Final Fantasy VII
Erneuerer und Spalter
Und hier besteht kein Zweifel: Die Komplexität der Vorgänger wurde in Final Fantasy VII einen Gang zurück geschaltet. Die Reduzierung der im Kampf aktiven Helden auf drei ist zweifelsohne der technischen Notwendigkeit geschuldet, das Materia-System wirkt auf den ersten Blick wie eine Weiterentwicklung des Magicite-Systems aus Final Fantasy VI . Aber es gibt einen entscheidenden Unterschied: Final Fantasy VII schaltet die neun Protagonisten gleich. Bis auf die Limit Breaks haben Cloud, Tifa, Barret und die anderen keine individuellen Fähigkeiten mehr, sämtliche Skills werden über die Materias kontrolliert und verteilt.
Auch wenn die Protagonisten selbst noch Levels aufsteigen, sind sie aus einer Gameplay-Sicht zu austauschbaren Avataren geworden. Mit den entsprechenden Materia-Kombinationen kann ich ebenso Barret wie Aerith als designierten Heiler ausstaffieren, ich kann Yuffie zum ausgewiesenen Damage-Dealer und Red XIII zum Tank abstellen. Im Gegensatz zu den Vorgängern, in denen die Figuren selbst ihre Fähigkeiten erlernten, sind die Final Fantasy VII-Helden eher elaborierte Kleiderständer für clever ausgeknobelte Materia-Kombinationen.
Selbstverständlich lässt auch das jede Menge cleverer Strategien und Herangehensweisen zu. Ein Spieler schwört auf knallharte physikalische Angriffe, ein anderer setzt lieber auf Magie und ein dritter kämpft sich mit exotischen Fähigkeiten wie der Manipulate- und Enemy-Skill-Materia durch das Abenteuer. Trotzdem finde ich es persönlich etwas schade, dass die Helden hier so austauschbar wirken.
Eine weitere Kritik muss sich Final Fantasy VII noch gefallen lassen: Was da 1997 als PAL-Version in Deutschland erschien, ist eine einzige Schande vor dem Herrn. Geschwindigkeitsverlust und Quetschgrafik waren deutsche Spieler ohne Import-Ambitionen damals schon gewohnt, die abnorm schlechte Übersetzung schlug dem Fass aber den Boden aus. Selten wurde ein Rollenspiel so schlecht ins Deutsche übertragen.
Da das Skript an mehrere Übersetzer verteilt wurde, weichen die Texte innerhalb des Spiels stilistisch oft stark von einander ab, einen zuständigen Redakteur wollte man sich bei Sony damals wohl nicht leisten. Sicherlich, auch die US-Übersetzung war damals keine Meisterleistung, aber im Vergleich zur deutschen Version waren die englischen Texte ein wahrer Balsam für den Spieler. Bei der PC-Konvertierung wurden dann wenigstens die übelsten Böcke des PSone-Originals etwas verbessert.
Besagtes PSone-Original von Final Fantasy VII ist heute ziemlich selten geworden – egal ob ihr die reguläre- oder die Platinum-Version sucht, unter Neupreis werdet ihr nur selten davon kommen. Gleiches gilt natürlich für die hochwertigere US-Fassung und die PC-Portierung, letztere ist zudem nur mit Hilfe diverser Fanpatches auf modernen PCs zum Laufen zu bewegen. Zum Glück gibt´s hier das PlayStation Network: Dort könnt ihr den Klassiker inzwischen für extrem faire 10 Euro runterladen. Seid ihr auf dem amerikanischen Marktplatz angemeldet, bekommt ihr für 10 Dollar sogar die 60HZ-Variante ohne miese Übersetzung, Quetschgrafik und Geschwindigkeitsverlust.
Zugegeben – in diesem Text wurde Final Fantasy VII teils ordentlich kritisiert. Aber tatsächlich ist das alles Kritik auf höchsten Niveau. Die im letzten Jahr erschienene PSN-Fassung des Spiels trat den Beweis an, dass Final Fantasy VII auch heute noch ein tadellos spielbares, komplexes, umfangreiches Abenteuer ist. Auch ohne den Grafikschock, den das Spiel zu seinem Erstrelease auslöste, kann das Abenteuer von Cloud und seiner Truppe bestens neben moderneren RPGs bestehen.
Für Spieler, die mehr als nur ein oberflächliches Interesse am Medium Videospiel hegen, ist Final Fantasy VII Pflichtveranstaltung, Grundlage, Teil des Kanons. Ein Spiel, dessen Kenntnis für ein richtiges Verständnis des Genres unabdingbar ist. Und von all diesen Aspekten einmal abgesehen, ist Final Fantasy VII immer noch ein Rollenspiel, das euch für eine lange Zeit aus der langweiligen Realität holt und über viele, viele Stunden aufs vortrefflichste unterhält. Und über Sinn und Unsinn eines gerne geforderten Remakes kann man sich gerne mal an anderer Stelle unterhalten.