FIFA 15 - Fußball ist unser Leben
Wieder mal näher dran bei der Suche nach realitätsnaher Grafik und authentischem Fußball-Gefühl.
„Park the Bus", „Time Wasting", „In the Mixer": Gemeint sind Team-Strategien, die in FIFA 15 für taktische Vielfalt sorgen sollen. Wer jetzt nicht so ein Kenner der englischen Fußballbegriffe ist: Es handelt sich dabei um „Hinten dichtmachen", „Spielverzögerung" und „den Ball mal einfach nach vorne dreschen". Ja, an der Teamintelligenz ist auch wieder geschraubt worden und der Gegner agiert anders, wenn er in der 89. Minute führt oder knapp zurückliegt. Nicht die einzigen Neuerungen, die uns die erfolgreiche Fußballsimulation in ihrer mittlerweile 22. Ausgabe bringen soll.
Drama auf dem Rasen
Wir spielen den FC Barcelona und Stürmerstar Lionel Messi ist in Ballbesitz. Gekonnt umdribbeln wir die Gegenspieler, kämpfen uns unaufhaltsam auf das Tor zu und ziehen aus ungefähr 25 Meter so richtig ab. Das Ergebnis: Unser Schuss wird zum Schüsschen und landet peinlich im Aus. Die virtuelle Kamera zeigt uns jetzt die Reaktionen unserer Teamkollegen: Enttäuschung in den Gesichtern, Kopfschütteln, ärgerliche Gesten, wütende Blicke in unsere Richtung. Wir haben den Spielern eine emotionale Intelligenz verliehen, erklärt Nick Channon, langjähriger Produzent der FIFA-Serie bei EA Canada. Die Mitspieler reagieren kontextbezogen auf die Aktionen ihrer Teammitglieder und Gegenspieler und zeigen ihre Gefühle. Das sieht in dem Beispiel einer versauten Torchance schon ganz schön dramatisch aus, bildet aber die Reaktionen im echten Spiel authentisch ab.
Natürlich wird sich nicht nur geärgert: Nach geglückten Aktionen wird abgeklatscht, umarmt, auf die Schulter geklopft, die Faust in den Himmel gereckt und ein Tänzchen an der Eckfahne eingelegt. Schöne Szene: Nach einem besonders wichtigen Tor stürmen die Feldspieler zusammen und werfen sich jubelnd übereinander. „10 Player Celebrations" nennen die Entwickler den strampelnden Haufen erwachsener Menschen, und das ist spaßig anzusehen. Zumindest die ersten zehn Mal. Eine spannende Notiz am Rande der Präsentation: Die emotionale Intelligenz soll so weit gehen, dass sich das Verhalten eines Spielers gegenüber seinem Gegenspieler mit der Anzahl der verübten Fouls verändert. Logisch, nach der dritten Blutgrätsche hat die Geduld halt ein Ende.
Ignite für Alle
Die PS4- und Xbox-One-Versionen von FIFA 14 kamen bereits im letzten Jahr in den Genuss der neuen Ignite-Engine, die für die Optik und künstliche Intelligenz des Spiels verantwortlich ist. An dieser haben die Entwickler aus Kanada kräftig weitergearbeitet und präsentieren jetzt eine deutlich bessere Grafik mit einer gewaltigen Detailfülle. Und das zur Freude von Computerfußballern auch auf dem PC: Denn selbst hochgezüchtete Zockerkisten mussten noch beim Vorgänger mit der in die Jahre gekommenen Impact-Engine vorliebnehmen. Offiziell angekündigt für den 25. September sind übrigens erst einmal nur Versionen für die Next-Gen-Konsolen und den PC. EA wird wohl kaum auf die gewaltige Userbasis von PlayStation 3 und Xbox 360 verzichten und entsprechende Spiele herausbringen. Mit welchen Verbesserungen man hier rechnen darf, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.
Aber der erste Eindruck der Version, die uns zum Anspielen zur Verfügung stand, ist derart stark, dass sich die Überlegung, die heimische Hardware einem Upgrade zu unterziehen, für FIFA-Fans definitiv lohnt. Flüssige Spieleranimationen und ein Gesamtbild, das nur mit Mühe von einer Fernsehübertragung zu unterscheiden ist, ringen erst einmal Bewunderung ab. Die deutlichen Verbesserungen zeigen sich auch im Detail. Der Rasen wirkt nicht mehr wie eine plane, grüne Fläche, sondern zeigt die Normstreifen des Mähens. In Großaufnahmen im Zweikampf oder beim Einwurf sind einzelne Grashalme zu erkennen, die Stollen und Rutschpartien hinterlassen Spuren auf dem Feld. In einer Zeitrafferdemonstration war gut zu erkennen, wie sich der Platz durch die Bewegungen der Spieler und die Wetterverhältnisse im Verlauf des Spiels vom gut gepflegten Grün zum Acker verwandelte.
