Fast so gut wie Hades: Warum ihr euch Returnal auf dem PC nicht entgehen lassen solltet
Mäuserich als Lebensretter.
Hach, Returnal! Kein PS5-Spiel verkörperte Next-Gen-Aufbruchstimmung für mich so stark wie Housemarques erstes großes Vollpreisspiel – gut, Astro-Bot zum Verkaufsstart der Konsole vielleicht. Aber dann kam erst mal eine Weile nichts, bevor uns die Finnen mit dieser smarten Kreuzung aus coolen Indie-Ideen und Blockbuster-Präsentation alle Sinne durchmassierten, als gäbe es kein Morgen. Das fühlte sich wirklich neu und unverbraucht an, ein frischer Blickwinkel auf Vertrautes, wie man ihn, ist man Konsolen-Fan, traditionell oft von einer neuen Generation an Hardware gewinnt.
Nun denken PC-Spieler für gewöhnlich aus naheliegenden Gründen nicht in Generationen. Trotzdem kommen seit ein paar Tagen auch sie in den Genuss von Returnal, das man auch ohne Konsolen-Denke immer noch als kurioses Ausnahmespiel bezeichnen muss. Das hier ist keine komplette Kritik und mehr Details dazu, was Returnal zu etwas Besonderem macht, entnehmt ihr bitte meinem umfassenden Returnal-Test von einst. Das Spiel ist im Grunde dasselbe wie damals und so oder so eine glühende Empfehlung. Hier nur noch einmal die gebotene Erinnerung, dass es das Spiel jetzt auch auf dem Rechner gibt und dass man es sich tunlichst holen sollte, wenn man auf Third-Person-Shooter steht, die einem alles abverlangen.
Es ist gewissermaßen die Über-die-Schulter-Ballern- und Sci-Fi-Version von Hades, wenn ihr als Astronautin Selene auf dem mysteriösen Planeten Atropos abstürzt. Der bringt euch immer und immer wieder um, nur um euch wiederzubeleben – und seine Räume, Gänge und Power-ups im Zuge dessen neu zu arrangieren. Warum ihr hier seid, dafür braucht ihr gut und gerne 20 oder mehr Stunden voller Erkundung und atemloser Action.
Das Spiel an sich ist eine irrsinnig schnelle, opulente Lightshow von einem Shooter, die viel von der Arcade-DNS von Housemarques früheren Spielen in sich trägt. Die Kugelhagel der legendär guten Titel Resogun und Nex Machina sind hier erstmals im Rahmen eines nach typischer Sony-Blockbuster-Güte anmutenden Event-Titels zu sehen und das ist eine Paarung, die ausgesprochen gut funktioniert. Die vielen verschiedenen Waffen eskalieren in ihrer Macht sprachlos-machend befriedigend. Bis zu dem Punkt, an dem man große Wurmlöcher öffnet, die einen gigantischen und höllisch brutzelnden Laserstrahl aus einer Parallelwelt eine Schneise der Vernichtung in Atropos’ aggressive Fauna schlagen lässt. Welcher Krieg auch immer auf der anderen Seite dieses Mordsportals wüten mag, man ist fast froh, stattdessen in Selenes ganz persönlicher Hölle gefangen zu sein, statt auf die andere Seite lunzen zu können. Man muss es gesehen haben, um es zu glauben.
Hat man sich erst einmal reingespielt, in Returnal, erreicht man zügig den befriedigenden Tunnelblick guter Bullethells aus den besten Spielautomaten, die ihr euch vorstellen könnt. Eure Wahrnehmung fährt auf die Abmessungen eures Screens herunter, euer Hirn schaltet in einen vegetativen Modus, um alle Geistesschnelle verlustfrei an die Daumen schicken zu können und es fühlt sich an, als spielten eure Hände wie von selbst. Der Moment, in dem ihr das feststellt und denkt, wie cool das gerade ist, ist dann auch meistens der, in dem ihr satt einstecken müsst, denn denken ist in diesem Flow strikt verboten. Pures Gift geradezu.
Und so ist das dann auch meistens der Moment, an dem ihr irgendwann sterbt – und nach dem Respawn kaum etwas behaltet. Was euch bleibt, sind ein paar nach Metroidvania-Logik funktionierende Gadgets, die in früheren Gebieten mehr Wege öffnen, die Schlüssel zum jeweils nächsten Bereich, die die Bosse hinterlassen und einer Ressource namens Äther. Die ermöglicht es euch, bestrafende Schadeffekte von leistungssteigernden Gegenständen zu entfernen oder euch an Respawn-Automaten zu regenerieren – und so trotz Bildschirmtod einen weiteren Versuch im selben Lauf zu haben. Oder ihr tauscht sie an Automaten gegen Oboliten ein, die wiederum effektivere Upgrades erlauben. Obwohl man sich fühlt, als stehe man nach einem Tod ohne alles da, kommt man mit jedem Fehlversuch viel zügiger durch die alten Gebiete. Und es ist auch nicht so, dass ihr euch nicht Zeit lassen wolltet, denn Atropos ist eine beklemmend atmosphärische Höllenwelt von ganz eigener Stimmung.
Wohl dem übrigens, der einen DualSense Controller am PC für Spielarten zur Verfügung hat, die man gemeinhin besser mit Steuerknochen erlebt. Denn dessen haptisches Feedback und die adaptiven Trigger wirken sich tatsächlich positiv aufs Erlebnis aus. Gleichzeitig muss ich sagen: Oha! Die Treffsicherheit, die die Maussteuerung mit sich bringt, entzahnt das Spiel gehörig und hat dadurch definitiv etwas für sich. Trotz fast zwei Jahren Pause war ich direkt wieder in der dritten Welt und fühle mich, als spielte ich Returnal besser als je zuvor. Atmosphärisch ist der Controller stärker, keine Frage – und auf Steam kann man diverse Gyro-Funktionen konfigurieren, um mit Bewegungssteuerung noch etwas präziser zu zielen. Doch ich denke, diesmal wird’s ein Maus-Durchgang für mich.
Also ja, lest vielleicht noch meinen alten Test, schaut euch einen Trailer an und wenn das für euch gut aussieht, lasst euch sagen: Ganz genauso spielt es sich auch. Housemarques öffentlichen Abschied von der Arcade haben Fans dieser Spielrichtung seinerzeit schlimm beklagt. Aus gutem Grund. Dann wiederum ist der Geist, auf Präzision, Risiko-und-Belohnung-Abwägungen und Geistesschnelle zielender Actiontitel in Returnal bei bester Gesundheit. Oder um es anders zu sagen: Man bekommt zwar Housemarque aus der Spielhalle raus, die Spielhalle aber nicht aus Housemarque. Besser so herum als anders!
Entwickler: Housemarque, Port von Climax – Publisher: Sony – Plattformen: PC, PlayStation 5 – Release: erhältlich – Genre: Roguelike, Third-Person-Shooter – Preis (UVP): 59,99 Euro