Filmkritik: TRON: Legacy
DER Spiele-Film schlechthin?
Darsteller: Jeff Bridges, Garrett Hedlund, Olivia Wilde, Bruce Boxleitner, James Frain, Michael Sheen
Regie: Joseph Kosinski
Buch: Edward Kitsis / Adam Horowitz
Filme wie TRON: Legacy haben bekannterweise nicht selten bestimmte Probleme mit der Logik. Beispiel gefällig? Nun, Computer-Visionär Kevin Flynn (Jeff Bridges) schwärmt unentwegt von dem Cyber-Universum, das er geschaffen hat. Dem Raster. Es werde alles verändern, Philosophie, Religion und Konsorten, etc. pp. Und das, wo doch der Laser, der ihn bei lebendigem Leibe in seine virtuellen Sphären hinein digitalisiert – und digitales "Leben" umgekehrt sogar in die richtige Welt materialisiert (!) – doch die eigentliche Sensation ist.
Schon wer das Original aus dem Jahre 1982 kennt, weiß, dass die "Science" hinter dieser "Fiction" dünner ist als das Zelluloid, auf dem der Film sein Dasein fristen würde, wäre er nicht mit digitalen Kameras aufgenommen worden. Kein Zweifel, auch TRON: Legacy ist nicht mehr als ein unentwegt pulsierender Action-Film, der mit jedem Gedanken, den man nachträglich auf seine Handlung richtet, in der Erinnerung etwas weniger neonblau leuchtet. Allerdings ist er auch nicht weniger. Tatsächlich hat er mir doch besser gefallen als die allermeisten anderen Filme der Marke "Hirn dicht, Augen auf!".
Der Film lebt allein von seinem phänomenalen Daft-Punk-Soundtrack und seiner aufregenden Ästhetik schon so gut, dass man ihn ausgemachten Augen- und Ohren-Menschen beinahe uneingeschränkt ans Herz legen kann.
Ob es nun oder der Sprung in die dritte Dimension ist, den der Film nach der in 2D gehaltenen Exposition vollführt, die verdammt kreativen Lightcycle-Rennen oder Disk-Deathmatches: Die solide Regie nimmt einen mit auf eine ausnehmend schön anzusehende Reise, die in ihren reinen Schauwerten an Avatar oder die traumhafteren Passagen von Inception erinnert. Die Macher wollten uns etwas zeigen, das wir noch nicht gesehen haben und die meiste Zeit – vornehmlich aber in den ersten zwei Dritteln – gelingt es ihnen.
Und das musste es auch schon. Anders wäre die in höchstem Maße vorhersehbare Geschichte mit den bereits angerissenen, inhärenten Logikschwächen kaum zu ertragen. Die gehen sogar so weit, dass ein Charakter im letzten Drittel etwas macht, was dieser ganzen Welt einige Probleme erspart hätte, aus dramaturgischen Gründen aber erst auf dem Höhepunkt des Films erfolgen durfte. Auch der titelspendende Held des ersten Teils ist ein bisschen verschenkt. Schade. Ansonsten machen die Darsteller das Beste aus dem etwas dünnen Skript und bieten genreübliches Handwerk ohne nennenswerte Ausfälle. Bridges ist eben Bridges und Hedlund gibt den rebellischen Sprößling unaufgeregt, wenn auch etwas flach. Einzig der sonst so exzellente Martin Sheen (u.a. Frost/Nixon) trieb mich mit seinem exaltierten Spiel an den Rand einer Fremdschäm-Attacke.
Leider enttäuschen die Effekte in einer einzigen, dafür aber ärgerlichen Hinsicht. Antagonist Clu – ein tricktechnisch um 20 Jahre verjüngter Jeff Bridges – strahlt für einen digitalen Diktator mit Kurs auf Völkermord im Namen der Perfektion (woher kommt einem das bloß bekannt vor?) zum einen zu wenig Gefahr aus und krankt zum anderen am Uncanny-Valley-Syndrom. In der Augenpartie des per CGI erschaffenen Bösewichts regt sich einfach nichts Menschliches. Im Kontext des Films wäre dies okay, wenn alle Programme des Rasters so aussähen. Clu ist – aus offensichtlichen Gründen – aber das Einzige, das eindeutig als künstliche Person zu identifizieren ist.
Unterm Strich reicht das aber nicht, um einem den Spaß an diesem optisch und tontechnisch ungemein fesselnden Spektakel zu nehmen. Wenn links und rechts die Programme in ihre Voxel-Einzelteile zergehen und sich an Boden, Decken und Wänden verteilen wie eine Kiste LEGO-Steine in den Händen eines wütenden Kindes, erzielt das fast immer den gewünschten Effekt: Man schaut einfach gerne zu. Auch wenn man aus dem Streifen nicht viel mehr mitnimmt als die Gewissheit, in Olivia Wildes Quorra der Geburt einer neuen Geek-Ikone beigewohnt zu haben, so muss man doch gestehen: Kein per se guter, aber dennoch ein sehenswerter Film!
TRON: Legacy ist ab dem 27. Januar in den deutschen Kinos zu sehen.