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Final Fight: Double Impact

Fausttanz für Pixel-Ästheten

Bei Klassiker-Emulationen bin ich anspruchsvoll. Es reicht nicht einfach, nur einen halbgaren Emulator gemeinsam mit ein paar Roms auf eine Disc zu klatschen oder einen 16Bit-Klassiker schnell und dreckig durch einen Matschepatsche-Filter zu jagen und als Download mit dem Anhängsel „HD“ anzubieten. Nein, so leicht ist das nicht. Ein Klassiker muss pixelig sein. Die guten, alten Modul- und Arcade-Hits hatten Scanlines und liefen oft im pixeligen, aber ultrastabilen 240p-Modus – wichtige Faktoren für den originalgetreuen Genuss, die von modernen Umsetzungen zugunsten hässlicher Filter-Lösungen und Interlace-Optik nur zu gerne vernachlässigt werden.

Nicht so bei Final Fight: Double Impact. Capcoms Kloppe-Klassiker ist das neue Paradebeispiel, wie man es richtig macht, die Umsetzung, an der in Zukunft alle Neuauflagen für die HD-Konsolen gemessen werden. Aber bevor ich ins Detail gehe und euch erkläre, was genau Capcom alles richtig gemacht hat, sehen wir uns doch noch einmal schnell an, welche Spiele da genau angeboten werden.

Die Idee ist so einfach wie genial: Am HD-Display lässt sich die alte Automaten-Ansicht wunderbar nachbauen!

Final Fight ist vielleicht nicht der Urvater des modernen Fausttanzes (besser bekannt als „seitlich scrollender Straßenprügler“ oder kurz „Brawler“), aber doch der Titel, der das Genre Ende der 80er Jahre zu gigantischer Popularität in den Spielhallen und auf den Heimkonsolen geführt hat. Die drei Helden Cody, Guy und Haggar legen sich mit der miesen Mad-Gear-Gang an, um Haggars entführte Tochter zu befreien.

Dabei verhauen sie Unmengen an Punks und Schlägertypen jeglicher Gewichtsklasse. Bombastische Grafik mit riesigen Sprites, ein toller Soundtrack, flotte Schlagkombos und die klassisch-krachige Capcom-Spielbarkeit machten Final Fight zu einem gewaltigen Hit und einem veritablen Münzschlucker. Und genau der wird hier geboten, keine der zahlreichen Umsetzungen auf SNES, Amiga oder Mega CD. Hier erstrahlt Final Fight in seiner ganzen, ungeschnittenen Automatenpracht inklusive Zweispielermodus, allen drei Protagonisten und unzensierten Gegnern. So soll es sein.

Magic Sword, der zweite Titel des Doppelpacks, ist vielleicht nicht so bekannt und auch nicht so kultig wie Final Fight, ein spaßiger Arcade-Spaß ist Magic Sword aber allemal. Als muskelbepackter Barbar der alten Conan-Schule nehmt ihr den Kampf gegen den fiesen Zauberer Drokmar auf und erklimmt seinen riesigen Turm. Im Gegensatz zu Final Fight findet die Action hier auf einer 2D-Ebene statt und beinhaltet auch einige Plattform-Elemente. Gefundene Schlüssel nutzt ihr, um Zellentüren zu öffnen, hinter denen sich Verbündete befinden. Von denen begleitet euch stets einer: Ninja, Amazone, Dieb, Priester oder andere Fantasy-Gestalten stehen euch dann mit ihren Attacken und Fähigkeiten hilfreich zur Seite.

Für die Jugend von heute: Final Fight im gefilterten Breitbild-Modus.

Durch die zahlreichen Gegner ist Magic Sword vielleicht nicht immer fair, Spaß macht es aber allemal. Die Grafik ist hübsch, der Umfang ist beträchtlich und wie es sich für ein japanisches Actionspiel der 90er Jahre gehört, ist das Englisch schlecht: Wer könnte den Gefangen schon ihren Wunsch „Get me escape!“ abschlagen?

Soweit so gut – das Ausgangsmaterial ist hochwertig. Aber wirklich veredelt werden die beiden Automaten-Oldies von der exzellenten Bearbeitung. Für HD-Fanaten ohne Geschmack bietet Capcom die Möglichkeit, die Grafik zu filtern und in die Breite zu ziehen. Aber der wahre Genießer verzichtet natürlich auf solche Entstellungen und freut sich über die originalgetreueren Varianten. Schwört ihr auf Authentizität, dann spielt ihr Final Fight im Automatengehäuse: Hier werden Verzierungen, Scanlines, Krümmung des Monitorglases und sogar die Leuchtwirkung der alten Displays gelungen simuliert, für das originalgetreue Arcade-Feeling fehlt nur noch der Geruch von Bier und kaltem Zigarettenrauch. Herrlich ist das.

Der Pixel-Ästhet mit Baskenmütze und Rotweinglas schwört vor allem auf den Classic-Modus. Hier erstrahlt das Spiel blitzsauber und knackscharf in seiner klassischen Pracht und ihr könnt auch auf einem modernen HD-Fernseher anerkennend bewundern, was Capcoms Pixel-Künstler da vor knapp 20 Jahren gezaubert haben. Damit aber nicht genug: Dank Online-Unterstützung kann jederzeit ein anderer Mitspieler bei euch einsteigen. Denn mal ehrlich, so richtig gut waren die alten Brawler erst im Zweispielermodus. Eigentlich ist es unnötig zu betonen, dass wir diese herrliche Aufbereitung in Zukunft gerne bei sämtlichen Automatenkonvertierungen hätten.

Als zusätzlichen Anreiz hat Capcom noch eine ordentliche Ladung an Herausforderungen in die beiden Titel integriert – ein echter Anreiz, die Spielmechaniken zu meistern. Nur ein kleiner Kritikpunkt bleibt: Da Capcoms oberstes Ziel in der originalgetreuen Emulation bestand, müsst ihr auf einen Pausemodus verzichten. Aber es ist halt alles wie damals - in der Spielhalle konntet ihr auch nicht eben mal eure Session unterbrechen, um kurz auszutreten.

Final Fight: Double Impact ist ab dem 14. April für Xbox Live Arcade und ab dem 15. April auf PSN für ca. 10 Euro erhältlich.

8 / 10

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Thomas Nickel Avatar
Thomas Nickel: Fest in der 16Bit-Ära verwurzelt, lehrt der freie Autor Spielegeschichte an der Frankfurter Games Academy. Wird eher selten vor Ego-Shootern gesichtet.

Informationen zu unserer Test-Philosophie findest du unter "So testen wir".

In diesem artikel

Final Fight

PS3, Xbox 360

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