Far Cry 5 - Test
Kulte sind eh nur grüne Suppe.
Ich habe gute Nachrichten für euch und die ganze Welt: Diese ganzen Kulte, fanatischen Gruppen, allesamt irre auf die eine oder andere Weise, aber eine Verlockung auf gleichzeitig komplexen wie eigentlich simplen Wegen, mit denen es immer wieder gelingt, die Schwächen von Menschen zu nutzen und für die eigene Sache zu gewinnen, um in der Regel Tod und Verwüstung zu bringen? Ich sage in der Regel, weil es bestimmt auch jede Menge friedliebende Kulte gibt, die Predigen, dass es cool ist niemanden zu töten. Buddhismus oder Richard Gere oder so. Oh halt, es gibt auch fanatische Buddhisten, die Leute umbringen. Bleibt also Richard Gere.
Egal, was ich sagen will, die gute Nachricht ist, dass es alles nichts mit charismatischen Anführern, einfachen Welterklärungen für verzweifelte Menschen und angewandte Psychologie zu tun hat, damit die eigenen Anhänger schlimme Dinge tun. Was man wirklich braucht ist THE OOZE! Das grüne Zeug. Glibbermasse, die ominös vor sich hinnebelt und einen Sachen sehen lässt, die sonst nur ein Rhinozeros kennt, kurz bevor diese echt große Ladung Betäubungsmittel reinkickt. Oder nennt es einfach Magie, am Ende könnte es genauso Magie sein und Lord Voldermort ist nach Monatana umgezogen, um dort mit drei anderen Zauberern sein Ding zu machen. Für Far Cry 5 würde es am Ende genauso viel Sinn ergeben.
Also, vergesst all die Geschichten, die im Vorfeld die Runde machten. Das Kontroverse, das den Vereinigten Staaten den Spiegel vorhält, das zeigt, wie Kulte funktionieren, was sie attraktiv macht und welche Gefahr sie sind. Das und alles sonst in der Story ist kompletter Quatsch. Vier Magier mit grüner Suppe, darauf läuft es am Ende hinaus. Wenn das Spiel sich damit begnügen würde, ich hätte nicht das geringste Problem damit. Das wäre auch nichts anderes als Super-Nazis in einer alternativen Zeitlinie webzubratzen und das ist großartig. Aber wer A sagt, muss bekanntlich auch B sagen. Das Problem ist jedoch, dass das Spiel 20 oder mehr Stunden rumrennt und A geradezu hinausbrüllt, aber nie ein wie auch immer geartetes B folgen lässt. Alle sind nett, bis die grüne Suppe kommt. Montana ist fantastisch und nur von tollen Leuten bewohnt, die keine Probleme mit Waffen, Drogen und vielem mehr haben, was gerade die ländlichen Gegenden der USA ganz real plagt. Hier ist alles super, aber gleichzeitig will das Spiel irgendwie dann doch edgy sein, lässt die vier Irren ständig und unaufhörlich schwafeln, über was, ich habe keine Ahnung mehr, so belanglos ist es. Wiederum, in kaum einen anderen Shooter würde ich drei Worte darüber verlieren, wenn das Spiel einfach akzeptieren würde, was es ist und nicht so tun würde, als hätte es eine tiefere Wahrheit zu verkünden. Es gibt hier nichts zu sagen und dafür nimmt sich Far Cry 5 leider ein paar Stunden zu viel Zeit.
