Fall Guys ist immer noch das beste Casual-Spiel. Ich glaube, das ist das Problem
Schnell rein, noch schneller wieder raus.
Fall Guys macht’s noch einmal, was? Nachdem der Titel zum Start im August 2020 schon den Rekord des erfolgreichsten PlayStation-Plus-Spiesl einheimsen konnte – eine Plattform, auf der wohlgemerkt auch Rocket League debütierte, das ebenfalls Geschichte schrieb – meldete Epic nach der Umstellung auf Free-to-play 50 Millionen Spieler in zwei Wochen. Eine Meldung, die ohne große Worte glasklar die Stärken des netten, aber verbissenen Hüpfers unterstreicht, wenn man genauer darüber nachdenkt.
Denn es ist nun einmal so: Fall Guys versprüht einen endlos willkommen heißenden Vibe. Wenn man sie so sieht, diese Bohnen in ihren gnadenlos durchkommerzialisierten, aber dennoch immer charmanten Lizenzkostümen und ihren knalligen, aber doch geschmackvoll gewählten Farben, will man einfach mitmachen. Es sieht direkt aus wie eine offenherzige, soziale und auf maximalen Spaß bedachte Party, auf der man am liebsten sofort mittanzen würde.
Die Disziplinen, in denen man sich mit 60 anderen Spielern misst, sind genial selbsterklärend. Sie sind flink gestartet und genauso schnell wieder vorüber und das Zufallselement sorgt dafür, dass die eigene Fingerfertigkeit zwar eine Rolle spielt, man aber nicht automatisch chancenlos ist, weil es Spieler gibt, die ihre Bohne schon besser unter Kontrolle haben. Eine niedrige "Skill-Ceiling" nennt man das wohl und in diesem Spiel ist sie ausnahmsweise mal der Grund, dass das Spiel funktioniert.
Keine Frage, Media Tonic hat konzeptionell und gestalterisch so vieles richtig gemacht, dass es leicht fällt, den Erfolg dieses Spiels nachzuvollziehen. Und doch hat es nur vier oder fünf Runden in der Free-to-play-Version gebraucht, um mir klarzumachen, dass dieser Erfolg nicht von Dauer sein kann. So schön es auch ist, sich im lustigen Wettrennen an die Spitze zu setzen, und sich von Kollege Zufall helfen zu lassen, so schnell flacht die Freude darüber auch wieder ab. Denn so recht verdient ist es selten, wenn man sich an die Spitze setzt.
Irgendwann braucht es dann nur noch ein, zwei Niederlagen in einer frühen Match-Phase, damit einem die Lust auf einen neuen Anlauf restlos vergeht wie ein Zuckerhoch. Es ist ein sehr altes Problem, diesen Spagat zwischen Zugänglichkeit und Anspruch stabil hinzulegen und Fall Guys ist noch reichlich am Wackeln. Die Battle Royales haben das immer exzellent hinbekommen, aber hier sind auch einfach mehr Variablen im Spiel. Hier sorgt der Zufallsfaktor dafür, dass man gute Chancen hat, eben nicht schon früh einem Spieler mit 3er K/D vor die Flinte zu laufen.
Zudem hat man durch ein wenig Loot-Glück und taktisch kluge Bewegung über die Karte alle Chancen, auch ohne Kolibri-Reflexe und die Hand-Augen-Koordination eines NBA-Shooting-Guards einen Sieg zu landen oder zumindest eine hohe Platzierung zu erreichen. Bei Fall Guys wird sie einem nicht einmal angezeigt, weil seine Spieler gruppenweise rausfliegen. An ein Spiel mit so kurzer Halbwertszeit eine recht ambitionierte Monetarisierung samt Season-Pass zu hängen… ich bin nicht sicher, ob es sich auszahlen wird.
Fall Guys' Zugänglichkeit ist seine größte Stärke und sein Kryptonit zugleich – und der Grund dafür, dass dieses Spiel keine allzu langen Beine haben wird. Wenn ich mir seine Protagonisten so anschaue, ist das wohl nur konsequent. Aber wie sagte schon ein großer Philosoph: Nichts ist nur deshalb schön, weil es überdauert. Fall Guys zieht auch aus dem kurzen, intensiven Schub ebenso harm- wie rücksichtslosen Spaßes schon mehr Schönheit als die meisten anderen Spiele. Für den Moment – und immer mal wieder für zwischendurch, vielleicht in einer Party mit entfernten Freunden oder Verwandten – ist mir das Grund genug, es erst mal installiert zu lassen.