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Filmkritik: Ich bin Nummer Vier

...eher sogar noch ein Stückchen weiter unten

Wenn man die Entstehungsgeschichte von "Ich bin Nummer Vier" verfolgt hat, hat man wenig bis gar keine Lust, ins Kino zu gehen. Vor zwei Jahren machte Skandalautor James Frey ("A Million Little Pieces") mit Full Fathom Five eine Schreibwerkstatt für Jugendbücher auf, mit dem Ziel, mit günstig produzierten Romanen Twilight-artigen Trends vorzugreifen und den Stoff in größtmöglicher Breite zu monetarisieren. Teenie-Kitsch als markttechnischer Präventivschlag sozusagen.

Das alles wäre auch gar nicht so schlimm, wenn die Voraussetzungen, unter denen da die Trends von morgen zu Geld gemacht werden sollten, nicht so fischig wären. Eine Studentin, die angeblich für FFF tätig werden sollte, gab etwa Details aus dem ihr vorgelegten Arbeitskontrakt preis: Das Honorar von läppischen 250 Dollar war dabei nur der erste Halbsatz einer Punchline, bei der einem das Lachen im Hals stecken bleibt. FFF behielt sich das Recht vor, Autoren ihr Projekt wieder wegzunehmen und selbst die Entscheidung über die namentliche Erwähnung des Urhebers oblag Freys hochkommerzieller Buchretorte.

In diesem Licht schlägt die Fantasie schon mal Purzelbäume, wenn man hört, dass Frey seinen "Co"-Autoren Jobie Hughes von der extrem erfolgreichen I-Am-Number-Four-Reihe entfernte und den ersten Roman unter dem Pseudonym "Pittacus Lore" auf den Markt schmiss. Die Tatsache, dass die Filmrechte bereits über ein Jahr vor Veröffentlichung des Buches an Dreamworks gingen und uns nun - sechseinhalb Monate nach US-Start des Romans - schon der Film ins Haus steht, bringt jedenfalls recht gut auf den Punkt, was mit weiten Teilen der Entertainment-Maschinerie nicht stimmt.

Wenn man dann in der Pressevorführung sitzt und versucht, den bitteren Beigeschmack mit einer Bionade runterzuspülen, gelingt das nur zeitweise: Der Film ist der übliche Teenie-Schmonz mit papierdünner Fiktion und nach Aussehen gecasteten Darstellern. Allerdings gelingt es dem wenig beneidenswerten Regisseur D.J. Caruso ("The-Shield"-Fans dürfte er ein Begriff sein und auch "The Salton Sea" ist ein Film, den man gesehen haben sollte), diesen ärgerlichen Abklatsch einer ohnehin nicht allzu guten Idee vor der schlimmsten aller Sünden zu bewahren: Er wird nicht wirklich langweilig.

Zur Handlung: Die humanoiden Außerirdischen vom Planeten Lorien werden von ihren Todfeinden, den – festhalten – Mogadorians beinahe komplett ausgelöscht. Neun besondere ... ähm... Lorianer werden mit jeweils einem Bewacher auf die Erde geschickt, um sich vor den Mogs zu verstecken, bis ihre Superkräfte erwachen. Ihr ab Werk nützlichster Perk: Sie können nur in der richtigen Reihenfolge umgebracht werden. Wie das funktioniert, erklärt der Film nicht.

Die Geschichte konzentriert sich auf Nummer vier, der nun an der Reihe ist, nachdem die ersten drei Super-Lorianer die Sache mit dem Verstecken nicht so gut hinbekommen haben. Das Teenage-Alien zieht mit dem einzigen erinnerungswürdigen Mitglied des Casts, einem Timothy Olyphant ("Hitman", "Justified", "The Crazies"), dem man selbst die dämlichsten aller Skriptzeilen noch mit Kusshand abkauft, nach Paradise, Ohio. Hier findet der Film alsbald in einen üblichen High-School-Drama-Rhythmus, als sich Nummer vier unter dem Alias Jon Smith unter die Leute mischt.

Ich bin Nummer Vier - Trailer

Die bestehen natürlich aus dem typischen Football-Jock (Jake Abel, der sich größte Mühe gibt, als Hass-Baby von Kiefer Sutherland und Kevin Bacon durchzugehen), dem schmalen Geek, der unter dessen Knute zu leiden hat, und die süße, kreative Love-Interest, die selbstverständlich etwas mit eben genanntem Sport-Ekel hatte. Ihr wisst eigentlich schon jetzt, was passiert: Nummer Viers Superkräfte, die sich zunächst nur in leuchtenden Händen buchstäblich manifestieren, werden publik, woraufhin die faulzahnigen Mogs ihren Space-Zirkus nach Paradise verfrachten.

Zugegeben: Wann immer der Film Gefahr läuft, seine Zuschauer mit generischem Quatsch aus dem Filmhaus zu jagen, gelingt es Caruso doch wieder, das Interesse dafür zu wecken, was als nächstes passiert. Mit dieser Fahrstuhltaktik mogelt sich IA#4 auch an den hämischsten Lachern vorbei, die aus dem Publikum auf seine Kosten erklingen, bis hin zu einem durchaus annehmbaren Finale, das man ihm in dieser Form nicht zugetraut hätte.

Trotzdem bleibt er bis auf die Knochen der vorhersehbare, geistlose Kitsch mit George-Lucas-Gedenkdialogen, den man von einem Streifen erwartet, der nur aus einem Grund existiert: Weil ein Autor mit einer dehnbaren Auffassung vom nötigen Wahrheitsgehalt einer Autobiografie ganz korrekt beobachtet hat, dass Twilight im Grunde nur die weibliche Hälfte der heranwachsenden Kinogänger bedient.

IA#4 soll mit seinem Fokus auf durchaus kompetent gemachter Action, Superkräften und der – mit Alex Pettyfer unverschämt gut aussehend besetzten – männlichen Hauptfigur beide Seiten ins Boot holen. Wenn man aber ehrlich ist, hat man hier nicht mehr als eine aufgeblasene Doppelfolge von Smallville vor sich. Nicht so unerträglich wie ich erwartet hatte – aber immerhin noch austauschbar genug, um hoffentlich nicht Millionen weitere Teenies dazu zu veranlassen, die Auflage von Full-Fathom-Five-Produkten zu steigern.

Ich bin Nummer Vier läuft ab morgen im Kino

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