Der vierte Teil von Far Cry wird gerne immer mal wieder als der etwas Schwächere abgebürstet und das mag irgendwie auch stimmen, war es doch kein ganz so großer Sprung wie Teil drei. Der Bösewicht war aber viel greifbarer, weil es eben keine Magie gab, jedenfalls nicht auf diese Weise. Er war ein Diktator, der schlimme Sachen machte. Und ihr wart jemand, der interessante Entscheidungen treffen musste. Falls ihr euch nicht erinnert: Immer wieder musstet ihr zwischen den Fraktionen der "Traditionalisten" und "Modernisten" wählen und beide Seiten waren nicht böse, aber ihre Kompromisse schienen nie ideal und so war die Entscheidung, wem man helfen sollte, interessant. Far Cry 5 hat nichts davon. Erst in der letzten Viertelstunde entscheidet ihr zwischen zwei Enden, eines langweilig und eines... Es war auf jeden Fall interessant. Es war der letzte und ultimative Mittelfinger für den Spieler, um ihm zu zeigen, dass er gerade einen Tag und eine Nacht seines Lebens vergeudet hat. Hat man nicht jeden Tag. Ich kann natürlich nichts spoilern und daher belasse ich es dabei: Ich habe das Ende nicht kommen sehen, ich habe so ein Ende noch nicht gesehen - jedenfalls nicht so - und ich weiß immer noch nicht, ob ich es sehen wollte. Aber ja, es war zumindest ganz interessant. Was diesen Moment zu einer großen Ausnahme auf der inhaltlichen Seite von Far Cry 5 macht. Das beste Ende ist wohl das nach 10 Minuten.
Ein großes Problem ist mal wieder die Nemesis des Vaters des Kultes, John Seed, der sich das Spiel über gar nicht blicken lässt. Stattdessen seht und hört ihr immer nur die drei Untergebenen, die jeweils mit genau einem plakativen Wesenszug über die Runden kommen müssen: Der eine ist der "Stärke-ist-alles"-Marine, der in den Bergen haust. Der nächste ist der Sadist bei den Dörfern, Farmen und Feldern und die dritte ist die Drogenqueen, die sich zwischen Wäldern und Flüssen vergnügt. Es gibt ein wenig Background zu jeder Figur, aber auch nur gerade genug, um behaupten zu können, dass es ein Charakter und nicht nur ein Polygonmodell ist. Sie begehen auch allesamt eine echte Gameplay-Sünde: Wiederholung. Bei dem einen geht das so weit, dass seine drei Story-Missionen alle gleich sind. Praktisch identisch. Eigentlich die drei definierenden Momente dieses Drittels des Spiels und ihr spielt drei Mal den gleichen Level. Wow.
Dann, wenn es zum Finale eines der drei großen Abschnitte geht: Es ist drei Mal der praktisch gleiche Abschluss. Jeder der drei hat einen Bunker, aus dem ihr als Finale entkommen müsst. Sicher, die Bunker unterscheiden sich schon, aber es sind halt die drei großen kathartischen Momente für den jeweiligen Abschnitt und dafür ist es schwach. Als Trostpflaster bleibt, dass der eigentliche Bosskampf gegen einen der drei immer getrennt davon passiert und okay ausfällt. Nichts sonderlich toll Inszeniertes, nichts spielerisch Neues im Vergleich zum Rest des Spiels, aber okay. Far Crys große Hauptmissionen gaben sich sonst immer Mühe, sich abzusetzen und den Spieler wissen zu lassen, dass jetzt ein besonderer Moment stattfindet. Mal mit mehr, mal weniger Erfolg, aber so lustlos wie hier war es schon lange nicht mehr.
Die gute Nachricht ist, dass all das ungefähr nur ein Viertel des eigentlichen Spiels ausmacht, mit dem ihr eure Zeit verbringt. Ihr habt die große, offene Welt, die mehr als zahlreichen Nebenmissionen und viele NPCs, die zwar auch eindimensional gestaltet sind, aber das ist okay, weil keiner von ihnen eine tragende Säule der Handlung sein muss. Da reicht eine kleine Psycho-Story über einen Killer des Kultes oder dass der Bär, mit dem man sich anfreundet, Diabetes hat. Es sind Gimmicks und als solche funktionieren sie anständig genug. Wie ihr sonst mit ihnen umgeht, ist recht simpel: Sie werden irgendwo gefangen gehalten oder belagert, ihr helft ihnen und dann geht ihr mit ihnen zusammen auf eine oder zwei Missionen. Im Anschluss habt ihr diesen NPC dann als optionalen Begleiter.
