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Firaxis blickt auf den New Frontier Pass für Civilization 6 zurück: "Nichts ist jemals perfekt..."

Aber man ist glücklich damit - ein Gespräch mit den Entwicklern.

Mit dem Portugal-Paket erschien vor kurzem der letzte von insgesamt sechs DLCs aus dem New Frontier Pass für Civilization 6, der das Spiel nach den Erweiterungen Rise and Fall und Gathering Storm noch einmal um zahlreiche neue Zivilisationen, Anführer und weitere Inhalte ergänzte. War es das dann mit Civ 6, das gefühlt aus allen Nähten platzt? Und welche Lektionen zieht Firaxis aus dem New Frontier Pass für die Zukunft? Antworten darauf und auf andere Fragen versuchte ich Firaxis' Anton Strenger (Lead Designer) und Kevin Schultz (Associate Producer) zu entlocken.

Inhalt:

"Das größte Civilization, das wir je gemacht haben"

"Civilization 6 ist, so wie es jetzt ist, wahrscheinlich ohne Frage das größte Civilization-Spiel, das wir je gemacht haben", sagt Strenger. "Wir hatten die erste Serie von DLCs direkt nach der Veröffentlichung, zwei Erweiterungen, den New Frontier Pass. Und wenn wir auf das Basisspiel zurückblicken, wollten wir dort alle Systeme einbauen, die die Spieler an Civilization 5 so sehr mochten. Es ist also ein sehr umfangreiches Spiel, wir sind sehr stolz darauf, aber im Moment haben wir keine besonderen Pläne für die Zukunft, außer uns weiterhin um die Spielbalance zu kümmern."

"Ja, wir haben ein ziemlich umfangreiches Spiel-Update, das im April nach diesem [Portugal]-DLC herauskommt und auf das wir uns sehr freuen, weil es einige coole Überraschungen enthält, von denen ich denke, dass sie unseren Fans gefallen werden", ergänzt Schultz.

Also, welche Lektionen nimmt Firaxis dafür für die Zukunft mit? Schultz zufolge versuche das Studio immer, das Richtige für das jeweilige Spiel zu tun, dabei gehe es zum Teil um winzige Faktoren. Er bezeichnet den New Frontier Pass als gutes Beispiel dafür, was das Team nach der Veröffentlichung von Gathering Storm über Civ 6 dachte: "Es war eine sehr reichhaltige Erfahrung, es gab eine Menge großartiger, interessanter Entscheidungen, die getroffen wurden, wir hatten eine Menge großartiger, miteinander verflochtene Systeme, die wir nicht unbedingt stören wollten", sagt er.

Mehrere DLCs statt einer großen Erweiterung

Es kam der Gedanke auf, den Inhalt, der sonst vielleicht in einer großen Erweiterung stecken würde, aufzubrechen, ihn nach und nach zu veröffentlichen und mit diesem in mehr bestimmte Richtungen zu gehen, die sich "auf sehr spezifische Elemente des Spiels konzentrieren, wie Epochen oder Konzerne, ein Spielmodus, der sich auf Geld und Ressourcen und die Ausnutzung dieser Dinge konzentriert", merkt er an. "Das alles ergab sich irgendwie als Teil der Reaktion auf die Civ-6-Erfahrung nach Gathering Storm."

Die Reaktionen spielten im Großen und Ganzen eine wichtige Rolle, nicht nur zu Beginn des New Frontier Pass, sondern durchweg. "Wir wussten zum Beispiel, dass wir diese Community-Updates zwischen den einzelnen kostenpflichtigen Veröffentlichungen machen wollten, aber wir wussten nicht genau, worauf wir uns bei diesen konzentrieren sollten, besonders bei den letzten", sagt Strenger. "Uns war aber klar, dass wir die Community dazu befragen, was wir hinzufügen sollten. Und so kamen viele dieser Inhalte durch den direkten Dialog zwischen uns und den Fans im Laufe des Jahres zustande, was wirklich cool war."

Diese experimentellen Spielmodi waren etwas, was die Entwickler so in der Reihe zuvor nicht wirklich gemacht hatten. "Wir hatten diese Idee von Szenarien, die ein eigenständiges Erlebnis waren, und wir hatten die Spielsysteme", erläutert Strenger. "Die Spielmodi sind so eine Art seltsames Zwischending, die bestimmte Inhalte hinzufügen, die manchmal eher fantastischer Natur waren, aber sie sind optional, sie müssen nicht in das Hauptspiel einfließen."

Neugierig auf die Reaktionen der Civ-Fans

Firaxis war neugierig, wie die Fans darauf reagieren würden. Nicht allein auf diese Modi, sondern im Hinblick auf eher fantastischere Elemente. Finden sie Gefallen daran oder pochen sie darauf, dass Civilization seinen historischen Wurzeln treu bleibt? "Es war eine Mischung aus beidem", sagt er. "Wir haben herausgefunden, dass die Modi besonders beliebt waren. Ursprünglich hatten wir geplant, mehr Szenario-Inhalte zu machen, aber als wir die Reaktionen auf die ersten Veröffentlichungen sahen, haben wir unsere Meinung geändert."

