F1 Race Stars - Test
Ein solider Mario-Kart-Klon, dem ein wenig mehr Eigenständigkeit und Inhalt ganz gut tun würde.
Als Fan von Fun-Racern kann man sich in diesen Tagen wohl kaum über eine mangelnde Auswahl an Spielen beschweren. Aber dann wiederum ist es auch fast schon zu viel, denn wenn F1 Race Stars, Sonic & All-Stars Racing Transformed und auch noch LittleBigPlanet Karting innerhalb einer Woche erscheinen, ist das beinahe ein kleiner Overkill. Sonic & All-Stars Racing Transformed sowie LittleBigPlanet Karting haben wir bereits abgedeckt, fehlt also noch F1 Race Stars. Gegen die Konkurrenz zieht der wohl konventionellste Titel dieses Dreigestirns allerdings den Kürzeren.
Was man Codemasters zugute halten kann, ist, dass sie sich mit ihrer Formel-1-Lizenz nicht einfach nur stur auf das Veröffentlichen jährlicher Fortsetzungen konzentrieren. F1 Race Stars stellt da eine willkommene Abwechslung dar und lässt sich am besten so beschreiben: Formel 1 trifft Mario Kart. Leider hat man das Ganze aber wohl etwas zu wörtlich genommen und abseits des Formel-1-Anstrichs fehlt F1 Race Stars irgendwie das besondere Etwas, das es merklich von der Konkurrenz abheben würde. Ein LittleBigPlanet Karting hat hier seinen tollen Level-Editor und ein Sonic & All-Stars Racing Transformed präsentiert sich vor allem gameplaytechnisch deutlich abwechslungsreicher und ansprechender.
Loopings auf der Autobanhn, Legionäre in Rom
Was nicht heißen soll, dass das Spiel in irgendeiner Weise schlecht wäre. Man schafft es nur nicht, ein großes Ausrufezeichen zu setzen und die Konkurrenz auszustechen. Dabei gefällt mir vor allem der Stil des Spiels. Insbesondere auf den Strecken, die sich wahrlich farbenfroh und bunt präsentieren. Codemasters hat hier versucht, mehrere typische Elemente eines Landes auf den verschiedenen Rennstrecken unterzubringen. Auf dem Deutschland-Kurs wären das etwa eine Autobahn, der Schwarzwald oder ein bayerisches Schloss, während in Brasilien Karneval gefeiert wird, in den USA schon mal ein UFO am Himmel entlang schwebt oder in Italien ein paar römische Soldaten in Schildkrötenformation (Asterix lässt grüßen) als bewegliches Hindernis auf der Strecke dienen.
Definitiv eine tolle Idee, die verschiedenen Merkmale eines Landes auf einer Strecke umzusetzen, was auch wirklich gut geklappt hat - wie auch das zuweilen abgedrehte Design der Streckenführung mit Loopings, in den Himmel ragenden Kurven oder weiten Sprüngen an sich nichts zu wünschen übrig lässt. Leider hat man das aber nur für elf der insgesamt 20 Strecken aus dem diesjährigen Rennkalender getan. Eine zwölfte Strecke, den Kurs in Valencia, haben unverständlicherweise nur Vorbesteller als Gratis-Download bekommen. Alle anderen werden dafür gleich mal zur Kasse gebeten. Nicht gerade der beste Einstand. Durch diese eher geringe Zahl stellt sich jedenfalls relativ schnell ein Gefühl von Wiederholung ein.
Klar, es gibt zusätzlich natürlich noch verschiedene alternative Rennvarianten - etwa Knockouts, bei denen stets der Letzte aus dem Rennen fliegt oder eine Slalom-Variante, bei der ihr durch Tore fahrt und Punkte sammelt -, aber im Großen und Ganzen unterscheiden sie nicht zu sehr von der ursprünglichen Formel. Etwas mehr Experimentierfreude wäre angebracht gewesen, wobei sich aber auch die Frage stellt, inwiefern die zumeist sehr restriktive Formel-1-Lizenz das überhaupt zulässt. Spielen könnt ihr den Karrieremodus jedenfalls mit drei weiteren Mitspielern im Splitscreen-Modus - und auch in den Online-Part dürft ihr sie mitnehmen (bei maximal zwölf Teilnehmern). Dabei stehen euch erfreulich viele Einstellungsmöglichkeiten offen, ob ihr nun am Balancing der Power-Ups schraubt oder sie gleich ganz deaktiviert.
Keine Drifts und Standard-Power-Ups
Was das eigentliche Fahrgefühl anbelangt, bietet F1 Race Stars im Grunde zwar drei verschiedene Rennklassen, die Unterschiede im Hinblick auf Schwierigkeit oder Tempo sind jedoch recht marginal - und auch ein echtes Geschwindigkeitsgefühl lässt das Spiel außerhalb der Boosts vermissen. Das Handling der kleinen Flitzer bleibt stets gleich, ihr müsst in den höheren Klassen nur etwas mehr aufpassen, weil ihr ein wenig schneller fahrt, Kurven nicht mehr ganz so gut nehmen könnt wie in der niedrigsten Klasse und manchmal auch dazu gezwungen werdet, ein wenig vom Gas zu gehen. Schade ist zudem, dass verschiedene Streckenuntergründe oder ein einsetzender Regenschauer nicht in einem veränderten Fahrverhalten resultieren - die Gras- oder Sandflächen abseits der Strecke mal ausgenommen, auf denen man wie im Regen nur langsamer wird.