Dieses NPC-Buddy-System ist neu und ein Ausgleich für Solo-Spieler, die ohne die Vorzüge eines Koop-Partners auskommen müssen. Jeder hat eine eigene Eigenschaft. Der Hund erkennt und markiert Feinde. Nein, nicht so "markiert", sie werden nur angezeigt. Die Pilotin gibt euch Luftunterstützung. Der Bär greift sich einen Gegner nach dem anderen, aber nur im Nahkampf. Hurk ist zurück und hat einen scheinbar nie endenden Raketenwerfer dabei. Egal ob ihr Stealth oder Frontal spielt, lieber aus der Luft oder vom Boden kommt, ihr findet sicher jemanden, der zu euch passt. Erwartet aber nicht zu viel. Wenn ich mich entscheiden müsste, ob ich einen NPC oder eine Granate extra mitnehme, würde ich mich für die Granate entscheiden. Wahrscheinlich erwischt sie mehr Feinde. Und von all den Malen, die ich starb, gab es vielleicht eine Handvoll Wiederbelebungen durch einen NPC. Die anderen Male starb der NPC schon lange vor mir und das so ungünstig und dämlich, dass ich mir nicht die Mühe machte, ihn zurückzuholen. Die anderen Male versuchte er es gar nicht erst - tendenziell einer der zwar grundsätzlich harmlosen, aber nicht so seltenen Glitches im Spiel - und wieder bei anderen Gelegenheiten stürzt er sich mit aller Kraft ins Feindfeuer, um mich zu retten, was natürlich erwartungsgemäß endete. Künstlich ja, Intelligenz meh. Ehrlich gesagt gab ich mich schon nach kurzer Zeit nicht mehr mit den Helfern ab, das Leben war auch solo schön.
Dass das so gut klappte, lag an der nicht idealen Spielbalance. In Far Cry 5 funktioniert das Voranschreiten durch das Spiel etwas anders als zuvor. In den Vorgängern begannt ihr in einer recht harmlosen Ecke mit eher schwachen Feinden und arbeitetet euch in die Bereiche vor, wo es vor schwer gepanzerten Kolossen und Scharfschützen nur so wimmelte. In Far Cry 5 startet ihr in der Mitte der Karte und eine Richtung ist so gut wie eine jede andere. Es gibt nur ein paar winzige Bereiche, die verschlossen bleiben, bis ihr an dem entsprechenden Punkt der Story seid, sonst dürft ihr sofort überall hin. Und das ist das Problem. Es ist weitestgehend überall gleich schwer. Das sorgt am Anfang je nach Einstellung für Frust oder für wohlige Erinnerungen an das erste Far Cry. Ihr habt mäßige Waffen, seid mit dem motorisiert, was ihr zufällig findet, und jede größere Zufallsbegegnung kann böse enden. Etwas auf der harten und manchmal auch unfairen Seite, das Ganze, aber durchaus nicht unmotivierend. Dann schaltet ihr nach und nach die ersten Waffen frei, die ihr haben möchtet, nach einem Drittel hatte ich dann mein Wunsch-Set aus Sniper mit Schalldämpfer, passendem Sturmgewehr und Raketenwerfer als Exit-Strategie. Ab der Hälfte hatte ich dann jederzeit Zugang zu einem Hubschrauber mit einem Satz Raketen und so unlimitierten wie effektiven MGs. Ab diesem Punkt war die offene Welt nur noch ein Witz.
Selbst die größeren Stützpunkte wurden in zwei bis drei Minuten komplett aus der Luft zerlegt. Es gibt keine großen Festungen mehr wie noch im Vierer - was inhaltlich auch Sinn macht -, das heißt, dass ihr mit Raketen die zwei Alarm-Masten ausknockt und das traurige Dutzend an völlig unterlegenen Wachleuten mit den MGs ausknockt. So habe ich über ein Dutzend Ortschaften, egal ob verlassenes Luxushotel, Fabrikanlage oder Feriencamp befreit. Aber selbst wenn euch der sportliche Ehrgeiz packen sollte und ihr zu Fuß loszieht: Ihr müsst schon den Rambo machen und auf die gegnerische Verstärkung warten, um eurem ab diesem Punkt überzüchteten Arsenal eine Herausforderung zu bieten. Lediglich mit Ausnahme einiger weniger etwas restriktiverer Missionen dürft ihr euch auch in den Haupt- und Nebenquests beim Fuhrpark bedienen. Warum selbst aufwändig auf den Berg klettern, wenn man sich einen Hubschrauber holen kann? Ach so gefährliche Panzer-Trucks gefällig? So wie im Vierten? Prinzipiell schon vorhanden, nur dass ihr diesmal die Feuerpower habt. Wiederum, warum Sprengsätze legen, wenn ich vier Sechserlafetten Hellfires unter dem Rotor habe?
