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Focus Next: Space Hulk: Deathwing - Blood Bowl 2 - Mordheim

Nerd-Träume: Das Games-Workshop-Line-up der Franzosen

Ah, Focus Interactive - ausgesprochen "Foküüüs", da freuen sich die Franzosen immer, wenn man das so sagt -, man muss sie einfach irgendwie gern haben. Nicht, weil der relativ kleine Publisher ununterbrochen gute Spiele abliefern würden - leider zu oft eher genau das nicht -, sondern weil sie immer ambitioniert, lernwillig und mutig sind. Also das Gegenteil aller üblichen dämlichen Vorurteile, die man so von Franzosen hat, womit mal wieder gezeigt wäre, was solche Ressentiments wert sind. Für 2015 hat sich der noch kleine, aber aufstrebende Publisher einiges vorgenommen. Nicht nur in Sachen Spiele-Line-up, sondern auch generell. Man will schließlich in Kürze an die Börse gehen - in jedem Fall aber die Majorität bewahren - und das Geld, das so eingenommen wird, nicht in Partys investieren, sondern in das, was ihren Spielen bisher immer ein wenig fehlte: den letzten Schliff. Oft genug scheiterten ihre an sich liebenswerten A- bis Doppel-A-Produktionen nämlich genau daran. Ein Grund mehr also, zuversichtlich auf ihre 2015er-Auswahl zu blicken. Was das genau ist, hier im Detail:


Space Hulk: Deathwing

Schon wieder etwas aus dem Warhammer-40K-Universum. Kein Wunder, der Lizenzgeber Games Workshop hat ein schwaches Jahr 2014 hinter sich, 2015 sieht erst einmal nicht besser aus und sie scheinen gewillt, ihre Lizenzen an jeden auszugeben, der in der Lage ist, ein Spiel zu entwickeln. Die gute Nachricht ist sicher, dass Deathwing Meilen und Meilen von einem Desaster wie dem letztjährigen Machwerk Warhammer 40K: Storm of Vengeance entfernt ist - mit dem weder Focus noch ein anderes auch nur semi-namhaftes Studio etwas zu tun hat.

Dass sie ausgerechnet vom dem noch keine Screenshots freigegeben haben, Deathwing hätte gut für sich sprechen können, ganz ohne Bullshots.

Nein, Deathwing wird von Studio Streum On entwickelt und wer ihr erstes und bisher einziges Spiel E.Y.E.: Divine Cybermancy kennt - es dürfte eine ausgesuchte Minderheit sein -, wird wohl denken, dass sie mit ihrem nächsten, sicher genauso durchgeknallten Titel bei Focus genau richtig aufgehoben sind. Der Blick auf Deathwing war das Gegenteil dessen. Sicher, die Technik ist beeindruckend. Ein düsteres Riesenraumschiff, das die Atmosphäre des unfreundlichen Universums gut einfängt, protzt mit allem, was Unreal 4 im Augenblick so zu bieten hat. Schicke Texturen, viele Details, die die Technik gut aus den Halbschatten gewaltiger Maschinen herausarbeitet, Monster, bei denen das Giger-Alien überlegen würde, ob es mit ihnen anbandeln oder doch lieber flüchten sollte - es ist rein optisch alles da. Das Ding hier schreit förmlich mit jedem Pixel Triple-A-Produktion und es ist kein Wunder, dass Focus es aus genau diesem Grund in ihrem Showcase auch in die erste Reihe stellt.

Aliens in rauen Massen und dunkle Korridore. Das Thema des Spiels in wenigen Worten.

Nachdem fünf Minuten später das erste Ups-so-gut-kann-hier-auch-was-aussehen abgeklungen war, bewegte sich der Blick immer mehr in Richtung dessen, wie und warum geballert wurde, und der Enthusiasmus ging ein wenig auf Normalmaß zurück. Um dann weiter zu fallen. Es liegt wohl am Szenario und daran, dass Streum versucht, es angemessen umzusetzen. Die Space Marines in 40K sind Panzer. Langsame, mächtige, praktisch unzerstörbare Tanks, die dafür gezüchtet sind, durch enge Gänge zu stapfen und alles plattzumachen, was des Weges kommt. Schnelles Deckungsspiel ist nicht ihres, warum auch. Die sind eine Walze mit einem Arsenal an futuristischen Waffen. Ihre Gegner sind oft genug dumm, aber in ihrer Zahl praktisch unendlich. Sie suchen selten Deckung, haben keine Angst und rennen geradewegs auf ihr Ziel zu, wohlweislich, dass sie es vielleicht nicht erreichen, aber einer der vielen hinter ihnen schon. Daraus entsteht gerade in den engen Gängen ein recht simpel wirkendes "immer feste druff", und das bis zum nächsten Schalter. Nicht sehr spannend.