Hierbei ist es auch mehr als hilfreich, wenn man die Ideallinie findet, um möglichst gut durch die verschiedenen Kurven einer Strecke zu kommen, denn Drifts gibt es hier keine. Dafür hat man aber zwei verschiedene Arten von Boost-Feldern integriert. Einmal das ganz gewöhnliche, das euch direkt und automatisch einen standardmäßigen Geschwindigkeitsschub beschert. Dann wiederum gibt es die KERS-Felder, in denen ihr bis zu dreimal kurz vom Gas geht und den Trigger dann sofort wieder durchdrückt, um nach einer Kurve einen zusätzlichen Boost in bis zu drei Stufen zu erhalten. Weiterhin gibt es Blitzstarts, ihr könnt durch versteckte Schlüssel eine Abkürzung freischalten oder vom Windschatten der Konkurrenten vor euch profitieren.
Weniger gut gelungen ist der Schwierigkeitsgrad der Karriere, der doch recht schnell und unabhängig von der Rennklasse ordentlich anzieht und euch mit sehr aggressiven Gegnern konfrontiert. Das ist insgesamt etwas zu viel des Guten und die KI-Wettbewerber agieren eher zu gut, als wirklich für ein ausgewogenes Spielgefühl zu sorgen. Sie schaffen es zum Beispiel so gut wie immer, die KERS-Felder bestmöglich auszunutzen, während man selbst je nach Kurve seine Problemchen damit hat. Die Entwickler haben hier nicht das richtige Feingefühl bewiesen, allen voran in Anbetracht der Tatsache, dass sich das Spiel eher familienfreundlich präsentiert. Im Multiplayer-Modus mit menschlichen Mitspielern ist das hingegen weniger ein Problem.
Boxenstopps für Karts
In puncto Power-Ups hat man so ziemlich das Standardprogramm zu bieten. Es gibt Geschosse, mit denen ihr Gegner kurzzeitig in Blasen festsetzt, ihr verteilt Ballons, die beim Auftreffen ein wenig die Sicht blockieren, teleportiert euch ein Stück nach vorne oder rast gar in Form einer Rakete am restlichen oder zumindest an Teilen des Fahrerfeldes vorbei. Die beiden letzteren Power-Ups tauchen aber nicht ganz so oft auf, dass man ständig dadurch genervt wäre oder das Gefühl hätte, dass das alles nun ein völliges Glücksspiel wäre und man sich regelmäßig ohne jeglichen Skill an die Spitze setzen könnte. Letzten Endes hängt natürlich auch viel vom taktisch geschickten Einsatz der zufällig ausgewürfelten Power-Ups zur richtigen Zeit ab, um beispielsweise gegnerische Geschosse abzufangen oder selbst einen Kontrahenten noch zu erwischen. Wirklich F1-spezifisch sind die Power-Ups mit Ausnahme des Safety Cars, das die führenden Fahrzeuge ausbremst, allerdings nicht. Eine nette Idee ist außerdem der Schaden am Fahrzeug, den ihr durch Treffer einsteckt und der euch so verlangsamt. Fahrt dann einfach durch eine der mehrfach pro Strecke vorhandenen Boxengassen, um euer Vehikel zu reparieren.
Wie bei den Strecken umfasst das Aufgebot an Fahrern lediglich die 2012er Rennsaison, auf verniedlichte Cartoon-Varianten von Legenden wie Damon Hill oder Nigel Mansell braucht ihr also gar nicht erst zu hoffen. Schade, denn diese hätten den Platz der beiden fiktiven Teams einnehmen können, in denen unter anderem auch weibliche Charaktere in ihren klischeehaft pinkfarbenen Fahrzeugen über die Piste rasen. Großartige Unterschiede gibt es zwischen den Teams nicht wirklich. Lediglich die Tatsache, dass jedes von ihnen eine spezielle Fähigkeit hat, mit der sie etwa ihre zielsuchenden Geschosse auch nach hinten abfeuern oder das eingesammelte Power-Up austauschen dürfen, sorgt für etwas Variation. Hinsichtlich des Fahrverhaltens oder der Geschwindigkeit sind sie alle identisch.
Letzten Endes ist F1 Race Stars ein mehr als solider und nicht minder familienfreundlicher Mario-Kart-Klon mit Formel-1-Anstrich, aber eben leider auch nicht mehr. Dadurch hat man es auch nicht leicht, sich gegen die simultan erscheinende Konkurrenz in Form von Sonic oder Sackboy durchzusetzen. Wer kam eigentlich auf die Idee, all diese Fun-Racer zur gleichen Zeit veröffentlichen zu müssen? Nichtsdestotrotz macht es Spaß, in den zu Karts umfunktionierten F1-Flitzern über die Pisten zu rauschen, auch wenn es dem Spiel insgesamt an Inhalt (mehr Strecken!) und Eigenständigkeit mangelt. Und auch der Schwierigkeitsgrad hätte mehr Feintuning benötigt, um Frust zu vermeiden. Was bleibt, ist ein insbesondere im Multiplayer durchaus gelungener erster Schritt in die Welt der Fun-Racer, in dem aber theoretisch auch noch mehr drin steckt. Ich hoffe daher, dass F1 Race Stars zu keiner Eintagsfliege wird und man das Konzept weiter ausbauen kann.