Final Fantasy Countdown: Final Fantasy VI
Perfektion in 16 Bit
Neben klassischen Dungeons und Dörfern kommt Final Fantasy VI immer wieder mit beeindruckend inszenierten Set-Pieces daher. Da flieht die Party durch einen Mode7-Tunnel aus der imperialen Hauptstadt Vector, dann wieder gilt es, in einer strategischen Sequenz angreifende Truppen davon abzuhalten, Terra zu erreichen. Und wie könnte man jemals die grandiose Operndequenz vergessen, in der sich Heldin Celes mit digitalisierter Pseudo-Stimme als Sängerin Maria ausgibt, um die Aufmerksamkeit von Glücksspieler Setzer, dem Besitzer des einzigen Luftschiffs der Welt zu erregen? Nicht wenige Spieler saßen hier völlig sprachlos vor der Konsole – so etwas bot kein Spiel zuvor.
Auch Traditionskomponist Nobuo Uematsu lieferte für Final Fantasy VI einen der besten Soundtracks seiner Karriere ab. Jeder der Charaktere hatte ein eigenes Leitmotiv, das in verschiedenen Variationen immer wieder auftauchte. Ist das Thema von Draufgänger Locke eigentlich ziemlich heldenhaft und energiegeladen, wirkt die Wiederaufnahme des gleichen Themas bei einer Rückblende in Lockes Vergangenheit ruhig, getragen und mit einem tragischen Anstrich versehen. Am großen Finale des Spiels kulminiert der Soundtrack schließlich zunächst im furiosen Track-Dancing-Mad, um im Abspann schließlich in einem fast 30-minütigen, komplett durchkomponierten Stück, das die Motive aller 14 Charaktere noch einmal aufgreift, und dem klassischen Final-Fantasy-Thema auszuklingen.
Es ist durchaus etwas schade, dass Final Fantasy VI gerade in Europa heute immer noch ein relatives Nischendasein fristet. Inhaltlich steht es seinem direkten Nachfolger in nichts nach, grafisch gehört es zur Crème de la Crème der 16Bit-Ära und spielerisch bietet es beeindruckend viele Möglichkeiten sowie Freiheiten.
Nur leider hat der Großteil von Europa dieses Meisterwerk viele Jahre zu spät erlebt, erst in der schwachen PSone-Konvertierung erschien Final Fantasy VI Anfang des Jahrtausends endlich in Europa – doch da waren die Fans schon auf Final Fantasy X angespitzt und sahen das 16Bit-Wunder eher als Trägermedium für die Demo der kommenden PS2-Episode. Deswegen hier mein deutlicher Rat an alle, die Final Fantasy VI noch nicht gespielt haben: Holt es nach. Auch wenn es möglicherweise nicht ganz einfach wird...
Final Fantasy VI ist in drei Fassungen im Westen erschienen. Das nur in den USA unter dem Titel Final Fantasy III erschienene SNES-Original ist davon bis heute die beste und bietet einwandfrei übersetzte (englische) Texte, optimale Soundqualität und keinerlei Ladezeiten. Leider ist das Spiel nur auf NTSC- oder umgebauten PAL-Konsolen im 60HZ-Modus einwandfrei spielbar. Spielt man Final Fantasy III auf 50HZ, sind die Menübildschirme von der Weltkarte aus nicht aufrufbar und – weitaus schlimmer – der Abspann bricht nach etwa der Hälfte der Zeit ab, da durch die 50HZ-Bremse Bild und Ton mehr und mehr asynchron werden.
Dieses Problem hat die PSone-Konvertierung nicht. Die wäre an sich absolut brauchbar, allerdings leiden Spielfluss und auch Spielspaß enorm durch die extrem langen Ladezeiten. Eine sehr gute Alternative zum heute natürlich nicht ganz billigen 16Bit-Original stellt die GameBoy-Advance-Konvertierung dar. Die wurde neu übersetzt (erstmals auch ins Deutsche) und um ein paar kleine Ergänzugen bereichert, der einzige Nachteil ist die nicht ganz optimale Soundqualität. Allerdings macht sich auch die Advance-Fassung mittlerweile etwas rar, unter 40 Euro werdet ihr wenig Glück haben.
Aber ganz egal, welcher Preis auch drauf steht, Final Fantasy VI ist ihn wert. Gemeinsam mit Chrono Trigger und Phantasy Star: End of the Millenium ist Final Fantasy VI DAS definitive 16Bit-Rollenspiel und gemeinsam mit Teil VII das Spiel, das die Final-Fantasy-Serie am stärksten geprägt hat. Final Fantasy geht inhaltlich mutig neue Wege, spielt noch einmal all die Stärken der 8- und 16Bit-Episoden voll aus und gibt bereits einen deutlichen Ausblick auf die den dramatischen Wandel, den Final Fantasy mit dem Sprung auf CD und 32 Bit erfahren sollte.