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FAR: Lone Sails - Test

Mein Landschiff und ich.

Ästhetisch anregende Flucht aus einer toten Welt. Wirkte intensiver, wenn der Weg beschwerlicher wäre und man ab und an verweilen dürfte.

Es ist schon beachtlich, was die Schweizer von Okomotive hier für ein zärtlich-trauriges Spiel auf die Beine gestellt haben. Noch dazu eines, dessen zentrale Mechanismen durchaus fremd und neuartig wirken. Zumindest für die 20 Minuten, bis man erstmal weiß, was hier von einem erwartet wird.

Kurzum: Als kompakter Segler eines zischenden, dampfenden, klappernden Landschiffes nehmt ihr Reißaus von einer Welt, die niemandes Heimat mehr sein will. Alles ist dem Verfall preisgegeben, keine Menschenseele weit und breit. Nicht mal ein Vogel am endlosen grauen Horizont.

Ein wenig Heimeligkeit erwartet euch im Bauch des blechernen Koloss, der euch durch diese ausgedörrten Lande trägt, dem letzten Ozean entgegen. Die gesamte Maschinerie wird durch rote Knöpfe gesteuert, gegen die ihr lauft oder die ihr anspringt. Den Lastenaufzug Material in den Verbrennungsofen hieven lassen? Hüpft gegen den schräg an der Decke installierten Knopf. Die entstandene Energie in Bewegung verwandeln? Schiebt den großen roten Button im Cockpit bis zum Anschlag in die Armatur.

Eure Spielfigur läuft frei in der Umgebung herum und verlässt ihr Gefährt auch immer mal wieder, um für Treibstoff zu sorgen oder Rätsel zu lösen.

Regelmäßig den Dampf aus dem Druckkessel ablassen, der sich gefährlich aufbaut, und so etwas zusätzlichen Schub zu gewinnen: links vom Gas an die Decke springen. Der Bremsanker ist gleich rechts daneben. Später kommen noch Segel als Hilfsantrieb und ein Schrottsauger hinzu. Letzterer sorgt dafür, dass ihr euer Gefährt nicht jedes Mal zum Stehen bringen müsst, wenn ihr Brennbares entlang des Weges findet. Am Bug gibt's noch eine Seilwinde, falls ihr mal steckenbleibt oder etwas zu euch heranziehen müsst.

Abgesehen vom Löschschlauch und einem Schweißgerät für Reparaturen nach den zwangsläufigen Kollisionen war es das auch schon und für die kompletten drei Stunden, die es dauert, hält das Interesse. Vor allem ist es mit netter virtueller Haptik ausgestattet. Wären die Knöpfe zugunsten eines einfach zu bedienenden Interfaces nicht so primitiv Fisher-Price-mäßig, man könnte fast den Eindruck gewinnen, hier wirklich eine archaische Maschine zu bedienen.

Drinnen gibt's für jede Funktion dann einen Knopf. Man gewinnt irgendwann eine gewisse Routine für die Bedienung.

FAR ist stimmungsvoll und andersartig genug, um Fans von Limbo oder Inside direkt für sich zu gewinnen. In kreativer Hinsicht ist es ein voller Erfolg und es bereitet mir keine Freude, an einem solchen Spiel klassische Videospielmaßstäbe anzulegen, aber es ist auch nicht weniger wahr, dass ich bei allem Interesse, mit dem ich diese dreistündige Reise bis zu ihrem Ende mitging, schon jetzt wieder das meiste vergessen habe.

In erster Linie liegt das daran, dass ihr die Möglichkeiten des Gefährts selten wirklich für etwas Interessantes abseits schierer Fortbewegung nutzt. Ab und an blockieren Hindernisse euren Weg, schrottreife Relikte vergangener Zeiten etwa, die man beseitigen muss, oder Teile alter Industrieanlagen, Kräne, Aufzüge, Fähren und dergleichen, die zum Teil noch funktional sind und die man wiederum durch das Drücken der dicken Buttons beseitigt oder für seine Zwecke nutzt.

Die Umgebung erzählt ein bisschen was von sich, dürfte dabei aber gern noch etwas weiter ausholen.

Viel Spielraum gibt es hier nicht, weder in der Art, wie ihr diese Hürden nehmt, noch für echtes Versagen. Diese Reise soll immer weitergehen, lange steckenzubleiben gibt diese schöne, aber in konstant weiter Entfernung im Hintergrund verstaubende Welt als bloßes Panorama preis, das es zu durchqueren gilt. Ihr werdet also spielerisch nicht gefordert und das hat Methode. Ich wünschte dennoch, die Dinge, die man tut, wären interessanter.

Gleichzeitig hatte ich ständig das Gefühl, einmal durchzuatmen und verweilen zu wollen, um mehr über diese Welt zu erfahren, vielleicht eine Begegnung mit einem anderen, einsamen Bewohner oder Fliehenden zu erleben. Allein, nichts davon gewährt euch FAR. Es bleibt in Armlänge auf Distanz, egal wie wundervoll die Musik teilweise aufspielt. Wirklich gefühlig-aufbrausend ist es nur zum Ende hin, was insofern schön ist, dass einen das Spiel zumindest mit einem gelungenen emotionalen Moment zurücklässt.

Das übergeordnete Thema dürfte 'Abschied' sein. Ich wünschte, FAR beließe es nicht dabei, es immer wieder nur anzureißen. Aber vielleicht bin das nur ich.

Hier drin steckt dennoch einiges, was Freunde intimer und audiovisuell eigenständiger Indies schätzen werden. FAR geht ein gutes Tempo, entlässt euch genau in dem Augenblick, als der urige Fortbewegungsmodus dieser Reise so langsam alt zu werden droht, mit seiner besten Note aus dem Erlebnis und kann sich vor allem das Prädikat "interessantestes Heldenfortbewegungsmittel des Jahres" ans Revers heften.

Für die Stündchen, die es dauerte, war ich ganz bei ihm. Trotzdem bleibt hiervon in erster Linie hängen, dass erstaunlich wenig hängenblieb. Ich kann nicht behaupten, dass ich mich noch an viele Momente oder Geschehnissen erinnerte, die das zwergenhafte Rotkäppchen und ich zusammen erlebten. Wenn man bedenkt, dass diese Sorte Indie-Abenteuer genau davon eigentlich lebt - Playdeads Inside ist eine einzige Aneinanderreihung von Höhepunkten -, ist das kein schmeichelhaftes Urteil. Dennoch: ein nettes, und unterm Strich lohnendes Experiment war FAR für Okomotive allemal.


Entwickler/Publisher: Okomotive/Mixtvision - Erscheint für: PS4, Xbox One, PC - Preis: ca. 15 Euro - Erscheint am: erhältlich - Sprache: Deutsch - Mikrotransaktionen: nein - Getestete Version: PC


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