Solche Typen brauchen keine Deckungsmauern, sie sind eine Deckungsmauer. Und ein Geschützturm.

Der zweite Eindruck könnte aber zum Glück täuschen. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass es ein recht verwinkeltes Labyrinth ist, aus dessen Ecken und Nischen die Gegner jederzeit und von fast überall heranrauschen können. Koop wird plötzlich das magische Wort, denn vier Spieler, die sich koordinieren müssen, damit ihnen nicht ständig was in den Rücken fällt, das klingt gleich ganz anders. Das klingt wie eine Actionvariante des Brettspiels und gerade in Verbindung mit verschiedenen Klassen, Spezialfertigkeiten, Waffensets und Skilltrees durchaus schon weit weniger langweilig. Wobei es natürlich auch die Frage nach der Solo-Kampagne aufwirft, an deren Karten sich die Koop-Missionen am Ende bedienen.

Space Hulk: Deathwing ist noch ein großes Fragezeichen. Vor allem im Alleingang sehe ich hier nur stark begrenztes Potenzial. Der Koop-Modus dagegen hat davon deutlich mehr. Kann was werden, muss nicht.


Blood Bowl 2

Weiter geht es mit Games Workshop und einer weiteren Klassikerlizenz. Für die paar (Milliarden) Ahnungslosen, die es seit 1987 nicht schafften, ein Zwergen-Team anzumalen und über das Styropor-Brett zu schicken - die neue Pappe zählt nicht -, das ist Blood Bowl: American Football mit Fantasy-Teams und sehr, sehr lockeren Regeln, was Gewalt angeht. Selbst den Schiedsrichter kann es erwischen. Wer kann schon immer genau erkennen, wer da in den "friedliche" Schlacht zwischen Elfen, Menschen, Zwergen, Chaos, Bretonen und Skaven unter die Räder kommt. Wortwörtlich, denn Star-Player wie die Zwergenwalze werden in rauen Mengen die Teams bereichern.

Schwer zu sagen, was in diesem Stadion die guten Plätze sind. Oben stürzt man ab oder ein, unten wird man erschlagen...

Blood Bowl war 2009 ein äußerst solider erster Anlauf, verzettelte sich aber in ein paar Dingen, die eigentlich nie jemand wollte und die nun vom Start weg bei der Entwicklung über Bord gingen. Die Konsolenversionen taugten damals nicht viel, insbesondere DS und PSP waren dermaßen abgespeckt, dass niemand genau wusste, warum sie existierten, und die 360-Version hatte keinen Online-Modus und damit weniger Turnieroptionen. Also erst einmal auf den PC konzentrieren, zumindest fürs Erste, später im Jahr sollen die Next-Gen-Versionen folgen. Wahrscheinlich. Im Spiel selbst war es der Echtzeitmodus, den kein Mensch wollte. Und auch kein zweites Mal nutzte, nachdem man einmal eine Runde mit ihm durchlitten hatte. Weg damit.

Mug-Shot auf zwergisch.

Stattdessen konzentrierte man sich darauf, den Turnierbetrieb vor allem online auszubauen, bietet dort jede Menge neue Optionen und hat sogar ein paar E-Sport-Ambitionen, die angesichts der nicht so zahlreichen, aber sehr enthusiastischen Fans des Brettspiels vielleicht sogar nicht ganz ungerechtfertigt sind. So habt ihr zum Beispiel einen Zuschauermodus, um die Züge besonders guter Spieler studieren zu können. Grafisch wurde ordentlich nachgebessert, das Spiel sieht richtig gut aus und vor allem weit actionlastiger, als es eigentlich ist. Im Hintergrund hält man sich streng an die offiziellen Blood-Bowl-Regeln und die digitalen Würfel tun brav ihren Dienst. Mitbekommen tut ihr davon nicht so viel oder besser gesagt: nur so viel, wie ihr möchtet. Um Neueinsteiger nicht abzuschrecken, überlässt das Spiel das Mikromanagement der CPU, während ihr euch um die wichtigen Dinge kümmert. Hilfreiche Anzeigen für Wahrscheinlichkeiten und ähnliches unterstützen dabei, das Spiel halbwegs zugänglich zu halten.

Und Männern können Zöpfe doch stehen.

Besonders viel Liebe steht auf den ersten Blick gut sichtbar in den Stadien. Nicht nur, dass hier der Bär - und auch mal Ork, Zwerg und Elf - tobt, die unterschiedlichen Arenen haben alle kleine Eigenheiten wie zum Beispiel eine höhere Hektoliterzahl an Zwergenbräu, das in Fankehlen fließt und für ein mal mehr, mal weniger zu euren Gunsten enthusiastisches Rowdytum sorgt. Aber in einem Spiel, bei dem für tödliche Attacken höchstens mal ein Spieler für ein paar Matches gesperrt wird, wer wird den Fans da die Freude trüben wollen? Blood Bowl 2 dürfte ein Fest für die Fans werden und Unkundige mit Spaß-Taktik-Ambitionen müssen es unbedingt im Blick behalten. Könnte eines der Großen werden.


