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F1 2010 & MotorStorm: Apocalypse

Ordnung und Chaos

Zwei Spiele aus dem gleichen Genre und trotzdem könnten sie nicht unterschiedlicher sein: F1 2010 und MotorStorm: Apocalypse. Ok, gleiches Genre, wenn man „Rennspiel“ wählt und nicht in „Simulation“ und „Arcade-Action-Massaker“ untergliedert. Beide haben ihren Auftritt auf der E3, was können die Spiele auf vier Rädern?

F1 2010

Codemasters / Codemasters Birmingham / PC, Xbox 360, PS3 / Sept. 2010

Es gab mal eine Zeit, als Flug- und Rennsimulationen – und zwar richtig harte Simulationen bis zur letzten Schraube, nicht Actiongames mit realen Modellen nachempfundenen Fahrzeugen – ganz, ganz hoch im Kurs standen. Je realistischer, desto besser. Am Anfang bedeutete das nicht so wahnsinnig viel, schlicht weil die Hardware den Grad des Realismus drastisch einschränkte. Das war dann irgendwann kein Thema mehr und Flug oder Straße wurden super real. Das Problem dabei ist nur, dass die Realität ganz schön anstrengend sein kann. Sie erwartet, dass man sich einarbeitet und sich mit unzähligen Details befasst, bis man überhaupt halbwegs mit so einem Trumm klarkommt. Also starb die Formel 1 nach und nach an Pad und Lenkrad aus. Denn die Krux an der Sache ist auch, dass die Entwicklung einer solchen Simulation so richtig teuer ist und sich für eine so spezielle Zielgruppe nicht mehr lohnte.

Diese Lektion hat Sony recht teuer bezahlt, floppte sein Formula 1 Championship 2007 doch fröhlich vor sich hin. Codemasters zeigte 2009 Mut zur Lücke und veröffentlichte F1 2009 für die Wii und die PSP. Zusammen waren es weniger als eine Million Exemplare, die weltweit über die Theke gingen, aber offenbar war das doch die Zahl, die man sehen wollte. Jetzt, 2010, startet man auf PC, PS3 und Xbox 360 durch.

Virgin fährt hinterher. Scheint realistisch zu werden.

F1 2009 demonstrierte einen gesunden Lernprozess aus den Simulationsfehlern der Vergangenheit der Königsrennliga. Statt nur die harten Fans mit einem Hang zur Perfektion anzusprechen, lässt sich das Spiel geschickt „verdummen“. Eine Forza-artige Ideallinie mit Geschwindigkeitsmarkierungen ließ sich einblenden, das Tuning wurde auf Wunsch komplett automatisiert, man konnte, wenn man wollte, ein simples Drei-Runden-Rennen gegen die sehr anständige KI hinlegen, ohne nur einmal mit den Eigenheiten der F1 konfrontiert zu werden.

Auf genau diesen Einstieg setzt auch 2010. Holt die Action-Racer und zeigt ihnen, dass Formel 1 nicht unbedingt ein kompromissloses Auswendiglernen des Kurses und die perfekte Beherrschung der Maschine bedeuten muss, um erste Siege einzufahren. Dabei hat Codemasters das aus seinen anderen Renngames bekannte Rückspulfeature nicht vergessen, sodass niemand, der es nicht aktiv ausschaltet, weinen muss, sollte er ausgerechnet in der letzten Kurve eines zweistündigen Marathons einen Fehler machen. Der Rennmechaniker stellt den Wagen auf Wunsch nach so simplen Anweisungen wie „agressiver“ oder „mehr Balance“ ein, ohne dass ihr von Hand einen Regler verschieben müsstet.

Die trübsten Momente der F1 sind meist die spannendsten

Aber natürlich könnt ihr das tun. Das System hinter den Vereinfachungen lässt sich komplett und bis zur letzten Schraube erkunden, wodurch der Freak am Ende nicht mehr um das letzte Zehntel kämpft. Er will dieses Hundertstel haben, wenn er die volle Rundenzahl auf jedem Kurs der Saison mit allen 24 Fahrern auf dem Feld bei realen Wetterbedingungen durchkämpft. Anspruch und Zugänglichkeit, jedem das seine, jeder Renn-Fan soll auf irgendeinem Level hier Zugang finden.

Das Wetter spielt dabei eine besondere Rolle. Kaum ein Renner hat dieses Thema bisher für sich beanspruchen können. Das, was hier gezeigt wurde, macht zumindest Hoffnung, dass mit F1 2010 endlich ein wirklich ernsthafter Anwärter dafür anrollt. Regen, Nebel, die Wechselwirkung der Bedingungen für Reifen und Fahrbahn, alles soll akkurat simuliert werden. Es sieht in dem schon beinahe fertigen Build so aus, als hätte man das wirklich hinbekommen, was angesichts des großen Fahrerfeldes und 30 festen Frames eine durchaus beachtliche Leistung darstellt.

30 Frames scheinen erst einmal nicht so wild, aber das tut der Schönheit und vor allem dem Geschwindigkeitsgefühl kaum einen Abbruch. Hinter der schicken Optik der Fahrzeuge steckt aber noch mehr, denn jeder der virtuellen Rennfahrer mit den lizenzierten Namen soll seinem realem Vorbild nacheifern. Button fährt ruhig und kontrolliert, Hamilton deutlich aggressiver. Damit sollten Ideallinienzombies eigentlich ausgeschlossen sein.