Final Fantasy 15 Windows Edition: Grafikkarten zum Frühstück?
Warum in Sachen Hardware-Hunger vielleicht doch nicht alles so schlimm wird.
Ich habe keine Ahnung, wie solche Dinge passieren, aber als Anfang des Monats das Benchmark-Tool zu Final Fantasy 15 erschien, bewirkte das genau das Gegenteil seiner eigentlichen Mission: Statt "Buzz", guter Mundpropaganda und erleichtertes Schweiß-von-der-Stirn wischen verbreitete das Hardware-hungrige und launische Biest von einem Techniktest Angst und Schrecken. Und zwar selbst unter den FF-Interessierten, die eigentlich einen ziemlich dicken Rechner unterm Tisch stehen haben.
Beruhigende Worte von Square, technische Probleme, unter anderem mit den Level-of-Detail-Mechanismen des Benchmarks, seien für die den performance-seitigen Kollaps verantwortlich und zum Start des Spiels Geschichte, folgten schnell. Wie zum Beweis zeigte Square Enix gestern in Hamburg eine spielbare Version der Windows Edition, an die ich mich natürlich mit umso größerer Neugierde machte. In 4K und mit entsprechenden Rechnern wollte der Hersteller jeglichen Zweifel an der Qualität dieses Ports ausräumen. Resultat nach zwei Stunden: Genügsam in Sachen Rechenleistung wird das hier wohl immer noch nicht. Trotzdem ist mir heute deutlich weniger Angst und Bange als unmittelbar, nachdem der alte Benchmark meinem i7-PC mit Geforce 1080 ein blaues Auge und einen Tritt von hinten zwischen die Beine verpasst hatte.
Die schlechte Nachricht vorweg: glatte 60 FPS waren das hier längst noch nicht - obwohl in den Testcomputern Geforce 1080 Ti verbaut waren, die stärkste "echte" Verbraucherkarte (klammern wir Nische-der-Nische-Kapriolen wie die Titan mal aus). Die Gute: Die magische Optimal-Bildrate schien sehr wohl in Griffweite. Was sich hier abspielte, waren unfassbar schöne 4K in durchweg deutlich mehr als 30, oft tatsächlich 60 Bildern pro Sekunde, und zwar bei allen Sperenzchen, die sich selbst Digital Foundry für seine Benches nicht einzuschalten traut. Nvidia Hairworks und die Turf-Technologie, die dafür sorgt, dass Grashalme komplett polygonal ausmodelliert sind und realistisch auf Heldenstiefel reagieren zum Beispiel.
Leute mit Performance-Faible stellen solche zugegebenermaßen attraktiven Grafikkapriolen - und oh weh, sehen die zotteligen Steppenbisons mit Hairworks fantastisch aus - in der Tendenz ohnehin ab, selbst wenn sie sich schon oberhalb der magischen 60 bewegen. Machen wir uns zudem nichts vor: Die Mehrheit der User spielt heute immer noch in 1080p, der harte Kern der Enthusiasten eher in 1440p - dem allseits anerkannten "Sweet-Spot" zwischen Pixeln und Performance. Das sind vierfach, beziehungsweise zweieinviertelfach weniger Pixel als die Demo-Geräte hier wuppen mussten und für diese Leute sehe ich gute Chancen, dass sie ein sehr flüssiges PC-Final-Fantasy erleben.
Wer mit 1080 Ti auf 4K pocht, kann sich entweder immer noch auf die 30 FPS festlegen, die schon Millionen Konsolenspielern genügten oder hat ohnehin schon eine Menge Übung mit den Einstellungen, um zufriedenstellende Settings zu erzielen - sofern mit der Skalierbarkeit der Engine an sich kein tiefergehendes Problem besteht. Davon gehen wir erstmal nicht aus - zumal der technische Leiter und Designer der Luminous Engine, Takeshi Aramaki uns erzählte, dass genau das der Grundstein beim Entwurf der Technik gewesen sei - und berichten zum Test eingehender von unserem Erlebnis.
Die Frage, die man eigentlich stellen sollte, ist aber wohl die: Rechtfertigt die Umsetzung eines eine Generation lang in der Entwicklung befindlichen Konsolentitels von vorletztem Weihnachten überhaupt, dass man derartige Hardware-Power auf sie wirft? Für mich könnte die Antwort klarer nicht ausfallen. Sicher, die eine oder andere unscharfe Textur erkennt man von der Konsole wieder. Die vielerorts neuen "Tapeten" und der potenziell höhere Pixel-Count rücken die geradezu lächerlich detailverliebten Artworks und Charakterdesigns aber noch ein bisschen prominenter in den Vordergrund. Lederne Monsterhaut oder die Schuppen eines vielköpfigen Lindwurms wirken plastischer, während Licht und Schatten in gesteigerter Qualität viel für Atmosphäre und Mittendringefühl tun.
