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Spore

Schöpfungsgeschichte.

Will Wright ist Gott. Zumindest der Gott der Game-Designer. Vor mehr als zehn Jahren ließ er uns in SimCity ganze Städte hochziehen. Um die Jahrtausendwende gab er uns die Mittel, den virtuellen Homo Sapiens zu kreieren: Voller Spannung beobachten Menschen bis heute auf PCs und Konsolen das Balzverhalten der Sims, wie sie sich der Körperpflege widmen, zur Arbeit gehen, miteinander streiten, Partys feiern oder den Kühlschrank leer fressen - ein digitales Big Brother sozusagen. Doch jetzt geht Wright noch einen Schritt weiter: In Spore, seinem bislang ehrgeizigsten Projekt, werdet Ihr voraussichtlich ab der zweiten Hälfte des kommenden Jahres selber Euer eigenes Universum erschaffen können.

Von der Mikrobe zur Hochkultur, vom Meeresboden zum Planeten-Hopping in sechs Stationen. Geht das überhaupt? Ist das nicht zuviel gewollt für ein Spiel? Zu komplex? Und wie soll man das Ganze steuern? Macht das noch Spaß? Will Wright hat die Antworten. Auf der Games Convention in Leipzig stellte er zusammen mit Designer Alex Hutchinson sein neuestes Werk der staunenden Öffentlichkeit vor. Interessierte Spieler konnten zum ersten Mal einen Blick ins Spore-Labor des Sim-Genies werfen und selbst bizarren Wesen auf dem Bildschirm Leben einhauchen. Dabei bestätigte sich: Spore ist tatsächlich komplex. Aber wer hätte gedacht, dass die ganze Schöpfung so spaßig ist und sich mit ein paar simplen Mausklicks bewerkstelligen lässt?!

Aus Zellen entstehen primitive Lebewesen, die sich im Wasser tummeln. Sie setzen sich gegen schwächere Konkurrenten durch und entwickeln sich weiter. Irgendwann wagen sie den Schritt aufs Land. Bei der Evolution helft Ihr mit dem Point & Click-Editor nach, zieht Euch mit der Maus die Körperform zurecht, stattet Eure Kreatur mit Augen, Ohren, Mündern, Armen, Beinen, Händen und Füßen aus. Sechsbeinige Zyklopen mit Rückenflosse und mehreren zahnbewehrten Mäulern sind ebenso denkbar wie gehörnte, glubschäugige Frösche mit Krallenfingern. Bei einem Sortiment aus mehreren hundert Körperteil-Versatzstücken, Farbvarianten und Texturen lässt sich hier trefflich experimentieren.

Später kümmert Ihr Euch dann nicht mehr ausschließlich um ein einziges Wesen, sondern steuert die Entwicklung einer ganzen Zivilisation, baut Häuser und gründet Städte. Je weiter die Kultur voranschreitet, desto größer wird der Horizont Eurer Geschöpfe. Blickten sie anfangs nicht mal über den Rand ihres Tümpels hinaus, so richtet sich das Augenmerk später auf die eigene Stadt, den Planeten und schließlich aufs ganze Universum. Sie bauen Raumschiffe, fliegen zu anderen Himmelskörpern, knüpfen Kontakte zur dortigen Bevölkerung oder bomben deren Metropolen in Schutt und Asche.

Trotz aller gebotenen Gestaltungsmittel stellt sich die Frage: Werden die eingeschränkten Möglichkeiten der Computer-AI der Kreaturenvielfalt nicht irgendwann Grenzen setzen? Nein, meint Will Wright. Denn Spore ist ein "massive single-player game" - jeder spielt für sich alleine, tauscht aber Spore-Daten mit einer riesigen globalen Community aus. Wenn Ihr in Spore ein Wesen erschafft, wandern dessen Daten auf einen zentralen Server und werden dort anderen Spielern bereitgestellt. Macht Euer Klauenfinger-Frosch also mal einen Raumschiff-Trip zum Planeten XY, trifft er dort vielleicht auf das achtbeinige Höckerwarzenschwein eines Spore-Spielers aus Australien. Damit wird Spore zu einem Spiel, bei dem es kein definiertes Ende gibt. Ob auch das Gameplay "unendlich" spannend bleibt und nicht irgendwann dennoch alle Facetten der Spielmechanik ausgereizt sind, wird sich im Herbst des kommenden Jahres zeigen.

Spore treibt das Tamagotchi- und Creatures-Konzept auf die Spitze und will nicht weniger bieten als eine Simulation des gesamten Schöpfungsprozesses. Will Wright schert sich auch bei seinem aktuellen Projekt nicht um Konventionen und bringt mit originellen Ideen einmal mehr frischen Wind in die festgefahrene Genre-Welt. Er begreift Spiele primär als Kunstform, in der sich Kreativität ausleben lässt. Dass er gerade mit dieser Philosophie auch kommerziellen Erfolg hat, ist ihm nur zu gönnen. Was ich mich allerdings frage: Bei den Sims hatte ich es mit "Menschen" zu tun. Da fiel es mir relativ leicht, mich mit den Sorgen und Nöten meiner Spielfiguren zu identifizieren. Ob mir das mit einem Krallenfinger-Frosch auch gelingt?

Spore soll in der zweiten Jahreshälfte 2007 erscheinen.

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