Jetzt kommt die gute Nachricht: All das macht trotzdem Spaß. Auf einem Munchkin-Powergamer-Level, zugegeben, aber dank der Schönheit der Landschaft, des guten Kartenentwurfs, des soliden Steuerungsgefühls der Fahrzeuge und auch der generellen Bewegungen, durch dichte Wälder, Berge und Farmland, ist es ein sehr angenehmer Zeitvertreib, alle Checkboxen des Spiels abzuarbeiten. Es macht Spaß, ein halbes Dutzend Stuntfahrten im Retro-Look zu bestreiten, danach einen Convoy zu zerlegen, weil er da war, sich an ein nahes Camp ranzuschleichen und alle ohne einen Laut auszuschalten. Es spielt sich einfach locker, flockig weg, wenn man über all das nicht nachdenkt und einfach bei einem netten Shooter in ehrliche und aufrichtig abenteuerlicher Schönheit abschalten möchte.
Es ist auch relativ viel Entdeckungsspaß dabei, was uns zum zweiten Punkt der Progression bringt: Ihr könnt überall hin, aber in jeder Richtung habt ihr nur ein paar Anhaltspunkte, wo ihr loslegen könnt. Es gibt keine allsehenden Türme mehr. Stattdessen geht ihr an einen solchen Startpunkt und erledigt dort die Mission. Oder ihr stoßt zufällig auf einen Stützpunkt. So oder so trefft ihr nach und nach auf mehr und mehr NPCs und findet Karten und lernt so mehr über das Tal. Neue Orte tauchen auf, Missionen werden angezeigt, es fühlt sich viel natürlicher als zuvor. Bei allem, was ich Far Cry 5 im Vergleich zu Teil vier oder auch dem Dritten ankreide, in diesem Punkt ist es ein echter Fortschritt, der gerne Ubisofts neuer Modus Operandi sein darf, wenn es um das Aufdecken einer Welt geht.
Ein Fortschritt ist auch, dass es nun nicht mehr die eine perfekte Waffe gibt, die 97 Prozent aller Spieler nutzen. In den Vorgängern war das in aller Regel dieses eine Sturmgewehr, wie auch immer es hieß, der Rest wurde damit fast obsolet. Dem wollte man scheinbar entgegensteuern und die Lösung ist, alle Waffen einer Kategorie praktisch identisch zu gestalten und die Kategorien untereinander austauschbar zu machen. Wie gesagt, ich bin in Far Cry Fan der Sturmgewehre und freue mich, wenn ich upgraden darf. Das ging hier auch. In einem sehr übersichtlichen Rahmen. Der größte Unterschied war Voll- und Halbautomatik, sonst waren Handling, Reichweite und Schaden eher marginale Verbesserungen. Nicht, dass die angesichts des gleichbleibenden Schwierigkeitsgrades sinnvoll gewesen wären.
