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Stranger of Paradise Final Fantasy Origin Test - Das Souls, das keines ist

Final Fantasy versucht sich mal wieder in Sachen Action und orientiert sich dabei am populären Souls-Genre. Aber so richtig möchte das alles nicht zusammenpassen. Kein Totalausfall, aber auch nur ein nettes Spiel.

Final Fantasy orientiert sich am populären Souls-Genre, aber so richtig möchte das alles nicht zusammenpassen. Am Ende bleibt es bei "nett".

Dies ist ein durch und durch seltsames Spiel. Es beginnt schon mit der Prämisse von Stranger of Paradise Final Fantasy Origin. Eine Art Prequel-Remake zum ersten Final Fantasy? Die Vorgeschichte, das Prequel, ist dabei doch ganz einfach: "Wir brauchen einen Hit, sonst ist unsere Firma weg. Die Leute mögen Dragon Quest. Das machen wir jetzt auch." Ende der Vorgeschichte. Im Spiel merkt man aber schnell, dass es sich bei Paradise nicht unbedingt um eine solche handelt, aber auch nicht um eine einfache Nacherzählung. Vielmehr lässt es sich mit Paralleluniversen aus dem Comic-Bereich vergleichen. Oder mit Final Fantasy VII Remake, das sich auch ein wenig wie ein alternatives Universum anfühlt.

Waren die ursprünglichen "Kämpfer des Lichts" in Final Fantasy 1987 eine recht undefinierte Truppe - schließlich konnte man sie sich im Rahmen der bescheidenen Möglichkeiten selbst zusammenstellen -, gibt es nun fünf definierte Charaktere. Ihr habt zwei Alibi-Mädchen, den lustigen Hipster, den weisen Farbigen und den grummeligen Psychopathen. Nein, es ist nicht Final Fantasy VII, nur nah dran. Jeder Held trägt einen Element-Kristall, der, statt farbig zu strahlen, schwarz bleibt. Wenn vier solche Helden zusammenkommen, werden sie das Chaos besiegen. So die Legende. Die hier ein wenig erweitert wurde.

Final Fantasy gibt sich immer maximale Mühe mit pseudo-hippen Design in einem sonst auf Fantasy ausgelegten Spiel jeden zu verschrecken. Stranger of Paradise ist da sicher nicht die Ausnahme...

Stranger of Paradise folgt dem ursprünglichen Plot durchaus nah genug, um den Remake-Gedanken aufkommen zu lassen, weicht aber clever genug ab, um der damals noch nicht ganz ausgereiften Saga etwas mehr Fleisch auf die Knochen zu geben. Es ist eine oft etwas langweilige, aber im Grunde solide Fantasy-Geschichte mit stereotypen Figuren um die Helden herum. So wie das Original auch. Erst in den letzten Stunden kommt dann alles zusammen und die Qualität des Handlungsbogens macht einen heftigen Sprung nach oben. So wie im Original auch.

Trotzdem, die Charaktere sind leider mit das größte Problem, denn man muss Final Fantasy nicht verlassen, um zig Äquivalente zu diesen ausgelatschten Persönlichkeits-Templates zu finden. Sie sehen initial nicht nur aus, wie eine Casting-Pop-Truppe, sie scheinen auch nach einer entsprechenden Schablone zusammengestellt. Nichts, was man nicht aus zig anderen J-Spielen kennen würde, die eine Zielgruppe von etwa 14 bis 20 bedienen möchten. Nun, ich nehme an, eine hinlänglich bekannte Persönlichkeit ist besser als gar keine. Oder so. Lasst euch auch von dem verpennerten Look in den Trailern nicht täuschen. Nach einer halben Stunde habt ihr so viel Rüstungs-Loot, dass ihr diesen Anblick schnell wieder vergessen könnt.

Was das eigentliche Spiel angeht: Team Ninja hat mit Nioh zwei außergewöhnlich gute Souls-Klone abgeliefert, die klar zeigen, dass das Team verstanden hat, was den Reiz dieses Sub-Genres ausmacht. Mehr als nur den reinen Schwierigkeitsgrad braucht es cleveres Leveldesign, das verschachtelt Lust auf Erkundung der kleineren Areale macht. Ihr sollt Lust haben, Abkürzungen zu öffnen, neue Wege zu finden und so einen Grund haben, immer wieder mal in den Gebieten vorbeizuschauen, was es denn noch geben könnte. Nichts davon bekommt Stranger of Paradise auf die Reihe.

