Far Cry 5 - Ballern geht schon mal!
Das auch in Schönheit.
Nachdem ich zuletzt ein paar Worte darüber verlor, wie Far Cry wachsen könnte, wird es nun Zeit, sich den Grundlagen zu widmen. Den Dingen, die man in einer kurzen Anspielsession mitnehmen kann, nicht denen, die erst lange Stunden in der offenen Welt zeigen werden. Einfach gesagt: Wie spielt sich Far Cry 5 als das, was es am Ende des Tages in seinem Herzen ist: ein Shooter. Die wenig überraschende Antwort: Fantastisch!
Sollte das irgendjemanden doch überraschen: Warum? Das Team macht das jetzt nicht zum ersten Mal, seit Teil 3 gibt es an den Grundlagen wenig zu monieren und es gibt eine solide Steigerungskurve, was Handhabung des Arsenals, Waffen- und Trefferfeedback und die generelle Bewegung der Figur angeht. Ihr lenkt euren erstmals selbst zu definierenden Avatar behände über viel Stock und Stein. Das Anvisieren der mehr als zahlreichen Widersacher fühlt sich natürlich an und vom ersten Eindruck her habe ich eigentlich nur auszusetzen, dass das direkte Trefferverhalten ruhig so wuchtig sein dürfte, wie es sich vom Feedback der Waffe her anfühlt. Ihr entleert mit den Schrotflinten, die mir das Spiel in dem Demo-Build zugestand, schon mal ein, zwei Magazine in einen Wolf, bevor der etwas unmotiviert umkippt. Wolfenstein zeigt, wie es geht, aber keine zu große Sorge: Ein Ausflug in die Liste der Waffen, die später kommen, zeigte, dass ich wohl einfach noch nicht richtig ausstaffiert war.
Das bestätigt auch das Anspielen des eigentlichen Intros, in dem die eigene Bewaffnung und die Gegnerlevel scheinbar deutlich besser zusammenpassten. Der erste kleine Außenposten der Mittelwest-Kultisten musste gestürmt werden und eine Mischung aus ein wenig Stealth mit viel Firepower als Finale zeigte das. Erst einmal wird aus dem Unterholz das Lager ausspioniert und alle Feinde wie gewohnt mit dem Fernglas markiert. Mit der Allwissenheit der omnipräsenten Umrandung ausgestattet wird herangeschlichen, auf eine kleine Hütte geklettert und langsam an den Dachfirst herangepirscht. Was folgte, war Shooter-Hollywood. Die Wache, die direkt vor dem Haus stand, sah, wie ein Lauf sich langsam über den First schob, ihre Verwunderung mit einer Kugel beendet, ein schneller Wechsel zum AR-15 und drei schnell Bursts zu den Wachen weiter hinten. Die Dritte ging gerade noch rechtzeitig in Deckung, aber die Umrundung lügt nicht, ein unvorsichtiges Vorstrecken des Kopfes und schon war der Außenposten mein. Und meine Güte, so ein AR-15 ist echt eine gefährliche Waffe, also ich würde sowas ja verbieten.
Der grundsätzliche Fluss des Spiels scheint sich auch ohne seine Türme nicht groß verändert zu haben, auch wenn die Progression sich ein wenig natürlicher anfühlt. Konntet ihr zuerst alle Türme ablaufen, um alles auf der Karte freizuschalten, bekommt ihr hier ein paar initiale Hinweise, wo was zu finden ist, dort gibt es dann weitere Hinweise, die neue Punkte auf der Karte einzeichnen und so weiter. Es hängt alles davon ab, ob ihr die Orte absucht und über was ihr stolpert und das dann absucht. Ihr arbeitet euch dabei diesmal aus der Mitte der karte heraus vor. Die Welt ist grundsätzlich in drei Gebiete aufgeteilt. Nördlich befinden sich Felder und Wälder in hügeliger, grüner Landschaft, der Südwesten, den ich noch nicht sah, sieht auf der Karte irgendwie etwas flacher und grüner bewuchert aus und der Südosten lehnt sich landschaftlich an den Grand Canyon und die großen Ebenen an. Genug Auslauf gibt es auf jeden Fall, ob die Karte jetzt die größte eines Far Cry überhaupt ist, weiß ich allerdings nicht.