Seltsam ist dann, dass ihr für fast alle Waffen alle Aufsätze nutzen könnt. Maschinengewehr mit Schalldämpfer und Fernrohr? Kein Thema. Sixshooter-Colt mit Schalldämpfer und Fernrohr? Klar. Shotgun mit Fernrohr und Schalldämpfer? Lasst mich noch mal nachgucken... Ja, jetzt habe ich eine SPAS mit Schalldämpfer und Ranger-Zielfernrohr. Dazu kommt, dass es jenseits fragwürdiger Modifikationen keine spannenden Waffen gibt. Ihr habt ein paar Bögen, die inzwischen Standard sind, eine seltsame Halb-Sci-Fi-Waffe- passt zur grünen Magie -, aber im eigentlichen Repertoire finden sich nur ein paar Uzis, ARs und AKs. Sicher, das ist wohl all das, was man im Hinterland der USA bei Waffennarren so bekommt. Aber selbst ich als Anti-Waffennarr in Shootern, der nie weiß, wie die Dinger heißen, mit denen er da ballert, war hier etwas gelangweilt. Sehr bodenständig, sehr ehrlich, sehr öde, das Arsenal. Dazu kommt das nach wie vor zwar gute Handling der Waffen, die sich auch mächtig anfühlen, gerade die großen Snipers und die SMGs, aber das Trefferverhalten der Gegner ist oft sehr puppenhaftes Ragdoll, das immer wieder mal an eine Hong-Kong-Stuntshow erinnert.
Auch an Design-Optionen mangelt es ein wenig. Ihr dürft das erste Mal in einem Far Cry die eigene Figur, die nur als der namenlose Hilfssheriff herumrennt und nie einen Satz sagt, selbst gestalten. In einer echten Handlung wäre das vielleicht ein Manko gewesen, hier fällt es bei den NPC-Monologen nicht weiter auf, der meiste Blödsinn bedarf keines weiteren Kommentars. Aber es hat den Vorteil, dass ihr im Koop anders aussehen könnt als euer Partner. Ein wenig zumindest. Ein paar Spaß-Outfits außen vor, scheint man sich die Outdoor-Ecke eines Old Navy als Grundlage genommen zu haben und ließ es dabei bewenden. Ich hoffe ihr mögt Karohemden. Die Waffen lassen sich etwas bunter gestalten, aber jenseits von einem halben Dutzend Farbvarianten gibt es keine Option für eigene Kreativität.
Der Koop hat aber ein größeres Problem, denn ihr dürft zwar alles zusammenspielen, aber der Fortschritt wird nur bei einem gespeichert. Der Gast nimmt zwar Beute und Erfahrungspunkte mit nach Hause, aber die eigentlich schon geschaffte Mission bleibt bei ihm unerfüllt. Seht es positiv, wenn es eine spielerisch solide Mission war und die meisten sind mindestens das, könnt ihr den Spaß bei eurem Freund noch mal wiederholen.
Und das ist auch die Art, wie ihr fast generell spielen solltet. Koop in der offenen Welt. Vergesst die dusselige Story, die nervigen Bösewichter, die belanglosen NPCs. Zieht zu zweit aus und marodiert durch eine Welt, in der ihr mit einem ATV und einem Hubschrauber gegeneinander ein Rennen fahrt, der eine durch Straßenblockaden durch, der andere im Kampf gegen zwei Flugzeuge. Geht mit einem Raketenwerfer Grizzlys jagen. Führt beim Angeln - leider eines der schwächsten Mini-Angel-Spiele der letzten Jahre - einen Schwatz über das Leben, vielleicht passend zum Setting, was QAnon nun wieder zum Storm beizutragen hat. Auch Montana hat genug Irre, die ohne grüne Suppe die Welt schlechter machen, das lässt sich simulieren. Nicht dass Far Cry 5 mutig genug dazu wäre, das aufzugreifen. Aber wie einem Pärchen echter Rednecks kann euch das egal sein, wenn ihr mit dem Pick-Up durch die Gegend brettert und auf Schilder und Elche schießt. Wenn das alles ist, was ihr von einem Far Cry wollt, einfach mit einem Kumpel ein klein wenig Open-World-Spaß haben, mit ein ganz klein wenig Sandbox als Extra, dann ja. Das funktioniert.