Mordheim: City of the Damned

Das nächste Games-Workshop-Spiel. Von Warhammer hat fast jeder zumindest mal am Rande was gehört, Blood Bowl kam dem einen oder anderen auch unter, aber Mordheim, das kennen wirklich nur Eingeweihte. Das liegt nicht nur daran, dass das 1999 erschienene Spiel bereits offiziell 2004 eingestellt wurde - und in harten Fankreisen mit Regelmods natürlich immer noch läuft -, sondern auch daran, dass es sich unglaublich langsam spielt. Die detaillierten Regeln für Nahkämpfe plus der Faktor, dass es in der Regel in einem Kampagnen-Setting läuft, also jede Figur fast eine Art RPG-Charakter ist, bremsen das Tempo auf Schnecke bis Faultier herunter. Ich hatte einmal das Missvergnügen, bei einer Runde mitzuspielen. Und ich meine EINE Runde, kein ganzes Spiel. Ich hatte halt nur zwei Stunden Zeit.

Warum es von Mordheim nur Bullshots gibt ist dagegen nicht schwer zu erraten.

Mein Enthusiasmus bei Mordheim hielt sich also in engen Grenzen, zumal das Spiel grafisch so ziemlich das Gegenteil von Deathwing darstellt. Mordheim sieht dreckig aus. Nicht nur im Setting, sondern auch in der visuellen Qualität. Die Charaktere sind okay, die Stadt selbst jedoch, die Details in ihr, das ist PS2-Remaster auf PS3-Niveau. Na und? Das Spiel selbst hat es in sich. Mordheim ist 500 Jahre vor Warhammer - ohne 40k - angesiedelt (zumindest war es das Tabletop-Spiel) und in der gleichnamigen Stadt ging ein Komet aus wertvollem Gestein runter. Das senkt zwar den Immobilienwert, lockt aber Arbeitnehmer in Form von Söldnerclans an, die nun in taktischen Kleinkriegen mit Permadeath um die wertvollen Brocken "verhandeln".

So kenne ich Mordheim. Okay, nicht so. So kennt Zanko auf dem Chaos Dwarfs Forum das Spiel, ich kenne es nur mit halb bemalten Figuren auf Papp-Unterlagen.

In dem rein rundenbasierten Spiel zieht ihr eine Figur nach der anderen innerhalb ihres Bewegungsradius und müsst dabei zig Faktoren und Modifikatoren beachten. Wer steht wie zueinander, wie viele Gegner stehen um wie viele Figuren von mir herum, welche Geländevorteile habe ich, welche Waffe, welche Rasse wirkt wie auf was und vieles mehr. Der einzige echte Unterschied zu den alten Zinnfiguren ist natürlich, dass der Computer dabei viel Arbeit abnimmt und das Tempo wahnsinnig erhöht. Eine Runde in 15 Minuten ist nun machbar. Vor allem auch, weil ihr nicht mehr die Werte und Erfahrung für Kämpfer mitnotiert, die drei Runden später möglicherweise eh hopsgehen.

Manche Gebäude der nicht mehr ganz stehenden Stadt sind begeh- und nutzbar.

Das Spiel bietet vier Kampagnen für Solospieler inklusive kleiner Storys mit je einer Hauptfigur, die keinen Perma-Tod erleiden kann, weil ihr Ende das Game-over bedeutet. Alle eure Mitstreiter, die ihr euch mühselig hochzüchtet, leben und kämpfen jedoch in konstanter Gefahr. Das gilt doppelt, wenn ihr euch mit ihnen dann ins PvP traut. Hier bringt ihr genau diese Figuren mit ein - oder lasst es, Level-1-Söldner gibt es in beliebiger Menge -, die ihr in den Kampagnen aufgepäppelt habt. Wie im Vorbild wird damit der Aufbau eures eigenen Clans, der aus mehr als nur beliebigen Pre-Gen-Figuren besteht, simuliert. Mordheim ist immer noch ziemlich Hardcore, aber es ist die reizvolle Art von Hardcore und eine echte Chance, sich an ein klassisches Tabletop zu wagen, ohne arm zu werden oder die nächsten zwei Jahre einigen Spielrunden zu widmen. Oder, um es mit den einfachen wie wahren Worten des Ork-Blockers zu sagen, der dem Skaven-Blitzer ein Bein ausreißt: "I like."

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