Final Fantasy IV
Aus alt mach neu
Wenn es um Final Fantasy II geht, werde ich immer nostalgisch. Ja, II, schließlich importierte ich unter dieser Nummer vor so vielen Jahren für gefühlte Unsummen das Super Nintendo-Modul und versank für Wochen in tiefer 16-Bit Rollenspiel-Glückseligkeit. Ein solch komplexer, packender Koloss kam damals nicht jeden Tag daher.
Heute sieht der Markt etwas reicher aus, Final Fantasy II beziehungsweise Final Fantasy IV - für alle Unkundigen: IV kam seinerzeit in den USA als II raus - feierte seine Wiederkehr bereits auf Gameboy Advance, Playstation sowie Wonderswan. Und trotzdem verbreitet der neueste Ableger für das DS sofort wieder diese gewisse Art warmer Wohligkeit im Retrogamerherz. Ich will versuchen, sie abzuschütteln, um nicht in haltlose Schwärmerei zu verfallen und zu gucken, ob es sich auch zum fünften Mal lohnt, das praktisch gleiche Spiel einzulegen.
Fans, Kenner und alle anderen, die bereits Kontakt mit diesem Final Fantasy-Teil hatten, finden sich sofort zurecht. Geographische Abweichungen sucht Ihr genauso vergeblich wie Änderungen in der Handlung, den Kämpfen, Monstern und Charakteren. Ihr startet im Schloss nach einer leicht spielbaren, ausgiebigen und diesmal auf Wunsch abbrechbaren Einleitung, zieht als dunkler Ritter Cecil zusammen mit Kain in die Schlacht und müsst niemanden nach dem Weg fragen. Es ist der Gleiche, den Ihr schon vom letzten Mal kennt.
Aber auch Erstbesucher müssen nicht zögern. Final Fantasy IV sammelt zwar die Jahre auf dem Buckel, trägt sie aber aufrecht und mit viel Würde. Viel komplexer als diese Verwicklung aus Schuld und Sühne, Liebe und Hass, Verrat und Heldentum gerieten auch die modernsten Ableger japanischer Rollenspielkultur kaum. Nur, dass es hier halt erzählerisch auf relativ wenig Text zusammengefasst wurde. 4 Mbit waren halt damals doch nicht die Welt.
Beim Kampfsystem hat sich bis heute auch nicht so wahnsinnig viel verändert, wenn Ihr einen Blick auf die letzten Jahre werft. Rundenkampf mit dem berühmten „Active Time Battle“-Balken, der Euren nächsten Zugzeitpunkt ankündigt, gibt es in zig Variationen bis zum heutigen Tag. Lebenstränke konsumiert Ihr immer noch und Magie wird ebenfalls in strukturierten Menüs angewählt. Nur die Effekte gerieten meist bombastischer. Selbst, wenn Square Enix natürlich kräftig für den DS an der Grafiktuning-Schraube drehte.
Wie auch schon bei Final Fantasy III präsentiert sich die ganze Welt in einem frischen, wenn auch stellenweise etwas leer wirkenden 3D-Charme, der es leider nicht ganz schafft, die Unschuld früher 2D-Tile-Welten zu transportieren. Gar seltsam wirkt der Versuch, die Kopffüßler in drei Dimensionen darzustellen. Was bei der holden Weiblichkeit vielleicht noch als fehlgeleitetes Supermodel durchgehen kann, mutet bei den Männern irgendwie außerirdisch deformiert an. Die Monster dagegen gelangen weit besser. Und wenn es so hübsch ist, lässt man sich doch gerne von Dark Bahamut mal wieder einstampfen.
Die Musikuntermalung schwelgt dabei ganz unverhohlen in vergangenen Tagen. Die Melodien polierte Square ein wenig auf, arrangierte sie minimal (nur, wenn absolut nötig) neu und lässt sie einfach ihren Panache versprühen. Von den Anfangsklängen über den Chocobo-Wald bis zum Lovetheme ist alles dabei und klingt frisch wie eh und je.
Lasst Euch nicht von der warmen Retrowärme einlullen. Selbst der erste Endgegner wird Euch binnen kürzester Zeit auf den Startbildschirm zurückschicken, solltet Ihr nicht mit einem Minimum an Engagement für Hochleveln und Planung aufwarten. Und gespeichert wird natürlich nur vor dem Dungeon, also richtet Euch auf das eine oder andere Frusterlebnis ein. Gerade zum Ende locken ein paar geradezu lächerlich brutale Kämpfe. Ich mag mich täuschen, mein Gedächtnis reicht vielleicht nicht ganz so weit zurück, aber ich würde sagen, dass hier die brutalste Version von Final Fantasy IV Eure Nerven testet. Spätestens der Wurm, der einfach und ohne Zögern die Party frisst, trägt die Verantwortung für ein paar Bißspuren im DS.
Einen kleinen Ausgleich und den größten Unterschied zu früheren Versionen bieten die Augments, spezielle Fähigkeiten, die Ihr an bestimmten Stellen des Spiels einsammelt und dann einem Charakter zuweisen könnt. Permanent. Dinge wie +50 % auf Magie oder Counter haften an der Figur und geben Euch einen minimalen Vorsprung. Sie bilden auch den größten Wiederspielwert, da mit jedem Durchgang neue dazukommen und Ihr die alten übernehmt. Und „Safe Travel“ schließt man einfach sofort ins Herz: Keine Zufallskämpfe mehr, solange Ihr es nicht wollt. Das ist in Final Fantasy wahre Macht!
Ob das für Euch reicht, erneut eine Runde zu wagen, müsst Ihr selbst wissen. Auf dem DS bekommt Ihr eine fordernde neue, gelungene Version. Nur natürlich kein neues Spiel. Wer dagegen noch nie in das Vergnügen dieses Mammuts aus alten Tagen kam, braucht nicht zu zögern, sobald es an unsere Küsten gespült wird. Final Fantasy IV steht Kopf und Schulter über dem Großteil der aktuellen Rollenspiele für das System. Selbst, wenn einige der Charaktere seltsam anmuten und es den Härtegrad von Teil 3 locker hinter sich lässt. Es macht den Sieg anschließend nur umso schöner!
In den USA ist Final Fantasy IV bereits erhältlich. Hierzulande wurde es für Anfang September angekündigt.