Nicht, dass es eine Rolle spielen würde. Reine Größe in einer Open World ist heutzutage so billig wie CG-Effekte im Kino und interessiert nicht mehr wirklich. Die Frage ist eher, ob die Welt detailliert ist und sich natürlich und organisch anfühlt. Ubisofts eigenes Assassins's Creed: Origins und natürlich GTA V gehören hier zu den Königen. Kann sich Far Cry 5 hier einreihen? Nun, der erste Blick darauf sagt, dass es zumindest den Versuch startet. Gebäude und Straßen wirken authentisch genug, auch vom Hubschrauber aus hat man ein unglaubliches Gefühl für die Weite der Landschaft, die hier nur durch die extra für die Demo gezogene unsichtbare Grenze ausgebremst wurde.
Der Hubschrauber bringt uns auch zu einem inhaltlich spannenden Punkt. Nun, nicht wirklich spannend. Es wird wohl irgendeine lahme Erklärung geben, mal gucken, was sie ist. Ihr beginnt das Spiel mit einem Team aus US Marshall und Sheriff, um einen Haftbefehl auszuführen. Ihr alle verschwindet von der Karte. Ich weiß, die USA sind nicht um Bestzustand, aber wenn ein solcher Vierertrupp verloren geht, dann kommen Leute mit Ausweisen und Waffen, um zu gucken, was los ist. Spätestens an dem Punkt, an dem ich meinen Heli hatte: Warum fliege ich nicht zur nächsten Stadt und rufe diese Leute an? Sicher, der Kult ist in seinem Tal mächtig, aber ich bezweifle, dass er einen Iron Dome gebaut hat, um alles aus der Luft zu holen, was kommt und geht. Oder doch? Wir werden sehen.
So oder so, ob Boden, Wasser oder Luft, ihr habt jede Menge Fahrzeuge und in einer 20-minütigen Orgie aus Kugeln und Fahrerflucht erlebte ich eine ganze Menge Open World, als zahme Kultisten-Wölfe plötzlich von marodierenden Bären angefallen wurden, ein Hubschrauber in einen Jeep donnerte, der mich verfolgte - wer auch immer, warum auch immer - und ich schließlich meinen eigenen KI-Begleiter töten musste, weil er mir immer den Hubschrauber klauen wollte. Ich rief den Heli, er sprang rein, flog auf 30 Meter hoch und wusste dann nicht weiter. Das ging natürlich nicht, also erledigte ich ihn und konnte selbst starten. "Frank Harring is temporarily unavailable". Das kann man wohl laut sagen. Schade, er hat einen schönen Überflug verpasst.
Mission um Mission, durch Nebenquests und Außenposten arbeitet ihr euch dann durch die Karte und näher an die Antagonisten, die Seed-Familie. Diese passen perfekt in das Far-Cry-Schema und ehrlich gesagt: Nach all dem Brimborium, der um die Seed-Familie als authentischer Kult gemacht wurde, hätte ich etwas mehr Subtilität erwartet. Nicht, dass es keine verrückten Nazi-Jesus-Weltuntergangsgruppen in den USA gäbe, aber deren Reichweite ist ungefähr so groß, wie ihr Stacheldrahtzaun reicht. Durchgedreht und süffisant böse auf eine gute Art, das ist sehr gutes Material für einen exzellenten Shooter und insoweit gibt es für mich keinen Grund, mich darüber zu beschweren, dass das Böse erst mal nicht sonderlich vielschichtig rüberkommt. Und auf jeden Fall sind sie ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zum sehr schwachen Bösewicht des vierten Teils. Es wird noch mehr Spaß machen, irgendwann die Seeds nach vielen Stunden niederzustrecken. Hoffentlich hat das Spiel dann einen guten Oneliner parat.
Aber selbst, wenn nicht, sie werden auf jeden Fall in Schönheit untergehen. Far Cry 5 sieht absolut irrsinnig gut aus. Sicher, das erwartet man heutzutage von einem solchen Titel, aber von der Weite der Landschaft her, der Vegetation, den kleinen Details an und in Gebäuden, der Art, wie Wasser fließt und das Licht reflektiert: Dies ist ein Technik-Vorzeigespiel. Zumindest auf der PS4 Pro, das war die Version, die ich spielte. Auf einem etwas kostspieligeren PC wird das Spiel wahrscheinlich dann noch mal einen drauf setzen.
Egal also, was Far Cry 5 noch zu bieten hat, so viel ist praktisch sicher: Der Teil, der sich darum dreht, durch Montana zu schleichen und zu marodieren, Außenposten zu erstürmen und einfach eine gute Open-World-Shooter-Zeit in Wäldern und Canyons zu haben, den könnt ihr fast als sicher gegeben betrachten. Selbst wenn sonst nichts geht, Ballern geht auf jeden Fall. Das und natürlich Leuten zu zeigen, wie gut Grafik auf eurem System aussehen kann. Alles Weitere dann in Kürze.