachen Teamwork könnte das fertige Spiel um einiges interessanter sein als dieses Vorschauerlebnis.
Außerdem kann man dann hoffentlich auch den Riesendino sinnvoll einsetzen, der ab und an zur Verfügung steht. Da übernimmt man nämlich die Kontrolle zum Beispiel über einen T-Rex, um sämtliche Angreifer mit gewaltiger Echsenpower zu überrollen – mit bestimmten Moves ganz buchstäblich sogar. Ruft man den herbei, taucht er in der Vorschauversion zwar meist am anderen Ende der Karte auf, was so frustrierend ist wie das Tier groß. Aber das wird mit Sicherheit noch korrigiert.
Wobei ich von wirklich aufregenden Missionen bisher eben nur gelesen habe. Denn einige Teilnehmer haben wohl sehr weit gespielt und recht angetan davon erzählt, während ich den Ablauf in den ersten fünf Stunden noch recht müde fand. Zum einen ist man immer nur auf diesem engen Pfad unterwegs, der zum jeweils nächsten Checkpunkt führt. Und nur an denen tauchen ja überhaupt Gegner auf.
Zum anderen hielt sich deren Menge bisher noch in überschaubaren Grenzen. Versteht mich nicht falsch: Es macht wirklich Laune, so eine Traube Saurier zurückzuschmettern. Und es ist sicher gut, die eigenen Fähigkeiten in Ruhe kennenzulernen. Aber in diesen ersten fünf Stunden war das doch ein recht gleichförmiges und spannungsarmes Crowd-Controlling. Zumal man den Schwierigkeitsgrad nicht individuell wählen kann, obwohl das gerade in modernen Koop-Shootern derzeit Schule macht.
Unterhaltsam fand ich immerhin das langsame Verbessern der Suits, da man nach und nach passive Verstärker (zum Beispiel geringere Cooldown-Zeiten oder höhere Geschwindigkeit bei geringer Gesundheit) freischaltet, aber nur drei davon ausrüsten darf. Außerdem gibt’s natürlich Aufkleber sowie Designs – besonders dann, falls ihr den Survival-Pass kauft. Zusätzlich spricht Hiraoka von wechselnden, besonders anspruchsvollen Herausforderungen, die Capcom nach Release anbieten will. Und immerhin: Dank optionalem Crossplay dürfte man immer genügend Gleichgesinnte finden.
Nein, begeistert hat mich Exoprimal bislang nicht. Melanie hat es nach der Beta schon geschrieben und ich empfinde es bislang ähnlich: Die Action wirkt wie ein sehr überschaubares Dino-Ballern, das zumindest in den ersten Stunden nicht gerade an den Bildschirm fesselt. Nun bin ich trotzdem darauf gespannt, wenn irgendwann mehr als 10.000 Ur-Echsen gleichzeitig erscheinen. So viel kann die Engine laut Technical Director Abe nämlich darstellen und dann könnte die anfangs kinderleichte Crowd-Control tatsächlich interessant werden. Wenn ein gut eingespieltes Team geschickt zusammenspielen muss, um einen solchen Ansturm abzuwehren, wird Exoprimal also womöglich seine Stärken ausspielen. Ich fürchte nur, dass der Weg dorthin etwas zäh werden könnte.