...aber schnell findet ihr Rüstungen und dann bessert sich die Lage. Etwas zumindest.

Ihr habt in den meisten Fällen weitestgehend simpel gestaltete Schlauchlevel, die hier und da höchstens mal eine Seitensackgasse bereithalten, um eine Schatzkiste extra unterzubringen. Ansonsten rennt man von A nach B durch. Es würde auch keinen Sinn ergeben, Abkürzungen zu öffnen: Im Gegensatz zu Nioh oder Souls sind Veränderungen im Level nicht persistent. Ihr wählt einen Stage auf der Landkarte aus, spielt ihn durch und wenn ihr dann von der Landkarte erneut reingeht, ist wieder alles wie vorher. Runtergetretene Leitern oder geöffnete Tore sind wieder oben, beziehungsweise geschlossen. Ihr spielt den ganzen Level noch mal so, als wäre es das erste Mal. Immerhin sind auch die Schatztruhen wieder an ihren Orten und bereit, erneut geplündert zu werden.

Das raubt einem schon die Motivation, sich näher mit den Stages zu befassen. Erneut durchrennen tut man nur für das Loot und die Levelaufstiege. Da, wo ein Nioh oder Souls sehr gezielt jedes einzelne Item platziert, wird euch das Loot in Paradise kübelweise über das Heldenquartett gekippt. Zig Ausrüstungsgegenstände aller Art, Waffen noch und nöcher, nach jedem Run kommt man mit hundert oder mehr Sachen aus dem Dungeon. Es ist nicht nett, dass es eine Automatik gibt, um die besten Sachen auf Knopfdruck anzulegen. Es ist lebenswichtig. Alle paar Speicherpunkte einmal kurz ins Menü, entsprechende Taste drücken, alle Helden sind ein klein wenig besser. Der Rest wird dann im Schmiedemenü zwischen den Stages kurzerhand in Crafting-Material umgewandelt, das ihr nutzt, um kleine Boni für euer aktuelles Equipment rauszuholen. Ich habe das ehrlich gesagt so gut wie nie gemacht. Sicher, die Boni sind nicht zu verachten. Aber was noch bessere Boni bietet, ist die Waffe oder Rüstung, die ich fünf Minuten später zufällig einsammle.

Auf dem höchsten Level kann und muss man sogar ein klein wenig mehr Zeit dafür einplanen, vor allem weil das Job-System noch chaotischer ist als die zig Waffenhaltungen in Nioh. Davon abgesehen ist Stranger of Paradise aber ganz klar auf mehr Zugänglichkeit ausgelegt. Der normale und selbst erste härtere Schwierigkeitsgrad liegt auf einem handzahmen Level nach allgemeinen Action-Adventure-Maßstäben. Aus Souls/Nioh wurde die limitierte Zahl an Heiltränken übernommen, die ihr an im Level verteilten Speicherpunkten auffüllt. Jenseits der Bosse sollte das aber selten ein Problem sein, ihr habt einfach genug davon. Auch das bekannte Schema, dass die Monster zurückgesetzt werden, sobald ihr speichert, wurde übernommen.

Im Grunde lauft ihr die wichtigsten Locations des ersten Spiels ab, wie den Piraten-Dungeon zum Beispiel. Nur eben in schön. Nun, relativ schön. Ein wenig vielelicht. Okay, es ist kein schönes Spiel.

All diese Parallelen zum Souls-Genre, gemixt mit einem Loot-freudigen Standard-Action-Adventure, machen für mich schlicht keinen echten spielerischen Sinn. Ich habe wenig Gründe, innerhalb eines der eh nie sonderlich langen Stages zurückzulaufen. Insoweit ist es mir egal, ob die Monster hinter mir wieder ihre Bahnen ziehen. Die vor mir, die ich eh noch nicht besiegt habe, betrifft das alles auch nicht. Es ist nicht so, dass es mehr Monster gäbe, wenn ich die Speicherfunktion häufiger nutze, um nur irgendeinen Gedanken zu dieser Art des Gameplay in den Raum zu werfen. Praktisch alle Souls/Nioh-Anleihen im Gameplay fühlen sich nach Design-Blinddärmen an. Hatten mal ihren Sinn in einer anderen Zeit und einem anderen Spiel. Sind hier halt drin, weil... Nun, das ist halt das, was Team Ninja heutzutage so macht.

