Fallout 3
Apokalyptisch
Deutlich besser funktioniert das Kampfsystem. Shooter-Fans können einfach drauf los ballern, per Knopfdruck die Gegner anvisieren oder aber das VATS-System nutzen. Dieses System ermöglicht es Rollenspiel-Fans, ohne das lästige Zielen durch das Spiel zu kommen. Einmal aktiviert, wird die Zeit angehalten und Ihr könnt Aktionspunkte in gezielte Schüsse auf den Gegner investieren.
Je nach Entfernung und Größe des Ziels werden für die einzelnen Körperteile Trefferchancen angegeben. Es ist Eure Entscheidung, ob Ihr zum Beispiel lieber vier Schüsse auf den Körper des Gegners abgebt mit einer Chance von 90 Prozent oder aber auf den Kopf, mit einer Chance von 40 Prozent. Theoretisch könnt Ihr in diesem Modus auch mehrere Gegner gleichzeitig beschiessen, in der vorliegenden Version war diese Funktion aber noch fehlerbehaftet. Nur die Treffer auf den ersten Gegner landeten im Ziel, der Rest ging komplett daneben.
Die Auswirkungen dieser gezielten Schüsse fallen recht unterschiedlich aus: Wird ein Bein getroffen, bewegt sich das Mistvieh langsamer, zerschießt Ihr einen Arm, schränkt Ihr die Offensivfähigkeiten ein. Und mit einem Kopftreffer macht Ihr doppelt so viel Schaden. Während der Schüsse wird die Zeit verlangsamt und die Zerstörung eines Körperteils mit einem hübschen Splatter-Effekt untermalt. Langsame Gegner wie Ghoule und Mutanten lassen sich auch im Shooter-Modus erledigen, kleine, flinke Insekten solltet Ihr lieber mit dem VATS-System vom Himmel holen. Ihr verbraucht sonst zu viel kostbare Munition und steht bei starken Feinden plötzlich mit leeren Händen da.
Deutlich komplexer wird es, wenn Ihr eines der „Dungeons“ in Form von Fabriken, Bunkern und Gebäudekomplexen betretet. Dort ändert sich die Stimmung schlagartig und Fallout 3 verwandelt sich in einer Horror-Shooter. In den dunklen Gängen gibt es jede Menge Ausrüstung und Kronkorken zu finden, die in der Welt von Fallout 3 als Zahlungsmittel fungieren. Das Layout der Dungeons wird diesmal laut Game Director Pete Hines nicht zufällig generiert, sondern per Hand zusammengebaut.
Leider wirkten die bereisten Locations trotzdem sehr generisch und hatten wenig Besonderheiten zu bieten. Boss-Monster oder wertvolle Schätze sucht man scheinbar auch in Fallout 3 vergeblich. Das höchste der Gefühle in Bunker 84 war eine etwas bessere Pistole und passende Munition, viel zu wenig für 20 Minuten Spielzeit und einen langen, nervigen Rückweg. Immerhin wird die verwinkelte Struktur immer wieder durch besondere Strukturen und Bauwerke aufgelockert, denen momentan aber noch die spielerische Rechtfertigung fehlt.
Außerdem erfordern neue, deutlich stärkere Gegner Eure ganze Aufmerksamkeit. Zombieartige Ghoule sind zwar nicht sonderlich schnell, stecken aber jede Menge ein und hauen kräftig zu. Gerade im Rudel bereiten sie so einiges Kopfzerbrechen. Da kann es sinnvoll sein, sich schleichend fortzubewegen, da man unentdeckt sofort einen kritischen Treffer landet. Wirklich in Bedrängnis gerieten wir aber selten. Der Schwierigkeitsgrad wirkt sehr moderat und scheint Euch zu Beginn vor keine allzu große Aufgaben zu stellen. Der Levelaufstieg wird diesmal übrigens ganz normal über Erfahrungspunkte geregelt. Einfaches Gegnerkillen oder Quest lösen genügt also. In der knappen Stunde erreichten wir fast Level 2. Die Ruhepause nach Eurem Aufstieg ist übrigens nicht mehr nötig. So könnt Ihr direkt im „Dungeon“ Euren Pip-Boy aktivieren und von den besseren Werten profitieren.
Selten war es so schwierig, nach einer Stunde Spielzeit eine Einschätzung abzugeben. Einige Punkte stimmen zuversichtlich (Kampfsystem, Humor, Atmosphäre), andere bereiten eher Kopfzerbrechen (Optische Abwechslung, Bedienung, Dungeons). Doch für Fans der Endzeit-Materie kann man schon jetzt Entwarnung geben. Fallout 3 fängt das Szenario perfekt ein und liefert eine herrlich morbide Interpretation ab. Auch Rollenspieler können beruhigt aufatmen, dank dem VATS-System müsst Ihr Euch nicht auf pixelgenaue Feuergefechte einlassen und könnt in Ruhe Eure Züge planen. Eine gekonnte, zufriedenstellende Zwischenlösung, die Schule machen sollte.
Trotzdem bleibt die Frage, ob Fallout 3 die Klasse von Oblivion erreichen wird und sich im Marktumfeld gegen Titel wie Borderlands behaupten kann. Viel hängt von der Story, den Quests und der Charakterentwicklung ab. Dinge, für die man Zeit braucht, die sich nicht in einer kurzen Session abfrühstücken lassen. Ein wenig enttäuscht, aber immer noch voll freudiger Erwartung schaue ich also dem Release entgegen. Momentan wirkt der Titel noch wie ein Oblivion in der Zukunft. Zu wenig, um es an die Genre-Spitze zu schaffen, aber genug, um in meiner Wunschliste unter den Top 3 zu landen und es sich hinter Dawn of War 2 und Dead Space gemütlich zu machen.
Fallout 3 erscheint im Herbst 2008 für Xbox 360, PC und PS3.