F.E.A.R. 3
Von Blut und Gewalt
Im Koop beziehungsweise im zweiten Durchgang kann Fettel auch diese verzweifelten Seelen übernehmen und bekommt so neue Werkzeuge an die Hand. Er schlüpft in ihren Körper, stürzt sich im Nahkampf auf die Feinde oder zündet seinen Wirt in der Nähe seiner Kumpanen. Ein spannender Ansatz, der viel Abwechslung verspricht und das gemeinsame Spielerlebnis weiter aufwertet. Zusätzlich könnt ihr übrigens den Point Man auch mit einem Schutzschild belegen, explosive Gegenstände auf eure Kontrahenten schleudern und mit Energie um euch ballern. Besonders auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad wird das Spiel zu einem wirklich packenden Taktik-Monster, das im Zusammenspiel eure ganze Aufmerksamkeit erfordert. Im Umkehrschluss spielt sich aber der Singleplayer nur wie die halbe Erfahrung. Wer die Wahl hat, stürzt sich also mit einem Freund in die packenden Gefechte.
Insgesamt warten acht Level auf euch. Jeder mit einem anderen Thema und mit einer anderen Stimmung. Aber leider sind nicht alle gleich gut. Besonders die zweite Mission in einem hell erleuchteten Slum bleibt eher negativ in Erinnerung. Hier kommen klar die optischen Mängel von F.E.A.R. 3 zur Geltung. Die Engine ist einfach nicht für strahlenden Sonnenschein gemacht. Katastrophale Texturen, detailarme Gebäude und eine schwache Beleuchtung vermiesen einem hier ganz klar die Stimmung – auch auf dem PC. Die dichte Atmosphäre gleicht dieses Problem zwar meistens wieder aus und in den dunklen Abschnitten fällt das alles nicht so sehr auf, doch viel zu oft wird man mit grafischem Mittelmaß konfrontiert oder wird in viel zu enge Schlauchlevel gesteckt. Da hilft es auch nicht, dass sich die Deckung zum Teil zerstören lässt und die Beleuchtung einen klaren Schritt nach vorne gemacht hat. Die Reihe braucht dringend eine neue Grafik-Engine und mehr Bewegungsfreiheit.
Doch zurück zum Gameplay: Zwei weitere Faktoren machen ein mehrmaliges Durchspielen sinnvoll. Erstens levelt ihr durch das Erfüllen von Herausforderung und das Aufsammeln von Seelen eure Figur nach oben, verpasst ihr mehr Munition, zusätzliche Lebensenergie und einen größeren Energiepool für Zeitlupe und Geist-Fähigkeiten. Selbst Anfänger können so später das Spiel auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad bezwingen. Außerdem gibt es zwei unterschiedliche Enden, die über ein interessante Mechanik bestimmt werden. Ich will nicht zu viel verraten. Es passt aber hervorragend zu Geschichte.
Um das Gesamtpaket abzurunden, haben die Entwickler noch vier Multiplayer-Spielmodi hinzugefügt, die zum Glück weit über das übliche Team Deathmatch hinausgehen. Jede Variante setzt neben menschlichen Mitspielern auch auf NPCs. In „Wehen" stellen sie die Horde, die sich eurer Verteidigung entgegen wirft. Wie beim Zombie-Modus von Call of Duty könnt ihr Türen verriegeln und schaltet über das Einsammeln von Vorratskisten Waffen frei. Die Gegner attackieren in Wellen und werden mit der Zeit stärker. Unterm Strich also nichts Besonderes, trotzdem gemeinsam mit Freunden ein netter Zeitvertreib.
Der zweite, reine Koop-Modus nennt sich auf Deutsch „Besch......er Lauf" und bietet einen interessanten Twist. Euer Ziel: Das Ende des Levels erreichen, ohne dass einer eurer bis zu drei Kollegen stirbt. Das Problem: Eine Wand der Seelen treibt euch durch den Level und ermöglicht euch kein Anhalten, kein Durchatmen. Während sich die ganze Zeit Gegner auf euch stürzen, rückt das seltsame Gebilde von hinten immer näher. Stress pur. Ohne Klassen oder sonstige spielentscheidende Elemente ist zwar auch dieser Modus nach einer Weile durch, trotzdem bietet er eine frische, neue Idee und ein bis zwei zusätzliche Stunden Gameplay. Was will man mehr?
Die letzten beiden Varianten bieten dagegen eine Versus-Komponente. Bei „Überlebende der Seelen" muss eine Gruppe von Armacham-Soldaten für eine bestimmte Zeit den Ansturm dutzender Gegner überstehen. Diese können wiederum von Geistern gesteuert werden, um den Verteidigern das Leben schwerer zu machen. Die körperlosen Angreifer besitzen dabei die gleichen Fähigkeiten wie Fettel. Können also auch mit Explosivkörpern um sich werfen und auf die Menschen ballern. Die letzte Variante, „König der Seelen", wird dagegen nur unter Geistern ausgetragen. Ihr müsst so viele NPCs wie möglich killen und deren Seelen sammeln. Gegenseitige Abschüsse bringen nichts. Ohne spezielles Upgrade-System oder sonstige Funktionalitäten werden auch diese netten Spielmodi die geneigte Fangemeinde nicht lange beschäftigen können, trotzdem ist der Multiplayer-Modus eine nette Ergänzung für Fans. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Wie bei Left 4 Dead 2, muss ich diesmal die deutsche Version abwerten. F.E.A.R. 3 verliert mit der Gewalt eben auch ein tragendes Atmosphäre-Element, auch wenn das im Zusammenhang mit einem Ego-Shooter für Außenstehende vielleicht etwas pervers klingt. Das ist hier nun mal eine düstere Horrorvision, Blut und fliegende Körperteile gehören da irgendwie dazu. Außerdem verschlechtert sich durch die Zensur das Trefferfeedback. Es fällt schwer, abzuschätzen, wann man einen Gegner erledigt hat und wann nicht. Wer sich das Spiel also im Ausland besorgen kann, sollte dort zuschlagen.
Abseits der Gewaltdebatte ist der dritte Teil eine seltsame Mischung aus gelungenen Neuerungen und anstrengenden Altlasten. Während der Koop-Modus über jeden Zweifel erhaben ist und wirklich Zusammenarbeit erfordert, sorgen die etwas verstaubte Grafik, die Schlauchlevel und die kurze Spielzeit für Magenschmerzen. Zum Glück bietet der Titel genug Wiederspielwert, wirklich intelligente Gegner, einen netten Multiplayer-Modus und eine hervorragende Atmosphäre, um diese Pein zumindest etwas zu mildern. F.E.A.R. 3 ist ganz sicher keine Ausgeburt an Originalität oder Qualität. Aber als spielbarer Horror-Thriller, gut gemachter Shooter und erstklassiges Koop-Spiel hat es auf jeden Fall seine Daseinsberechtigung. Beim nächsten Mal aber bitte mit neuer Grafik-Engine und etwas länger.
Deutsche Version:
Internationale Version:
F.E.A.R. 3 erscheint für Xbox 360, PS3 und PC. Der Vollversion liegt ein Code für den Download von zwei der vier Multiplayer-Spielmodi bei. Damit soll der Gebrauchthandel eingeschränkt werden.