Fable III
Meine Revolution fraß alle Kinder
Es gibt noch Ruinen, die bis in die Zeit des ersten Fable zurückreichen und im entfernten Brightwall kurz vor den Bergen bleibt so ziemlich alles beim Alten. Und in den Bergen selbst, da sind immer noch die Räuber. Fables Spielwelt war schon immer ein der großen Stärken der Serie und der dritte Teil baut dies noch weiter aus. Die Optik selbst gehört zum oberen Bereich der Xbox-Liga. Es gibt Spiele, die technisch weiter vorn liegen, wie beispielsweise das gern genannte Red Dead Redemption, aber das stimmige, ein wenig kitschige Design, zusammen mit solider technischer Kompetenz, lässt das Spielgefühl visuell aufleben.
Beim Sound kombinierte man bekannte Stücke mit ein paar neuen Kompositionen zu einem sehr anständigen Score, der aber locker von der erstaunlich kompetenten deutschen Synchro – wer John Cleese als Butler hören möchte, muss warten, die englische Tonspur wird als Download nachgeliefert – in den Schatten gestellt wird. Endlich mal ein Spiel, das seine Lokalisierung nicht als lästiges Hindernis abwickelt.
Sei es die Stimme des eigenen Helden, seiner wichtigen Mitstreiter bis hinunter zum letzten Bauern. Jede Zeile sitzt und das nicht nur akustisch. Kompetente Schreiber mit einem gesunden Maß an britischem Humor hauchen den Figuren Leben ein. Diese sind einem plötzlich wichtig und das ist unendlich weit mehr, als ich von Fable II sagen kann.
Vor allem sind die Bewohner nicht mehr so aufdringlich, was der Glaubwürdigkeit einen echten Schub gibt. Ja, ihr seid beliebt – oder auch nicht – und man ruft euch im Vorbeigehen auch was zu. Aber dass jedes Mal in Sekunden ein Mob mit Tausenden von Symbolen auf dem Kopf das Weiterkommen erschwert, diese Zeiten sind glücklicherweise vorbei.
Eure Beziehung zu jeder der immer noch einzigartigen Personen wird erst dann angezeigt, sobald ihr vor ihr steht. Es gibt jetzt auch keine Gruppen–Bespaßung mehr, ihr müsst euch den Individuen einzeln widmen. In einem Extra-Screen schweben die Möglichkeiten, jeweils eine für positives Interagieren, eine für negatives und gelegentlich auch für Extras wie Heiratserklärungen. Im Prinzip haben die Designer recht, wenn sie sagen, dass dies eine ausreichende Unterteilung ist. Ihr könnt nicht mehr wählen, welche negative Geste im Speziellen genutzt wird, sondern ihr nehmt halt die angebotene und die nächste wird eine andere sein. Spielerisch und im Ergebnis völlig legitim, nur wird sich sicher der eine oder andere daran stoßen. Ich nicht. Weil alle niedlich und lustig animiert sind und man so mit der Zeit ja auch alle nutzt. Zu Beginn sind übrigens kaum Gesten vorhanden, sondern ihr müsst sie erst freischalten. Aber nicht mit Erfahrungspunkten, weil dies ja kein RPG ist. Stattdessen gewinnt ihr Anhänger. A rose by any other name und so weiter...
Für Kämpfe, erfüllte Quests oder Interaktion mit der Bevölkerung sammelt ihr Punkte, mit denen ihr Stationen auf einer mystischen "Straße zum Sieg" freischaltet. Diese geisterhafte Welt erreicht ihr auch jederzeit über eure Kammer. Hier bekommt ihr nach gelösten Hauptmissionen nicht nur weise Worte der obligatorischen blinden Seherin, sondern auch Kisten mit Gesten, Fertigkeiten, Verbesserungen für die Mini-Games, damit sie mehr Geld abwerfen, und natürlich neue Kampf- und Magieeigenschaften.
Der Kampf selbst stellt natürlich wieder einen guten Teil des Spiels und so ist es nur konsequent, dass man noch einmal an der schon in Teil 2 ordentlichen Spielbarkeit feilte. Erst einmal kann man immer noch nicht sterben. Peter Molyneux will das nicht, also passiert es nicht. Ich kann hier aber angesichts der größeren Handlungsebene gut darüber hinwegsehen. Auch wenn es etwas von der Dramatik aus dem letzten Bosskampf nimmt. Immerhin gibt es diesmal einen letzten Bosskampf.
Die Unsterblichkeit dürfte bei vielen ein ganz großer Kritikpunkt sein und ich kann das gut verstehen. Normalerweise würde ich auch argumentieren, dass eine Leistung größer wird, sobald man die Chance hat zu versagen. Ich hatte mir auch vor dem Test bereits fest vorgenommen, darauf herumzureiten. Und dann störte es mich beim Spiel doch nicht mehr. Ich bin auch nicht oft gestorben, die Kämpfe sind an sich schon nicht so wahnsinnig schwierig. Es ist der inhaltliche Überbau, der solche Tode von vornherein hinfällig werden lässt. Ihr seid der Held, der die Revolution zum Sieg führt. Diese Figur wird nicht von Räubern im Wald gekillt. Sie entscheidet über das Schicksal der Welt mit einem Federstrich. Plötzlich verschieben sich die Dimensionen. Ihr könnt vielleicht nicht sterben, aber die Welt kann es und jeder in ihr. Und außerdem machen die Fights Laune.
Das Grundprinzip, aufbauend auf den drei Tasten für Nahkampf, Fernkampf und Magie plus eine vierte zum Ausweichen, blieb unangetastet, nur basieren die Kombos nicht mehr ganz so sehr auf dem Rhythmus, sondern... ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher. Die KI übernimmt einen klitzekleinen Teil eurer Rolle und versucht, möglichst dramatische und schön anzuschauende Sequenzen hinzubekommen.
Das heißt nicht, dass es zu simpel wird, schließlich werdet ihr beinahe grundsätzlich von ein bis zwei Dutzend Söldnern, Skeletten oder anderem Kroppzeug umringt. In Bewegung zu bleiben ist der Schlüssel, tut ihr es nicht... passiert nicht viel. Ihr verliert ein ganz klein wenig an Erfahrung, das war es. Nicht mal mehr Narben kann man sich so richtig einfangen.
Am Konzept der Waffen und Zauber selbst wurde ein wenig geschraubt. Ihr bekommt zu Beginn gleich sogenannte Heldenwaffen gereicht und diese bilden den Grundstock, was den Schaden angeht. Andere sind erst einmal nicht besser, geben euch in bestimmten Situationen allerdings Boni und lassen sich steigern, indem ihr sie in diesen Situationen ausgiebig nutzt. Beispielsweise sollt ihr ein paar hundert Untote mit einer bestimmten Pistole erledigen, dann erhaltet ihr den vollen Schadensaufschlag. Die Zauber – Feuer, Eis, Wind, Machtstoß, was man so kennt halt – lassen sich kombinieren, indem der Charakter zwei verschiedene Magiehandschuhe überstreift. Der Schaden ändert sich nicht generell großartig, kann aber gegen bestimmte Feinde effizienter sein. Genug Möglichkeiten also, wobei ich sagen muss, dass ich aus Bequemlichkeit beim Startsortiment blieb und damit nicht schlecht - nur vielleicht nicht optimal - gefahren bin.