Zurück zu den Klassen und Jobs. Die Jobs definieren, welche Spezialangriffe ihr nutzt und ob ihr Magie überhaupt nutzen könnt. Da der Instant-Wechsel zwischen etwa zehn Jobs plus diversen Unterkategorien für jeden davon jedes Interface überfordern würde, wählt ihr zwei Waffen aus. An den Waffen hängen dann die Job-Klasse und die Fertigkeiten. Jede Job-Klasse wird nur dann gelevelt, wenn ihr sie auch nutzt, also bieten sich Wechsel von Zeit zu Zeit an, wenn ihr einen Pfad ausgereizt habt. Das geht auch relativ schnell, bereits im dritten oder vierten Gebiet hatte ich den ersten Job-Pfad des Schwertkämpfers auf Maximum und konnte in eine der so freigeschalteten Subklassen wechseln. Zwischen den zwei gewählten Waffen könnt ihr dann schnell wechseln, für alle anderen müsst ihr ins Menü. Da Pause zwar kein Thema ist, aber in der Pause nicht die Waffen gewechselt werden, müsst ihr euch schon überlegen, mit welcher Kombi ihr in einen Kampf geht.

Das HGerz des Kampfes ist das komplex Job-System mit nicht weniger als 28 einzelnen Kategorien. Das heißt 28 Fertigkeitenbäume. Mehr ist nicht immer besser. hier ausnahmsweise mal ja.

All das machte ehrlich gesagt einen guten Teil des Reizes von Stranger aus, da auf diese Weise der Spielfluss immer ein wenig neu definiert wurde. Lediglich Magie schien mir immer etwas zu umständlich, was wohl auch der Grund ist, dass Jack selbst mit einem Zauberstab noch ganz ordentlich zuschlagen kann. Trotzdem, auch diese Klassen hatten ihren Reiz, da wie immer die richten Elementar-Effekte einem Boss ganz schön zusetzen können. Spätestens, wenn ihr mit Sprüchen wie Ultima spielen dürft, ändert sich der Blick auf Magie, so immer noch umständlich sie sein mag.

Überhaupt ist es die Action, die dieses nicht gerade kurze Spiel - geschätzte 30-40 oder mehr Stunden - trägt und das ist kein kleines Kunststück bei einer Handlung, die erst auf den letzten Metern mitreißt. Team Ninja weiß, wie schnelle Attacken der Bosse funktionieren müssen, um euch die Konter schmackhafter zu machen, als es das Button-Mashing je sein könnte. Ihr beginnt nach und nach die zahlreichen Möglichkeiten und Spielweisen in den Kämpfen auszureizen, greift ihre Element-Attacken ab, um sie direkt zurückzuschleudern und habt es manchmal nicht leicht, euch für einen Job und damit Spielstil zu entscheiden. Sie machen halt alle schon Laune. Jeder auf seine Art und das ist ein in keiner Weise zu verachtendes Kunststück in Sachen Spieldesign. Paradise besteht zu 75 Prozent aus diesen Kämpfen, zu 15 Prozent aus Herumwandern in uninspirierten Leveln und dem Looten. Der Rest entfällt auf Story und Party-Management. Wenn 75 Prozent sich also einfach gut spielen, dann macht das Game was richtig.

Wie fast jedes moderne Kampfsystem wollt ihr auf den 'Stagger'-Moment hinarbeiten, um dann einen Instant-Kill zu landen. Das ist auch der eigentliche Sinn, brav die richtigen Jobs, Attacken und Elemente zu nutzen.

Dabei hilft der schier unerschöpfliche Pool an Final-Fantasy-Monstern. Team Ninja hielt sich nicht strikt an die Gegner des ersten Teils, so kamen zum Beispiel Coeurls erst im zweiten Final Fantasy vor. Nun, da muss man nicht nörgeln, sondern kann einfach annehmen, dass es sie in der Welt damals gab, nur ist man ihnen eben nicht begegnet. Die besseren Monster haben in Paradise auch alle ihre Taktiken, Zauber und Effekte und wenn es mal zur Sache geht, kann es auch schnell zu Ende sein. Paradise ist kein schwieriges Spiel, aber schon eines, bei dem man nicht zu sorglos sein sollte. Eine gute Balance am Ende, selbst wenn es hier und da ein wenig Grinding in Form von mehrfach besuchter Stages gibt. In diesen Fällen geht es meist in die andere Richtung durch den Level oder es gibt eine Sonderkondition, dass ihr eine bestimmte Zahl eines bestimmten Gegners finden müsst. Nichts davon ist aufregend, aber immerhin senkt es das Gefühl der reinen Wiederholung beim Grind. Erneut, in einem echten Souls-Aufbau hätte man da weit mehr draus machen können, aber mit diesen Leveln war das wohl das, was geht.

