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Fairytale Fights

So schön das Märchen, so fies das Leben

Letztlich sind die Feinde aber nicht eure größte Gefahr. Ein Blick auf die Statistik zeigte mir, dass gerade mal ein Fünftel meiner Tode auf das Konto der drolligen Widersacher gingen. Der Rest fiel in die Sparte „Unfälle“. Mein debiles Rotkäppchen wurde von Baumstämmen überrollt, stürzte in Abgründe, ließ sich von Feuersbrünsten grillen und auf viele andere Arten inhumieren. Das lag jetzt nicht einmal daran, dass die ausgesprochen linearen Level so dermaßen kniffelig aufgebaut wären, dass man lange rätseln müsste. Der Schuldige ist die Sprungsteuerung, die in der dritten Dimension auf einem 2D-Bildschirm nicht gut funktionieren kann, wenn man die nicht kontrollierbare Kamera ewig weit herauszoomt und der eigene Schatten meist kaum erkennbar bleibt. Und das ist hier ein 40 Zöller. Nicht Godzilla, aber auch kein Winzling unter den Displays. Viel Glück auf einem 26er oder Low-Res.

Dass Sprung und Beschleunigung mit einer gewissen Trägheit arbeiten und die Ausführung schon mal auf sich warten lässt, hilft ebenso wenig wie der Umstand, dass sich das Spiel nicht zu schade ist, euch schon mal mitten in einer Feuerfalle oder über einer Fallgrube respawnen zu lassen. Und dass dies nicht das frustigste „Beiss-ins-Pad“-Erlebnis des Winters wurde, verdankt es nur einem einzigen Umstand: ihr habt unendlich Leben. Wirklich, ihr könnt nicht richtig sterben. Nur wenn ihr wartet, bis der Zähler nach dem Ende der Lebensenergie von Zehn auf Null runter ist, werdet ihr zurück in das sinnlos komplizierte Hauptmenü eines niedlichen, aber letztlich redundanten Dörfchens geworfen.

Die einzige Strafe besteht im Verlust von Schätzen, die ihrerseits jedoch wiederum keinen echten Nutzen haben. Im Dorf lässt sich damit zum Wohle der eigenen Eitelkeit eine Statue zimmern und in den Leveln finden sich Wunschbrunnen, die gegen Bares Waffen ausspucken. Leider sind die Waffen, die ihr sowieso zuhauf sammelt, eh meist genauso gut. Also schmerzt der Verlust von Schätzen und damit Leben kein Stück. Das verleitet mitunter zu fatalistischen Neigungen ab der zweiten Spielhälfte. Hier wiederholt das Spiel schamlos einige Abschnitte immer wieder und lässt euch gegen Horden von Gegner kämpfen, ohne euch Waffen zu geben. Aber das macht nichts, denn mit den Fäusten klappt es ja auch. Es dauert, aber ihr werdet gewinnen. Müssen. Es gibt keine Niederlage. Mehr als einmal war ich versucht, einfach apathisch den Zähler durchlaufen zu lassen.

Fairytale Fights - Kettensägen Trailer

Als reines Solospiel wäre Fairytale Fights ein kompletter Unfall, den selbst die stellenweise wirklich witzigen Bossfights gegen Riesenbiber, wahnsinnige Pinocchios oder eine Menge anderer leicht abgewandelter Märchenfiguren nicht verhindern könnten. Um mit diesem Märchen Spaß zu haben, müsst ihr die klösterlichen Grundregeln beachten: Gemeinschaft und Bier.

Vier Spieler, jeder ein Sechserträger, dann hält das hier zumindest ein oder zwei Stündchen die Freude an der Metzelgewalt aufrecht. Nicht dass es gegen die Monster mehr Laune machen würde, aber betrachtet ihr die Möglichkeiten für Playerkills und unendlich Leben in Verbindung, dann wartet hier ein sehr fröhliches Kleingruppenmassaker zu viert auf einem Screen oder wahlweise Online. In der Story oder in der Arena, in bestimmten Leveln oder durch die ganze, vollkommen bekloppte Kampagne hindurch. Egal, seid einfach nur zu viert, metzelt euch gegenseitig ab und habt den größten Spaß, der sich hier finden lässt.

Ach, und solltet ihr euch fragen, was sich da so enervierend beim Spielen ins Ohr bohrt: Das ist der Soundtrack mit seinen infernalen Porno-Fahrstuhl-Klängen. Der lässt sich zum Glück abschalten, so dass ihr die hervorragenden Effekte pur genießen könnt.

Am Ende ist Fairytale Fights Langeweile und Frust in Tüten. Zugegeben, diese Tüten sind geplatzte und triefende Blutbeutel, die das ganze debile Märchen wundervoll tief ins Rot tauchen, aber der Inhalt bleibt derselbe. Alleine frustriert die Sinnlosigkeit des eigenen Tuns, die absolut auf Null liegende Herausforderung und die Macken in der Steuerung sehr schnell. Mit drei Mitspielern sieht es zumindest für ein oder zwei Extrastunden deutlich besser aus. Hackt euch gegenseitig zu Klump und genießt es.

Dabei ist dies nicht mal ein ganz harter Verriss, denn Fairytale Fights bietet durchaus etwas für das Geld, nur sollte ihr euch sehr genau überlegen, ob es das ist, was ihr für sportliche 50 Euro oder mehr wollt. Das mit dem deutlich kleineren Preis hierzulande war wohl ein Gerücht. Playlogic setzte seinen Traum der schwarzhumorigen, verdrehten Märchenwelt mit so viel Wonne und Freude um, dass sich schon allein für diese Reize der Ausflug nach "Es war einmal..." lohnen kann. Aber das ist ein ganz dick geschriebenes „kann“. Und für die meisten bleibt am Ende nur ein trauriger Fall von "Schön gemacht, aber hätte man zuerst gedacht, dann hätte das hier was gebracht". Autsch, dieser Reim tut fast so sehr weh wie der Soundtrack…

Fairytale Fights ist ab sofort für Xbox 360 und PS3 erhältlich.

4 / 10

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