Fear the Spotlight im Test: Dieses Kleinod beschert mir mehr Gänsehaut als es großen Horror-Trips gelingt
Lampenfieber.
Eigentlich ist Fear the Spotlight ganz klassischer Survival-Horror: Man folgt dem Mädchen per Schulterblick durch eine Reihe dunkler Räume, in denen es nicht nur ordentlich spukt, sondern wo sich Türen auch erst dann öffnen, nachdem man beim mehrmaligem Umherlaufen eine Reihe kleiner Rätsel geknackt hat.
Nur kämpfen kann das Mädchen nicht, denn auf Körpern montierte Scheinwerfer verbrennen sie, falls sie in deren Licht gerät. In Fear the Spotlight gibt es deshalb nur die gelegentliche Flucht – und das Verstecken unter den Tischen einer alten Schule, die nach einer Katastrophe halb zerstört zurückgeblieben ist.
Wie Vivian dorthin gekommen ist? Das weiß sie selbst nicht so genau. Gerade noch hat sie sich mit ihrer besten Freundin Amy in die Bibliothek derselben Schule geschlichen – nur eben im Hier und Jetzt, um eine Séance zu starten, als…
Aber das werde ich nicht vorwegnehmen. Allzu lang ist die Geschichte ja ohnehin nicht; sie hält aber ein, zwei nette Überraschungen bereit und gewinnt sogar noch mal an Schwung, wenn aus den drei Fragezeichen im Hauptmenü endlich eine aktive Option wird. Vor allem aber wird sie in Anbetracht der Mittel des Indie-Studios Cozy Game Pals ausgesprochen hochwertig erzählt.
Sicher, aufwändige Filmszenen standen den zwei Entwicklern Crista Castro und Bryan Singh dabei nicht zur Verfügung. Was Vivian und Amy aber zu sagen haben, das tun sie aber in weitgehend gut geschriebenen und noch besser gesprochenen Texten. Dass das auf diesem Produktionsniveau längst nicht selbstverständlich ist, war erst vor kurzem in der weitaus weniger souveränen Silent-Hill-Hommage Hollowbody zu hören. Schön, dass es also auch anders geht!
Und noch etwas bekommt das Duo ausgesprochen gut hin: Fear the Spotlight fühlt sich einfach gut an. Kamera und Bewegungen liegen hervorragend in der Hand – für mich meist ein wichtiger Aspekt, damit ich mich wirklich wohl in einem Spiel fühlen kann.
Hinzu kommt die Art und Weise, auf die Vivian mit Objekten der Umgebung interagiert. Die klickt man nämlich nicht nur an; stattdessen muss man Hebel greifen und anschließend per Analogstick in die richtige Richtung ziehen. Oder man öffnet zwei Verschlüsse, um dann erst eine zuvor versperrte Klappe zu greifen und anzuheben. Kabel müssen in dafür vorgesehene Anschlüsse gesteckt, Sicherungsschalter heruntergezogen und Räder gedreht werden – alles weit von Hexenwerk entfernt, aber erfreulich konsequent zu Ende gedacht.
Dass ein Team von gerade mal Zwei dennoch Grenzen hat, das merkt man freilich. So sind die Bewegungen und Aktionen der Scheinwerfer etwa dermaßen schnell durchschaut, dass es ein Leichts ist, sich vor ihnen zu verstecken. Durch Türen geht Vivian zudem nicht hindurch; das Bild schaltet an solchen Stellen einfach um.
Weil die Entwickler allerdings clever genug sind, diesen aktiven Austausch mit Gegnern nicht im Übermaß zu strapazieren, wirken die todesbringenden und ansprechend furchteinflößend dargestellten Lampen stets bedrohlich. Mal ganz davon abgesehen, dass die zwei Horrormacher die eine oder andere Überraschung im Ärmel haben, mit der sie mir in vermeintlich sicheren Momenten einen anständigen Herzschlag verpasst haben.
Genau das ist es nämlich, was Castro und Singh so erstaunlich gut hinbekommen: Fear the Spotlight verbreitet weder Terror noch nackte Angst. Es vermittelt aber sehr eindringlich das Gefühl, dass Vivian nie alleine ist und ständig beobachtet wird. Dass sich jeden Augenblick eine Hand auf ihre Schulter legen könnte. Dass die Füße hinter der Tür nicht nur ihrer Fantasie entspringen.
Diese intensive (Un)gewissheit hat mir gleich mehrmals einen Schauer über den Rücken gejagt, den ich in vielen Spielen sonst vermisse. Mag sein, dass die pure Angst im modernen First-Person-Horror größer ist, der Bodycount anderswo schrecklicher und die Fratzen in der Virtual Reality um einiges furchteinflößender. Dafür empfinde ich den feinen Grusel hier als deutlich stimmungsvoller, auch wenn er nach gut drei Stunden schon vorüber ist – falls man… Na, das werdet ihr ja sehen.
Fear the Spotlight ist in den digitalen Stores der Plattformbetreiber erhältlich. Nicht wundern, falls bei Steam als Datum der Veröffentlichung noch der 15. September des letzten Jahres angegeben ist: Eine frühere Version des Spiels war in der Tat seitdem erhältlich. Die wurde zuletzt allerdings zurückgezogen, um jetzt eine erweiterte und technisch stärkere Fassung zu herauszubringen.
- Steam
- Xbox Store
- PlayStation Store
- Nintendo eShop
- Feine Gruselatmosphäre mit gelungenen Gänsehaut-Momenten
- Sowohl spielerisch als auch visuell stilvolle Hommage an Horrorspiele der 90-er Jahre
- Viele immersive, zur Situation passende Interaktionen
- Leichte, aber interessante Rätsel
- Einfaches Verstecken vor den Gegnern
Vielleicht ist das aber auch kein Wunder. Immerhin kommen weder Castro noch Singh aus dem Nichts, hat Erstere doch bei Nickelodeon als Art Director und zudem als Art Lead an den Animaniacs (!) gearbeitet, während Letzterer unter anderem als Game Designer bei The Last of Us und Uncharted 4 sowie bei Journey sein Sporen verdient hat. Zumal Cozy Game Pals schon eine Reihe noch kleinerer Titel veröffentlicht hat.
Allzu überraschend ist es also nicht, dass Fear the Spotlight einschließlich wabernder Texturen, einer Rate von 30 Bildern pro Sekunde und einer Fernsehbild-Verzerrung so treffsicher an die gute, alte PlayStation-Zeit erinnert, ohne ein übertriebener Simulator zum Selbstzweck zu sein. Wer will, schaltet die Bildrate schließlich nach oben und sowohl Verzerrung als auch den Wellengang der Texturen ab.
Fear the Spotlight im Test – Fazit
Es wundert mich kein bisschen, dass sich Horrorspezialist Blumhouse diesen kleinen, aber ausgesprochen feinen Horror-Trip geschnappt hat. Bryan Singh und Crista Castro spielen so gekonnt auf der Klaviatur des schaurigen Gruselns, dass es mir gleich mehrmals kalt den Rücken runter gelaufen ist. Klar ist das spielerisch einfache Verstecken überschaubar, die Geschichte schnell vorüber und das Rätselraten kein Graue-Zellen-Killer. Dafür fühlt sich das Erkunden dieser unheimlichen Schule erstaunlich gut an. Jede Interaktion hat „Gewicht“ und gelungene Überraschungen sorgen für unterhaltsame Höhepunkte. Von den Anspielungen die Ring-Serie betreffend mal ganz zu schweigen!
Fear the Spotlight | |
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PRO | CONTRA |
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