Eine bessere und stabilere Performance als auf PS4 und Xbox One käme unterdessen dem schnellen und überraschend technischen Kampfsystem zu Gute, um auch in der dicksten Keilerei den Durchblick zu behalten. Insofern: Ja, auf dieses Spiel mehr technische Ressourcen zu werfen, macht wirklich viel Sinn. Tatsächlich scheint ein von vorne bis hinten so royal durchgestaltetes Prunk-RPG prädestiniert dafür, ein Schlachtschiff von einem Rechner dafür anzuwerfen. Und der Version von gestern nach zu urteilen dürfte optische Qualität jenseits der Konsolenausgaben auch auf deutlich weniger muskulösen Systemen drin sein. Wie gesagt, das nur mal als Nase-in-den-Wind halten. Abschließendes muss der Test klären.
Was wir bereits vor etwas über einem Jahr geklärt haben, ist die Frage zur eigentlichen Qualität von Final Fantasy 15. Angesichts der bewegten und langen Entwicklung - hat da einer "Entwicklungshölle" dazwischengerufen? - durfte man Ende November 2016 sehr wohl überrascht sein, wie viel Pepp in dieser runderneuerten Vision für Final Fantasy steckte. Der interaktive Roadmovie war charmant, herzig, schick sowieso und erwischte einen durchweg auf dem falschen Fuß, war eigen und gewillt, Teile seiner Zielgruppe gegen den Strich zu bürsten. Das war die Reihe häufig genug und ließ so Kritikern Mal um Mal hämische Sprüche über Sequelitis und beispiellos hohe Nummerierung im Halse stecken bleiben. Was man nun von den einzelnen Serieneinträgen halten mag, dazu gehört eine Menge Mut. Auch hier ist er wieder mehr als deutlich zu sehen.
In der Windows Edition bollert dieses gewaltige Spiel mit allen bisher erschienenen Erweiterungen auf die Heimcomputer ein - und bringt sogar ein paar neue Features mit (die auf Konsole in der Royal Edition stecken): Mit der königlichen Yacht, dem Royal Cruiser, darf man nun komplett frei auf den Gewässern von Eos umherfahren, neue Fische angeln und "meeresbasierte" Quests - Kenichi Shidas (Game Design und Development Manager von FFXV) Worte, nicht meine - absolvieren. Optional spielt man nun auch in Ego-Perspektive, was für die Erkundung der Welt cool war, aber im Kampf an Übersicht vermissen ließ, und erlebt in den Insomnia-Ruinen in Kapitel 14 ein deutlich ausgedehntes Story-Segment.
Zudem schaltet man nun durch das Finden aller 13 Phantom-Waffen den neuen Kampfstil "Armiger Unleashed" frei. Kenichi Shida verriet uns dazu: "Zu diesem Punkt des Lebenszyklus' von Final Fantasy 15 wollten wir etwas für Action-Spiel-Veteranen tun, die eine noch größere Herausforderung suchen. In diesem Modus sind alle Zeitfenster für eure Eingaben sehr streng und knifflig. Aber wenn man wirklich gut ist, legt man fantastische Kombos hin und kann fabelhaft angeben. Das ist der Gedanke dahinter". Zusätzlich habe man auch einige deutlich forderndere Bosskämpfe integriert.
Überhaupt imponiert, wie lange und ausgedehnt das Team das Spiel seit der Veröffentlichung unterstützte. Ermüdung verspüren Kenichi Shida und Takeshi Aramaki nach eigenen Angaben aber nicht. Dem habe gute Planung und ausgiebige Rotation des Personals effektiv vorgegriffen. Ganz im Gegenteil, Final Fantasy 15 ist offenbar noch längst nicht am Ende. "Wir haben alles integriert, was wir uns zu Beginn vorgenommen hatten. Wir sind so überrascht von den Reaktionen der Leute über unsere Arbeit. Die fiel so viel umwerfender aus, als wir erwartet hatten", lässt uns Kenichi Shida wissen. "Es gibt so viele Fans da draußen, die das Spiel spielen und unterstützen. Ich glaube, wir werden weiter daran arbeiten und Dinge hinzufügen so lange wir Spieler haben, die unser Spiel mögen."
Wenn die Hardware nicht zu qualmen anfängt, kommen ab dem 6. März sicher noch eine ganze Reihe dazu.
Entwickler/Publisher: Square Enix - Erscheint für: PC. PS4 und Xbox One bereits erhältlich - Geplante Veröffentlichung: 6. März - Angespielt auf Plattform: PC