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Flashback 2 im Test: So schlecht, dass es mir fast das Original zerstört

Traurig.

Manchmal sollte man Tote so in Erinnerung behalten, wie sie waren. Flashback 2 schadet dem Andenken an den Klassiker nur.

Man hätte es eigentlich kommen sehen können. Immerhin ist das letzte gute Spiel von Flashback-Schöpfer Paul Cuisset schon eine Weile her. Auch das Remake des ursprünglichen Flashback, das er vor zehn Jahren zu verantworten hatte, war zum Davonlaufen. Und doch, es gibt ein paar Spiele, denen wünscht man das Comeback. Und Flashback war für meine Gamer-Sozialisation eben wichtig genug, um doch ein wenig Hoffnung zu wagen.

Der Kampf ist ein Krampf.

Eigentlich wollte ich gar nicht so viel. Einen etwas schraddeligen, aber immerhin nostalgisch stimmenden Trip zurück zu einem Stück meiner persönlichen Spielehistorie. Vielleicht mit einem Schleifchen an der alten Geschichte, deren World-Building damals nicht zu knapp meine Fantasie anregte. Mehr hätte es nicht gebraucht. Das schien machbar. Hoffen erlaubt.

Ich Trottel.

Gerade kleinen Teams tritt man nur ungern zu nahe, denn niemand will ein schlechtes Spiel veröffentlichen. Doch Flashback 2 bekommt es tatsächlich hin, dass ich ein gutes Stück meiner Achtung vor dem Original verliere. Natürlich kann mir niemand den Spaß nehmen, den ich daran hatte, damals diese schönen Welten zu erkunden. Die Freude, die die wunderbar lebendigen Animationen von der Mattscheibe auf mich herab strahlten, wird für immer Teil meiner Jugend sein. Und doch lässt Teil zwei, der eigentlich der dritte ist – Fade to Black gehört noch mittig dazwischen – den ersten rückblickend wie einen Glückstreffer wirken.

Der Zivilist am oberen Treppenabsatz hing dort ewig fest und lief auf der Stelle. Keine Seltenheit.

Dazu passt, dass Another-World-Schöpfer Eric Chahi sich vor ein paar Jahren im Gespräch zwar vornehm zurückhielt, sich aber wenig begeistert darüber zeigte, dass Delphine Software Flashback einst ohne seine Beteiligung als Quasi-Nachfolger seines stilprägenden Platformers auf den Markt bringen wollte. Obwohl Flashback spielerisch gnädiger und gefälliger angelegt war, wirkte es seither auf mich ein wenig wie ein Trittbrettfahrer von Another World. Ich war mir nie so sicher, ob das eine fairer Eindruck war, schließlich kannte ich nur eine Seite der Geschichte. Aber nach Flashback 2 bin ich der Antwort ein Stück näher.

Wo fangen wir bloß an. Weil es ein Nachfolger ist, vielleicht damit, dass man Conrad nicht wiedererkennt. Aus dem hartgesottenen Agenten, der eine außerirdische Verschwörung aufdeckt, wurde jemand komplett anderes: Er trägt Skinny-Jeans zu weißen Basketballstiefeln und Hoodie unter der kurzen Lederjacke. Sein austauschbares Charakterporträt schreit “generisch attraktiver College-Anfänger, beste Grüße, Midjourney". Und natürlich reißt er locker-unpassende Sprüche auch in Notsituationen. Vermutlich einfach, weil die Entwickler die Stille nicht ausgehalten haben.

Ein ringförmiger Highway verbindet die drei Stadtteile. Stellt euch darauf ein, häufig hier herumzufahren. Nach vorne schauen unnötig.

Überhaupt liegt über allem eine gestalterische Cyberpunk-Beliebigkeit, bei der einem die Frage kommt, ob Flashback je eine künstlerische Vision hatte. Ich hatte zumindest den Eindruck, dass es eine inszenatorische Stimme, ein bestimmtes Feeling hatte. Aber wenn das so ist, wie kann sie sich mit den Jahren so verflüchtigt haben, wenn doch viele zentrale Verantwortliche des ersten Teils hier dabei sind?

Visuell ist alles ein einziger Matsch, Neon-Erbrochenes über einer Szenerie, die nur da ist, damit Conrad dazwischen von A nach B laufen oder – im Fall der schlimm belanglosen Motorradszenen – fahren kann. Formlos und fad, wie das “geklonte Essen”, das eine Werbetafel im Stadtteil Pacifica anpreist. Allein schon, wie hässlich sich hier periphere NPC-Dialoge in einem nichtssagenden, formlosen Standard-Font über das Spiel legen, habe ich in einer professionellen Spieleproduktion selten erlebt.

"Comic Sans wäre ein Anfang".

Und dann ist da eben, was man hier so macht: Damals fand ich die buchstäbliche Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, die die Mitte des Spiels mit Nebenmissionen füllte, die mit der eigentlichen Geschichte nichts zu tun hatten, ja noch in Ordnung, eigentlich sogar erfrischend. Dass Flashback 2 satte 31 Jahre später schon kurz nach dem Tutorial diese Karte zieht, euch an einem Mission-Board mit Wegwerf-Einsätzen mit vielen überflüssigen Wegen Geld verdienen zu lassen, während ihr eigentlich einen verschleppten Freund suchen sollt, ist schon ein starkes Stück.