Es gibt keine richtigen Städte, durch die ihr lauft. Die Dialoge werden in einem Menü ausgewählt und dann so angezeigt. Effizient, nehme ich an...? Auf jeden Fall auch eine Art das zu handhaben.

Ganz mehr wäre sicher bei der Technik gegangen. Wenn das Design der Welt und Dungeons dermaßen trist und belanglos ausfällt, dann retten 4K und HDR auch nicht mehr viel. Ganz ehrlich, das ist das unspektakulärste Final Fantasy seit Jahren. Am Ende nenne ich es mal technisch funktional. Schwerlich ein großes Lob. Dafür sind die Ladezeiten auf der PS5 schön schnell, das ist ja auch was.

Zum Schluss aber noch der vielleicht wichtigste Punkt: Ich hätte es oben bei den drei Charakteren erwähnen können, aber es ist zu relevant, denn es hebt das Gameplay von Paradise auf einen weit höheren Level. Der Koop-Modus rockt. Ihr spielt zu dritt und könnt euch natürlich viel besser koordinieren. Ihr könnt die Stärken der Jobs besser nutzen. Der höchste Schwierigkeitsgrad wandelt sich von leicht unfair zu genau richtig, um eine echte Herausforderung zu haben. Paradise läuft hier zur Hochform auf, zumindest, was den Kampf angeht. Sicher, die Level sind immer noch schwach designt, die Grafik fernab von schön, aber wenn man so viel Online-Spaß hat wie hier, dann passt das schon. Für ein Weilchen wenigstens.

Am Ende zählt der Spielspaß und dank des gelungenen Kampfsystems rettet Stranger of Paradise davon genug rüber, um ein paar gute Abende mit dem Spiel zu haben.

Ich komme dazu zurück, dass Final Fantasy Origins: Stranger of Paradise ein seltsames Spiel ist. Es erzählt eine bekannte Geschichte, wandelt sie aber genug ab, um sie fast interessant zu halten. Natürlich nur ganz zum Ende. Bis dahin habt ihr ein Souls, das seine Seele verloren zu haben scheint - ich haue mir dafür selbst auf die Finger, müsst ihr nicht machen. Reste von Spielmechaniken hängen etwas verloren in der Luft. Es gibt Level, die nicht wissen, warum es diese Dinge gibt. Das Loot wird in Kübeln verteilt und raubt die Freude an den einzelnen Fundstücken, die so beliebig und austauschbar wirken. Was sie auch sind, weil ihr das alle Vierstunde durchexerziert. Aber dann ist da ein durchdachtes, komplexes Job-System, das sich elegant als Herzstück des gelungenen Action-Kampfes entpuppt und euch auch nach zig Stunden noch neue Dinge probieren lässt. Ihr habt Stranger of Paradise nicht gespielt, wenn ihr nicht mit einem voll ausbauten Sage Ultima auf eure Gegner regnen lasst. Was wahrscheinlich für jedes Final Fantasy gilt, aber egal.

Ich weiß nicht, wo Stranger of Paradise Final Fantasy Origin sich am Ende in die Historie der Serie einsortiert werden wird. Es wird glaube ich kein Dirge of Cerberus, das die Fans hassten, auch wenn es eigentlich als Spiel ganz okay war. Vielleicht nimmt es einen Platz ähnlich der Crystal Chronicles ein. Nette Action-Abzweigungen in einer endlosen Spiele-Reihe, die immer neu ihren Weg sucht. Stranger of Paradise mag dabei eine Sackgasse sein und ein Spiel dieser Art reicht eigentlich erst einmal für Final Fantasy. Aber dieses eine habe ich am Ende dann doch und trotz all seiner Fehlerchen und Fehler gern gespielt.

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