F1 2015 (wobei, eigentlich folgt 2015 ja noch...)
Edelgrafik, Boxenfunk und knallharter Pro-Modus: Codemasters läutet die virtuelle Formel-1 Saison früh ein.
Forza Horizon 2, Drive Club, The Crew oder das schon am 7. Mai kommende Project C.A.R.S, wer gerne auf PC und Konsole ordentlich Gas geben will, und dabei auf authentische Automodelle und schicke Strecken steht, hat die freie Auswahl. Wer aber lieber am Steuer eines Formel-1 Boliden sitzen möchte und als virtueller Platzhalter von Fahrern wie Sebastian Vettel oder Fernando Alonso an den Start gehen mag, der muss schon zwangsläufig zu Codemasters jährlicher Lizenz-Raserei greifen.
Nach dem überraschungsfreien und fast schon altbackenen F1 2014, geht es jetzt endlich mit generalüberholter EGO-Engine und neuen Features auch auf den mittlerweile bestens etablierten Konsolen von Sony und Microsoft in die neue Saison. Auf Bandai Namcos jährlichem Level-Up Event, dem Schaulaufen der kommenden Spiele-Highlights des Publishers, habe ich mir die PlayStation 4-Version genauer angeschaut.
Und die ersten Runden auf der regenassen Piste von Singapurs Marina Bay, traditionell ein Nachtrennen unter Kunstbeleuchtung, gefallen. Neonreklamen spiegeln sich in den Pfützen, Gischt spritzt, wenn ich in waghalsigem Tempo über die kurvenreiche Strecke rase, Wassertropfen bedecken mein Visier und jeder Wagen hat ein individuelles Lenkrad. Letzteres klingt nach einem vernachlässigbaren Detail, zeugt aber von der Akribie, die die Entwickler an den Tag legen. Optisch stellt sich so ein meilenweiter Unterschied zu den betagten Vorgängerversionen ein, die Grafik protzt dabei mit extrem hohem Detailgrad der Fahrzeuge und der Strecken.
Auffällig auch der Sound. Der röhrende Klang meines hoch gezüchteten Renault V6-Motors im RB10 unterscheidet sich von denen der anderen Konstrukteure. Dank verbessertem Sound-Mapping klingen die virtuellen Wagen, deutlich unterscheidbar, ganz wie ihre Vorbilder. Apropos RB10. Ein wenig überrascht bin ich schon, das Sebastian Vettel, den ich als Fahrer gewählt habe, seinen Platz im Red Bull Team eingenommen hat. Bekanntlich fährt der erfolgreiche Heppenheimer ja in dieser Saison für Ferrari.
Das Rätsel löst sich schnell, denn leider stehen zu dem Zeitpunkt meiner Probefahrt noch keine Daten aus der frisch angelaufenen Saison 2015 spielbar zur Verfügung. Aber dafür habe man die komplette Saison 2014 integriert. Ein schöner Bonus für alle Käufer des Vorgängers, die mittlerweile vielleicht auf eine aktuelle Konsole umgestiegen sind. Wer das letzte Jahresupdate gleich ganz ausgelassen hat, darf sich natürlich doppelt freuen. Überhaupt sorgt der frühe Release-Termin Mitte Juni dafür, dass Daten mittels digitalen Updates nachgeliefert werden müssen. Änderungen im Fahrerfeld oder bei den Wagen werden zeitnah umgesetzt, die künstliche Intelligenz des Spiels den tatsächlichen Stärken und Schwächen der Teams im Verlauf der Saison angepasst. Authentizität ist Trumpf.
Also drehe ich erstmal weiter meine Runden im Vorjahreswagen und stelle erfreut fest, dass sich auch mit dem Dualshock-Controller eine gute Rundenzeit erzielen lässt. Ideal wäre natürlich der Einsatz eines Lenkrades und Pedale zum Bremsen und Gasgeben, aber mit ein wenig Übung schaffe ich es die eingeblendete Ideallinie einzuhalten und mich Stück für Stück im Feld vorzukämpfen.
Die Gegner agieren clever, bremsen meist im perfekten Augenblick, und lassen kaum eine Lücke zum Überholen. Glücklicherweise kann ich in den Einstellungen für nahezu jeden Rennaspekt einen Assistenten aktivieren, der meine Bemühungen in der Spur zu bleiben technisch unterstützt. Gerne hätte ich außer der Grand Prix Strecke in Singapur noch andere lizenzierte Pisten getestet, aber dafür fehlte die Freigabe. Diese gab es auch nicht für einige andere, durchaus spannende, Neuigkeiten, die das komplett renovierte Rennspektakel verspricht.
Da wäre zum einen der Boxenfunk, der Gespräche mit dem eigenen Techniker erlaubt. Die Sprachinteraktion nutzt dabei Xbox Kinect oder das Mikrofon der PlayStation 4 und ich kann mich über die Rennstrategie, Reifenwechsel oder Rundenzeiten mit meinem Team austauschen. Nette Idee: Bei der PlayStation 4 erklingt dann die Stimme meines Gesprächspartners aus den Lautsprechern des Controllers. Diese Sprachfunktion wird es in allen Modi geben, macht aber besonders bei dem neuen, besonders authentischen, Pro Season-Modus Sinn. Hier habe ich nur die Fahrerperspektive zur Verfügung, keine Zeiteinblendungen, keine Assistenten. Ein dauerhafter Kontakt zur Box ist dann entscheidend für Sieg oder Niederlage. Zum anderen wird es auch erhebliche Änderungen an der Präsentation des Rennzirkus geben. Codemasters strebt eine "FIFA-risierung" der Simulation an und wird das Geschen von Kommentatoren begleiten lassen, die Rennen im RTL TV-Stil präsentieren und auch das Siegertreppchen einführen.
TV-artige Rennpräsentation, Kommentatoren und Siegerehrung: Die 2015er Saison der Formel Eins wird sich im Stil der FIFA-Spiele als sportliches Großereignis zeigen. Aber deswegen nicht auf den authentischen Simulationsaspekt verzichten. Wer auf jubelnde Menschenmassen und rasante Streckenvorstellungen verzichten kann, dem erlaubt der neue Pro Season-Modus das Mitfahren und Miterleben der aktuellen Saison mit minimalistischen Möglichkeiten und realistischen Einstellungen. Grafisch liefert die angespielte Version ein richtiges Motorsport-Schmankerl und begeistert mit extremen Details und massig schicken Effekten. Neue Funktionen wir die Sprach-Interaktion mit dem eigenen Team-Techniker, die echten Motorengeräusche und die Beigabe der kompletten Saison 2014, sprechen dafür, das Codemasters nach dem halbgaren Vorgänger wieder echtes Formel Eins-Gefühl abliefert.