Was den Rest des Multiplayers angeht, ist Far Cry keine Offenbarung, zumindest nicht im Team-Deathmatch. Das Spiel ist einfach nicht darauf ausgelegt, die Bewegungen fühlen sich für so eine schnelle Spielart zu träge an, die Waffen wurden nicht daraufhin balanciert, Spawnpunkte wirken zufällig und unausgewogen. Es macht einfach nicht viel Spaß, regelmäßig von einem hinter mir spawnenden Gegner umgeschossen zu werden, fünf Sekunden, nachdem ich dasselbe jemand anderem antat. Womit wir nun endgültig bei der Far Cry Arcade wären. Arcade ist ein Map-Editor, der durchaus leistungsfähig ist. Ihr habt all die Assets und Landschaftsvarianten plus eine ganze Reihe extra aus vorigen Far Crys und sogar anderen Ubisoft-Spielen. Der Editor selbst ist zwar am PC deutlich besser aufgehoben, weil Maus und so, aber dort kann er wirklich was. Wahrscheinlich viel mehr als die paar bisherigen Karten andeuten, denn diese schwanken zwischen Proof of Concept und lieblos, aber funktional.
In erstere Kategorie gehört zum Beispiel ein seltsames Haus voller psychedelischer Räume, aber ohne Spielelemente außer dem simplen Durchlaufen. Lieblos ist dann die Spezialität von zum Beispiel der überfluteten Stadt. Zwischen halb im Wasser versunkenen Hochhäusern, die deutlich zeigen, wie viel Post-Processing und Artdesign im eigentlichen Spiel steckt und hier eben nicht, widmet ihr euch dem derzeit einzigen relevanten Modus der Arcade. Entweder Solo oder im Koop sollt ihr einen Stützpunkt erobern. Ihr habt die Wachen, die Alarme, die gleichen Gegnerklassen und es macht als Selbstzweck durchaus Spaß für eine oder zwei Runden. Vor allem im Koop, allein ist es doch eine etwas traurige Veranstaltung. Ich denke, dass die Far Cry Arcade viel Potenzial hat, zumindest was die Maps und den Koop angeht, aber dass derzeit davon noch nicht viel genutzt wurde. Es ist einfach aktuell noch kein Faktor für den Moment des Releases, außer ihr wollt selbst mit dem Editor in die Vollen gehen. Dann viel Spaß und ich freue mich über jede gute Map.
Mit einem Freund durch Montana? Holt euch Far Cry 5. (Amazon.de)
Far Cry 5 ist gleichzeitig ein solides Spiel und doch schwach. Es ist prätentiös, ohne es durchzuziehen. Es wählt inhaltlichen jeden billigen Ausweg, den es kriegen kann, und nimmt jede falsche Abfahrt mit. Von generellen logischen Grundproblemen, über die mal wieder durch Abwesenheit glänzende Nemesis, zu der Deus ex Machina des grünen Zaubertranks ist es ein inhaltlicher Vollunfall in einer technisch aberwitzig schönen Umgebung. Es ist im Schwierigkeitsgrad fast gar nicht ausbalanciert, beginnt recht heftig und wird ab der Mitte zum Selbstläufer. Wenn das der Preis für die Freiheit ist, die ganze Karte sofort besuchen zu dürfen, sollte er überdacht werden. Sicher, das Freischalten der Welt ist nun weit besser gelungen und fühlt sich endlich ein wenig nach der Entdeckungsreise an, die es sein sollte. Auch das generelle Spielgefühl ist nach wie vor ausgezeichnet, es shootert sich einfach sehr ordentlich. Ich würde lügen, wenn ich sagte, ich hätte mich nicht auch mit einigem an Freude hier durchgeballert, nicht zuletzt dank der herausragenden Technik.
Aber das ist irgendwo halt der kleinste Nenner, der als selbstverständlich gelten darf und zu dem herzlich wenig dazu kam. Sicher, einfach im Koop mit einem Kumpel durch diese irrsinnig schöne Welt ziehen und kaputtmachen, was euch kaputtmachen will, das ist eine echte Option und so sollte man Far Cry 5 auch spielen und ehrlich genießen. Aber wer mit einem so mutigen und potenziell kontroversen Setting und einem der größten Namen im Bereich der Shooter daherkommt, sollte mehr bieten als grüne Brühe und alte Moves.