Die Barbarenclans aus dem Februar-Community-Update waren laut Strenger zum Beispiel nicht im ursprünglichen Plan vorgesehen. Das Team dachte sich, dass den Spielern und Spielerinnen das gefallen würde, weil in den Foren viel über die Barbaren gesprochen wurde, wie sie aussehen und wie sich ihr Gameplay interessanter gestalten ließe. "Die Idee dafür ist aus dem Dialog hervorgegangen ist und etwas, das wir aufgrund dessen, was wir früher im Pass gelernt haben, machen konnten", betont er.

Die Auswahl der Anführer für die jeweiligen Zivilisationen, die im New Frontier Pass hinzukamen, fand früh statt und war laut Strenger ein sehr systematischer Prozess. Bei der Entscheidung spielten verschiedene Faktoren eine Rolle, von der geografischen Vielfalt bis hin zum Geschlecht, unterschiedlichen Zeitabschnitten der Geschichte und verschiedenen Spielstilen. Beim New Frontier Pass sei das alles noch herausfordernder gewesen, weil das Ziel von Firaxis war, jedem einzelnen Paket ein bestimmtes Thema zu geben.

"Ich denke, eines der besten Beispiele ist das Maya- und Großkolumbien-Paket", findet er. "Wir hatten als Thema die amerikanischen Zivilisationen in Südamerika, es gab mehr mythologische Wunder, fantastische Dinge aus diesem Teil der Welt, wie das Bermuda-Dreieck. Und wir fügten den Apokalypse-Modus hinzu. Es gibt all diese Mythologien und lustigen Fakten über die Maya-Apokalypse, weil angeblich alles mit dem Ende des Maya-Kalenders zu Ende geht. Wir dachten, das würde ein fesselndes Set ergeben, und so haben wir versucht, die Zivilisationen und Anführer ziemlich früh auszuwählen, basierend auf einer Vielzahl von Faktoren. Und wir sind sehr zufrieden damit, wie sie sich entwickelt haben und was die Fans bisher davon hielten."

"Wie wir neue Zivilisationen für jedes Spiel auswählen, ist ein so interessanter Prozess", ergänzt Schultz, "ich wünschte, wir könnten ein ganzes Interview darüber machen."

Hat der New Frontier Pass erreicht, was er sollte?

Hat Firaxis mit dem New Frontier Pass alle gesetzten Ziele erreicht? "Nichts ist jemals perfekt...", sagt Schultz dazu. Dennoch sei das Studio zufrieden mit den Reaktionen darauf und den Erfahrungen, die sich daraus ergaben. Die Erwartungen in puncto Verkäufe habe der New Frontier Pass erfüllt. Am besten gefällt ihm daran, dass Firaxis die DLC-Serie dazu nutzte, mehr mit der Community zu interagieren und mehr Feedback zu bekommen.

"Ich habe das Gefühl, dass wir uns immer sehr bemüht haben, mit unserer Community im Einklang zu sein", erzählt er. "Wir als Ganzes verbringen vermutlich viel zu viel Zeit an den Orten, an denen sich unsere Fans sammeln, wie CivFanatics oder der Civ-Subreddit, und natürlich all die Social-Media-Interaktionen auf den Civ- und Firaxis-Accounts." Früher dauerte es länger, auf Feedback und Wünsche der Fans zu reagieren, der New Frontier Pass sollte von Anfang an dabei helfen, die Interaktionen zu verbessern. "Damit wir Teile dieser neuen Inhalte da draußen haben, die gespielt werden und über die diskutiert wird, während wir immer neue Inhalte machen, die weiter hinten im Zeitplan stehen. Aber wir haben immer noch die Möglichkeit, zurückzugehen und Dinge zu aktualisieren, wenn es nötig ist. Und ich denke, unsere Fans wussten das zu schätzen. Diese Verbindung ist wichtig für uns und etwas, von dem ich hoffe, dass wir es in Zukunft noch besser machen können."

Spürbare Auswirkungen hatte der New Frontier Pass laut Strenger auf das Engagement der Spieler und Spielerinnen. Normalerweise ist es so, dass eine Erweiterung erscheint und die Leute sich wieder vermehrt mit dem Spiel beschäftigen. Nach einer bestimmten Zeit flaut es erneut ab, "weil wir keine Updates hatten oder nicht mit der Community sprachen", merkt er an. "Beim New Frontier Pass haben wir uns gedacht, dass wir versuchen sollten, jeden Monat ein Update rauszubringen. Und das war schon zu Beginn sehr ermutigend, denn die Zahl der aktiven Spieler war im ersten Monat des New Frontier Passes sogar höher als bei der Veröffentlichung von Rise and Fall oder Gathering Storm. Ich glaube, es spielen mehr Leute, es hilft den Leuten, sich zu engagieren und interessiert zu bleiben, was für mich als Designer wirklich toll anzuschauen war."