Die Missionen haben zwar immer eine kleine Geschichte, aber eigentlich sind sie verschenkte Zeit, auch weil man nie mehr als eine annehmen darf, was angesichts des dreigeteilten Aufbaus der Stadt mit einem ringförmigen Highway massig Hin-und-her auf eurem Hover-Bike bedeutet. Ladebildschirme wären interessanter gewesen. Zudem ist keiner der Jobs wirklich interessant oder fordernd. Im Grunde redet man oft mit einer Serie an klar markierten Nicht-Spieler-Charakteren, um dann den Weg zu einem Action-Platformer-Abschnitt zu finden. Wie ungeniert und ohne Not allein hier schon an die wenig rühmliche sonstige Vita dieser Entwickler erinnert wird, spottet jeder Beschreibung.

Wer erinnert sich nicht gern an Amy (2012)?

Schon recht früh im Spiel bekommt man etwa im Stadteil Antlantica eine Mission, in der man eine gewisse Amy retten soll. Dabei handelt es sich tatsächlich um eine Kopie des Kindes aus Cuissets fürchterlichem 2012 Survival-Horror-Spiel gleichen Namens. Eigentlich ist diese Mission recht kurz, nur dass Amy euch im Schritttempo folgt und ihr ständig tatenlos auf sie warten müsst. Sobald man den Ausgang dieses aus gefühlt sechs Räumen und zwei Aufzügen bestehenden Abschnitts erreicht, gilt sie als gerettet - kurzer Kommentar in der Richtung von Conrad - und ihr juckelt über den langweiligsten Cyber-Highway aller Zeiten zurück nach Pacifica. Dort könnt ihr dann den nächsten Job annehmen. Alles nur, um bei 1.000 verdienten Credits einen Mech zu kaufen, der nur dazu da ist, um euch eine Shaq-Fu-Anspielung in einem miserabel hüftsteifen und spaßfreien Roboterkampf unterzujubeln. Man merkt, es war nicht wirklich eine Idee für eine Geschichte da. Alles ist Vorwand.

Spielte sich Flashback 2 besser, wäre es wohl noch zu verkraften. Doch Conrad wirkt träge. Dass er sich neuerdings auch etwas in die Tiefe des Raumes bewegt, ist eigentlich nur dafür gut, regelmäßig an Geländern, Hockern oder Tischen festzuhängen oder die Kämpfe unpräziser zu gestalten. Was ziemlich doof ist, weil die lust- und kopflos in die Arenen geworfenen Gegner ansatzlos Angriffe mit miesem Trefferfeedback auf euch loslassen und ich bis heute nicht weiß, ob meine Ausweichbewegung Conrad auch ein paar Frames Unverwundbarkeit beschweren.

Es hat drei Minuten gedauert, diese Mission zu beenden.

Zum Nachteil gerät einem das zum Glück nur selten, weil das Spiel mit einem Energieschild für Condrad ohnehin das meiste negiert, was da seines Weges kommt. Es ist dennoch das klobigste, unbefriedigendste Ballern seit einer ganzen Weile. Kein Biss, keine Griffigkeit oder Dynamik. Wie Luftpolsterfolie, die nicht ploppt, wenn man draufdrückt. Zeitverschwendung. Ach, und wisst ihr noch, wie befriedigend es damals im Original war, einen richtig weiten Sprung hinzulegen? Gesprungen bin ich im Nachfolger aber selten und die Mechanik dafür ist jetzt kontextabhängig. Die A-Taste zu drücken, wenn sie eingeblendet wird, ist einfach nicht das Gleiche. Vermutlich ist auch diese Umstellung der Tatsache geschuldet, dass das Spiel jetzt “irgendwie 3D” sein soll.

Mir fehlt einfach die Lust, noch mehr ins Detail zu gehen, daher hier noch ein paar lose, unsortierte Kritikpunkte: Viele Gebiete sind menschenleer – oder überfüllt mit NPCs, die in der Grafik festhängen oder seltsam durch die Gegend zucken. Es gibt offene Türen und Passagen, durch die man nicht gehen kann, kein Journal, das rekapituliert, wo ihr hinsollt und auch allgemein eine kaum vorhandene Spielerführung. Eine unheilige Kombination. Zum Sprinten muss man den linken Stick gedrückt halten, was in erster Linie dazu gut ist, die nicht vorhandene Kollisionsabfrage zu demonstrieren. Außerdem kann man aus Menüs nicht mit der B-Taste zurück, sondern nur mit Start. Auch flimmert die holografische Schrift der Daten-Cubes, die man sammeln kann, wahnsinnig unschön und die Grafik ruckelt bisweilen ebenso unerträglich wie unerklärlich.

Aber hey, wenigstens das Hacking-Minigame ist ganz gut.

Wehe, eine Animationsphase läuft noch, bevor ihr die Taste für den nächsten Angriff drückt. Dann passiert einfach nichts. Dieser Kampf waren die schlimmsten zwei Minuten Spiel, an die ich mich erinnern kann.

Flashback 2 - Fazit

Flashback 2 also - die unschöne Erinnerung daran, dass man die Vergangenheit manchmal besser ruhen lässt. Auf der positiven Seite verbuche ich immerhin die erneute Erkenntnis, dass die jungen Entwickler von heute mit sehr viel weniger Aufwand irrsinnig komplette und erfüllende Spiele auf die Beine stellen, die für all die Zeit, die man investiert, auch etwas zurückgeben. Insofern: So schön sie war, unsere Vergangenheit, mit tollen Spielen wie dem ersten Flashback, denken wir besser an die Zukunft dieses Mediums. Einen Flashback wie diesen hat die Welt nicht gebraucht.

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