Es geht noch weiter: Nach einem Sturz sind die Trikots und Strümpfe der Spieler schmutzig, Eckfahnen wehen im Wind, animierte Werbebanner sind im Hintergrund erkennbar und ein kräftiger Knaller gegen die Latte lässt das Tornetz flattern. Inwiefern diese schicken Details in einer aufregenden Partie gegen Freunde zur Kenntnis genommen werden, steht auf einem anderen Blatt. Ebenfalls einer Überarbeitung unterzogen wurden die Spielermodelle, die jetzt athletischer rüberkommen und bis zur Beinbehaarung und letzten Trikotfalte dem Original nachempfunden wurden. Selbst das schon beim Vorgänger überarbeitete Ballverhalten wurde nochmals angepasst. Egal, wie der Ball angeschnitten wird oder von welchem Körperteil das Leder auch abspringt: Die Flugbahn wird physikalisch genau berechnet.
Enttäuschung und Jubel: Die virtuellen Spieler zeigen beeindruckend realitätsnahe Emotionen.
Ganz schön dynamisch
„Dynamic Match Presentation", hinter diesem Begriff verbirgt sich gleich ein ganzes Paket an „Stimmungsmachern". Die Stadien wurden endlich generalüberholt und die jubelnden Massen haben eine eindrucksvolle Individualität bekommen. Unterschiedliche Animationen, unterscheidbare Körper, Gesichter und Verhaltensweisen, von den Entwickler mit dem Ausdruck „Region specific fan behavior" versehen. Soll heißen: Ob ihr in Südamerika oder im Signal-Iduna-Park spielt, die Fangesänge, Vereinsfarben und das typische Fanverhalten auf den Rängen wird exakt nachgestellt. Sei es die gelbe Wand von Borussia Dortmund oder den polnischen Poznan, bei dem die Fans mit dem Rücken zum Spielfeld stehen - die Stimmung passt. Die Kommentare sollen kontextbezogen perfekt zum Spielgeschehen passen, gelungene Spielzüge werden als Highlights in Zeitlupe, anderen Kameraperspektiven und Großaufnahmen wiederholt. Apropos: Zwar noch nicht offiziell, aber in der deutschen Version wird wohl wieder das seit FIFA 11 moderierende Duo Frank Buschmann und Manni Breuckmann die Kommentare einsprechen.
Dribbeln wie Messi
Nicht nur an der Optik wurde kräftig geschraubt, auch das Spielerverhalten profitiert von den erweiterten Möglichkeiten der Ignite-Engine. Kontrolle und Reaktionszeiten sollen optimiert werden, eine bessere Kontrolle über den Ball bei Sprints, mehr Möglichkeiten, den Ball mit dem Körper vor Angriffen zu schützen. Mit ein wenig Übung steht der virtuelle Messi dem echten in nichts nach und ihr könnt auch vor dem Bildschirm beweisen, dass der Argentinier zu recht momentan der teuerste Spieler der Welt ist. Neue Pass- und Schussvarianten, besondere „Skill-Moves" und die Möglichkeit, bei Einwürfen, Freistößen und Eckstößen mit dem rechten Stick jetzt auch einen Teamkollegen strategisch sinnvoll zu platzieren, runden das Angebot an Verbesserungen ab.
Schick sieht es ja aus, das neue FIFA und ein paar Probespiele mit der noch nicht finalen Version machten schon mal richtig Laune. Das Spieltempo scheint auf dem Niveau des Vorgängers zu liegen, die Steuerung geht gut von der Hand, die künstliche Intelligenz machte noch ein paar Zicken und agierte nicht immer so clever wie angekündigt. Das kann durchaus auch an meinem persönlichen Mangel an Koordinationsfähigkeit liegen. Man fühlt sich aber gleich zu Hause und möchte am liebsten sofort seine Lieblingsmannschaft übernehmen. Ein Blick auf Spielmodi und Menüs blieb uns allerdings verwehrt, der Fokus lag auf der, zugegeben beeindruckenden, optischen Präsentation und den zahlreichen Detailverbesserungen. Was bekannt ist: Mit bis zu vier Freunden darf man sich vor dem Bildschirm offline heftige Matches liefern, online sind bis zu 22 Spieler möglich.