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Fable III

Meine Revolution fraß alle Kinder

Ich hatte es versaut.

Das kann man wohl so sagen, wenn man als der Herrscher in die Geschichte eingeht, mit dem die Geschichte mehr oder weniger endete. Die leer gefegten Straßen machten deutlich, dass da wohl nicht mehr viel kommen würde. Es gab nichts mehr zum Aufbauen. Das Ende war erstaunlich unspektakulär und langweilig. Leider gibt es keinen Button, mit dem sich der Spiel-Avatar sich die Pistole an die eigene Stirn setzt und das Elend beendet.

Dabei wollte ich doch alles richtig machen. Der Gute sein. Keine Kompromisse, alle Versprechen eingehalten. Nun, das hat wohl funktioniert, nur habe ich damit auch die Kosten für all die guten Dinge nach hinten und die möglichen Folgen auf einen anderen Tag verschoben. Der dann deutlich früher kam, als man gehofft hatte. Mit anderen Worten: Ich verhielt mich genau, wie ein guter Politiker das tun würde. Dem Volke zum Gefallen und die Konsequenzen erledigen wir morgen. Oder übermorgen. Falls ich jemals für etwas kandidieren sollte, wählt mich bitte nicht. Es ist besser für uns alle.

Fable III ist ein überraschend konsequentes Spiel. Inzwischen dürfte hinlänglich bekannt sein, dass die ersten drei Viertel des Spiels ungefähr das sind, was man von Fable kennt. Nur viel besser, aber dazu später mehr. Der wirklich neue Aspekt kommt im letzten Abschnitt, in dem ihr die Macht über Albion habt. Zumindest in gewisser Weise. Es gibt hier kein nennenswertes Staatsmikromanagement, ihr lenkt keine Armeen in Echtzeitstrategieeinlagen. Es geht ums Große, die ganz wichtigen Entscheidungen, die man für euch auf etwa 20 Ja-Nein-Entschlüsse herunterbrach, eigentlich lebensfremd in dieser plakativen Form, aber eben deshalb auch so eindringlich und sinnbildlich für das, worum es geht.

Klar geht es um höhere Ideale. Aber diese Revoluzerkiste bietet auch andere Pay-offs, wenn es klappt.

Die Frage am Ende lautet wirklich, ob ihr in der Lage seid, das zu tun, was nötig ist und in den sauren Apfel der Unpopularität zu beißen, ob ihr die Ärmel hochkrempelt oder ob ihr euch durchlaviert. Das Spiel verdeutlicht mit einfachen Mitteln effektiv seinen Standpunkt, der ungefähr so lauten könnte: Der Mann am Ruder in harten Tagen sein zu müssen, macht meistens echt keinen Spaß. Was man auch macht, man macht es falsch und aus einer solchen Ecke herauszukommen, erfordert viel harte Arbeit oder ein Herz aus Eis. Der einsame, aufgezwungene Entschluss am Ende des zweiten Teils war nichts dagegen.

Dem Spieler wurde die Pistole dort sprichwörtlich auf die Brust gesetzt. Hier müsst ihr es ja nicht tun. Ihr könnt ja einfach das Waisenhaus aufbauen, die Steuern senken und euren Weggefährten alle anderen Wünsche von den Lippen ablesen. Die Konsequenzen sind dann aber allein eure. Ich muss zugeben, dass ich nach meinem ersten Durchgang von der Härte dieses Spiels, seinem stummen und damit noch bittereren Zynismus wirklich überrumpelt wurde. Ich bin in solchen Spielen eigentlich zuerst immer der Gute. Es liegt einfach in meiner Natur. Und das Böse hat in den Games nie viel zu bieten. Bis Fable III kam. Man hört es förmlich rufen: „Hey, es kann alles ganz leicht sein. Wähle mich. Ich löse das Problem. Du wirst auch nie wieder davon hören. Und sie werden schon nicht zu sehr heulen." Das erste Mal lauschte ich sehr interessiert dieser schmierigen Stimme im Hinterkopf. Und folgte ihrem Rat. Für Albion. Was ist schon der Preis einer Seele entlang des Weges. Aber war es nur meine? Oder war es doch die Seele der Welt?

Endlich bekommt die Idee, die wahrscheinlich schon immer ein wenig in Fable schlummerte, sich in Teil 2 weiter herauskristallisierte und jetzt zur Reife findet, eine Form, die nachvollziehbar wird. Bisher war Fable für mich keine Geschichte in dem Sinne, es war ein zweidimensionaler Zustand voller spannender und teilweise großartiger Spielmechaniken, die für sich genommen schon viel wert waren, aber etwas fehlte einfach. All das brauchte eine Richtung, eine Bestimmung, wenn ihr so wollt. Und Fable III ist die Erfüllung dieser Bestimmung.

Alle Elemente, sei es das durch das Land questen, das Häuserkaufen, Heiraten, Kinderzeugen oder all die kleinen Aspekte links und rechts des Weges ergeben diesmal ein Gesamtbild, weil der Überbau der Welt, ihre Geschichte und damit eben eure Geschichte eine Relevanz durch sie bekommt. Diese kleinen Dinge sind etwas, das man lieb gewinnt, mehr als man es erst einmal merkt. Das war auch bei Teil 2 so, aber sie waren ja nie wirklich in Gefahr. Die Geschichte passierte losgelöst. Hier steht zum Schluss all das auf der Kippe. Ihr könnt es retten, aber dann verliert es vielleicht seine Seele. Ihr könnt das Wesen der Welt bewahren, wie ihr sie formtet, würdet sie selbst dabei aber wohl zerstören. Beides schmerzt plötzlich, weil man nach 15 oder so Stunden in dieser unheimlich plastischen und lebendigen Welt realisiert, wie sehr man sie mag.

So sehr ich den Handlungsansatz von Fable III auch lobe, er hat einen echten Fehler. Ich kann ihn leider nicht verraten, ohne zu spoilern, daher verzeiht, wenn ich abstrakt bleibe. Ich reite gerne auf etwas herum, was man willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit nennt. In einer konstruierten Story gibt es Elemente, die man nicht zu sehr hinterfragen sollte, da das Ganze sonst wie ein Kartenhaus in sich zusammenfallen könnte. Auch Fable III hat so einen unschönen Moment, in dem man sich schon die Frage stellt, warum man das jetzt nicht einfach ein wenig anders handhaben könnte und dann wäre doch alles gut. Es steht hier an der Grenze. Ich bin halbwegs strikt, was solche Dinge angeht und ich komme hier damit klar. Auch weil ich es im Rahmen des Ziels des Spiels akzeptieren kann. Schön ist es trotzdem nicht, zumal sich die Schreiber offenbar dieses Handlungskraters bewusst waren und versuchten, ihn mit ein paar halbherzigen Extrazeilen zu kitten. Was bedingt funktioniert.