"Früher wurde uns eine Nachricht zum Spiel hinterlassen und wir haben dann darauf reagiert", ergänzt Schultz. "Heute fühlt es sich wie eine echte Unterhaltung mit unseren Fans an.

Was bedeuten diese Erfahrungen also für die Zukunft? Fallen die größeren Erweiterungen zugunsten von kleineren DLCs weg, die in kürzeren Abständen erscheinen? Schultz betont, Firaxis werde auf jeden Fall vom New Frontier Pass lernen und diese Lektionen in Zukunft anwenden. Konkrete Angaben oder Versprechungen macht er indes nicht: "Wir haben aktuell nichts zur Zukunft von Civ anzukündigen, aber wir versuchen immer, das zu tun, was angemessen ist. Und das ist eine Mischung aus dem, was wir aus der Vergangenheit gelernt haben, und möglicherweise auch aus den aktuellen Trends. Am Ende wird das Produkt selbst all diese Dinge bestimmen, also werden wir definitiv das, was wir gelernt haben, in die Zukunft mitnehmen."

Bedenken und Favoriten der Civ-Entwickler

Eine Sache, mit der Strenger nicht zufrieden ist, hat weniger mit dem Spiel zu tun, vielmehr mit der aktuellen Situation. Die Pandemie machte es dem Team unmöglich, zusammen im Studio zu arbeiten. Eine Herausforderung, wie er betont. Und ein Verzicht auf gewohnte Dinge wie Launch-Partys, gemeinsame Feiern und so weiter. "Das ist eine Sache, die ich bedauere. Oder etwas, von dem ich wünschte, es hätte besser sein können, aber es ist nicht zu ändern."

Schultz stimmt zu: "Ja, das sehe ich genauso. Ich wusste nicht, dass das meine Antwort [auf die Frage, ob es etwas gibt, womit beide nicht zufrieden sind] ist, bis du es gesagt hast."

Sechs DLC-Pakete sind jedenfalls eine Menge. Welcher davon gehört zu kommt bei den beiden am besten an? Strenger war am meisten beim Design des Geheimgesellschaften-Modus im zweiten DLC beteiligt, hier konnte man eine Menge individueller Artworks für Gebäude und Einheiten der einzelnen Gesellschaften umsetzen. "Es war einfach so eine Art verrückte Idee, die ich schon eine Weile hatte", erzählt er. "Zusammen mit dem Apokalypse-Modus war das unser erstes Experiment. Und was denken die Fans dann über diesen eher experimentellen Modus?"

"Es hat sehr viel Spaß gemacht, daran zu arbeiten, die Fähigkeiten sind super-mächtig", fährt er fort. "Meine Faustregel war, dass jede der Gesellschaften vier Machtstufen hat, die man im Laufe des Spiels ausbauen kann. Und die Zivilisationen haben auch vier Machtstufen, denn es gibt den Anführer, die Fähigkeit der Zivilisation, ihre einzigartige Infrastruktur und die einzigartige Einheit. Ich wollte also, dass die vier Fähigkeiten der Gesellschaft und die vier Fähigkeiten der jeweiligen Zivilisation ungefähr gleich stark sind, was das Spiel total verändert. Und es geht genauso sehr darum, zu welcher Gesellschaft man gehört, wie darum, welchen Anführer man wählt. Was sehr seltsam ist und deshalb bin ich froh, dass es ein optionaler Modus ist, wenn die Spieler das nicht mögen, aber es hat sehr viel Spaß gemacht, daran zu arbeiten."

Zu Schultz' Favoriten zählt zum einen das Babylon-Paket, "weil ich immer auf die Wissenschaft abfahre", wie er anmerkt. "Es ändert das Wissenschaftsspiel einfach komplett, das war unglaublich." Als weiteren glänzenden Moment im New Frontier Pass sieht er das Vietnam- und Kublai-Khan-Paket: "Es gab diesen Moment in unserer Community, als im Civ-Subreddit eine Person ein Bild des Gewinnbildschirms gepostet hat und sagte, sie sei einfach so stolz, diesen Anführer bekommen und mit ihm gewonnen zu haben. Das ist toll. Und in den Kommentaren dazu hat jemand gesagt, 'ja, weißt du, ich bin von hier und habe als dieser Anführer gespielt. Es war das Erste, was ich gemacht habe und ich bin so glücklich.' Das war einer dieser Momente, die wir, glaube ich, alle brauchen. Wenn wir einfach daran erinnert werden, warum wir das tun. Und das war definitiv einer dieser Momente für mich."

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