Final Fantasy Countdown: Final Fantasy VI
Perfektion in 16 Bit
Für heutige Anhänger von Rollenspielen japanischer Bauart ist Final Fantasy so ziemlich das Nonplusultra. Der 500-Pfund-Gorilla, der mächtig große Käse. Das war nicht immer so. In den Anfangsjahren der Serie war Final Fantasy beliebt, aber letzten Endes doch vor allem ein Rollenspiel unter vielen anderen, das weit von der Popularität von Platzhirsch Dragon Quest entfernt gemeinsam mit exzellenten Reihen wie SEGAs Phantasy Star oder Nintendos Mother (Earthbound) um die Gunst der Käufer wetteiferte. Final Fantasy VI änderte diesen Status mit einem Paukenschlag.
Kein Zweifel, Final Fantasy V war ein herausragendes Spiel. Trotzdem war man im Hause Square frustriert. Denn während Inhalt und Spielbarkeit voll überzeugten, mussten Hironobu Sakaguchi und seine Mannen bei der Präsentation große Kompromisse eingehen. Ursprünglich war geplant, Final Fantasy V auf einem opulenten 16Mbit-Modul zu veröffentlichen. Doch Nintendo konnte die entsprechenden Speicherchips nicht bereitstellen, Square musste die eigenen Ambitionen zurückfahren und sich mit 12 Mbit begnügen. Dieser Schlag saß und legte den Grundstein für Squares spätere Abkehr von Nintendo.
Doch noch war es zu früh, um an Rebellion zu denken, in der ersten Hälfte der 90er Jahre war Nintendo schließlich noch der unangefochtene Marktführer in Japan. Und nachdem Nintendo bei Final Fantasy VI nun endlich Squares mittlerweile auf üppige 24Mbit gestiegenen Speicherwünschen nachkam, konnten Sakaguchi und seine Leute nun wirklich in die Vollen gehen. Erstmals fungierte der Serienschöpfer als Produzent und bekleidete nicht mehr die Position des Directors und des Autoren: An seine Stelle trat ein junger Mann namens Yoshinori Kitase, der Final Fantasy gründlich umkrempelte!
Kitase verabschiedete sich vom klassischen Fantasy-Setting. Die Welt von Final Fantasy VI bietet noch fantastischen Flair, bereichert diesen aber durch die dort einsetzende industrielle Revolution um zahlreiche Steampunk-Elemente. Jegliche Form von Magie ging in einem langen Krieg verloren, ein totalitäres Imperium erobert mit überlegener Technologie Reich um Reich und nur ein kleiner Trupp Rebellen stellt sich dem übermächtigen Gegner entgegen. Der Schlüssel zur Geschichte ist die junge Terra. die aus unbekannten Gründen die Kunst der Magie beherrscht…
Doch auch wenn Terra, im japanischen Original als Tina bekannt, eine Schlüsselrolle einnimmt, ist sie nicht die Hauptfigur des Spiels. Das gilt auch für den Dieb – Verzeihung, Schatzsucher - Locke, den jungen König Edgar oder Celes, den ehemaligen weiblichen General des Imperiums. Final Fantasy VI hat jede Menge faszinierender Protagonisten, aber keiner von ihnen ist der Held, um den sich die ganze Handlung dreht. Auch wenn nicht alle 14 Figuren gleich wichtig sind, so steht doch keiner so exponiert im Spotlight wie die Kollegen Cecil oder Cloud. Immer wieder teilt sich die Party auf und geht getrennte Wege, immer wieder ändert sich die Zusammensetzung der Truppe. Dabei werdet ihr aber selten so „gegängelt“ wie noch bei Final Fantasy IV. Das Spiel gibt euch meinst ein bis zwei für den Plot relevante Figuren vor, die anderen Plätze der Vierertruppe könnt ihr nach eigenem Geschmack auffüllen.
Ähnlich wie in Final Fantasy IV hat in Teil VI wieder jeder Charakter seine eigene Klasse und eigene Spezialmanöver. Kampfkünstler Sabin (in Japan bekannt als Mash) heizt den Gegnern bei korrekter Move-Eingabe mit Street-Fighter-mäßigen Specials ein, Samurai Cyan (in Japan Chayenne) lädt langsam seine Spezialmanöver auf, König Edgar setzt auf mechanische Hilfsmittel. Trotzdem habt ihr bei der Charakterentwicklung mehr Freiheiten als in Teil IV, wenn auch nicht so viele wie in Final Fantasy V. Zum einen kann jede Figur zwei Accessories ausrüsten, die neue Fähigkeiten, Talente, Immunitäten oder Boni verleihen, zum anderen kehrt nach gut einem Drittel des Spiels Magie zurück in die Welt und kann individuell erlernt werden.