Forspoken brachte mit der neusten Demo eine Menge Gemüter zum Kochen: Es gibt Stimmen, die dem magischen Parkour, dem ungewöhnlichen Kampfsystem und dem spannenden Design euphorisch entgegenfiebern, aber es gibt eben auch Menschen, die so gar nicht begeistert von der bisherigen Präsentation sind. Die Kämpfe seien zu unübersichtlich, die Missionen eintönig, die Welt etwas, was man schon hunderte Male gesehen hätte.
Wir wollten uns das Spiel noch einmal genauer anschauen und dafür habe ich mich nach Hamburg begeben, wo Square Enix mir ganze drei Kapitel aus dem Spiel überließ. Diese Preview prägte bei mir ganz andere Eindrücke, als die Demo und gab natürlich zudem viel detailreichere Einblicke in die Geschichte hinter Frey, Reif und dem mysteriösen Reich Athia. Viele dieser Szenen könnt ihr im obigen Video bereits sehen!
Ein peinlicher Moment kommt selten allein
Forspoken hat ein großes Problem mit dem Ton, denn der versucht cooler zu sein, als er ist. Das führt oft zu peinlichen Momenten. Die Protagonistin Frey Holland kommt aus dem New Yorker Stadtteil "Hell's Kitchen" und gehört dort einer Gang an. Durch ein magisches Portal landet sie in Athia: Ein Konflikt, den Viele unter dem Medienkonzept "Fish Out Of Water" bereits kennen. Weil Frey aber damit kämpft, ihre harte Schale in dieser ihr völlig fremden Welt aufrechtzuerhalten, muss sich das in ihrem inneren Monolog widerspiegeln. Leider wird hier zu oft auf eine Mischung aus Schimpfwörtern und veralteten Sprichwörtern gesetzt. Das wirkt oft so, als hätte jemand sehr Altes versucht, eine Jugendliche zu imitieren - und wir wissen alle wie unangenehm das sein kann.
Aber vielleicht kann man die NY-Attitüde einfach nicht ins Deutsche replizieren. Während dieses Problem im Laufe der Geschichte mit dem Wandel in Freys Charakter verändert wird, haben wir ein ähnliches Problem mit dem magischen Armband: Reif. Hier erleben wir einen ständigen Schlagaustausch - egal ob während ernsthaften Zwischensequenzen oder nebenläufig im Kampf. Das ist schwer auszuhalten, weil es nie stimmig wirkt. Selbst das Spiel weiß es, denn es bietet einem die Möglichkeit, ihre Sprüche im Menü auf das Minimum zu reduzieren. Ähnlich überzogen wirkt für mich leider zudem die offene Welt, denn ebenso wenig, wie Forspoken das Konzept des "Fisches aus dem Wasser" erfunden hat, hat es die offene Welt revolutioniert, obwohl es einem manchmal den Eindruck vermitteln will.
So zückt Frey ihr Handy, um schöne Landschaften festzuhalten, die vielen anderen Spielen ähneln. Wie Alex bereits geschildert hatte, gibt es aber im Gegensatz zu anderen Welten, bei Forspoken nicht nur die Horizontale, in der man sich austoben kann, sondern auch die Vertikale. Obwohl das magische Parkour im Spiel zu meinen Lieblingselementen gehört, so muss ich doch zugeben, dass es sich im Grunde trotzdem um das klassische Abarbeiten von interessant wirkenden Punkten auf der Minimap handelt.
Dieses Abarbeiten wird besonders dann nervig, wenn die Kamera nicht mitspielt. Denn bei Monsterherden in der nahen Umgebung wirbelt die Kamera gerne mal mit und Frey verliert dadurch willkürlich den Fokus auf festgelegte Gegner. Trotz der nervenaufreibenden Makel hatte ich aber extrem viel Spaß mit Forspoken, denn
Manchmal ist "neu selbstgemacht" besser, als gut kopiert
Wenn ich an Releases wie Valkyrie Elysium, Star Ocean: The Divine Force, Live A Live oder das Crisis Core Remaster denke, dann hat Square Enix hat dieses Jahr viele alte Marken wiederverwertet. Daher freut es mich eine ganz neue IP zu sehen, die sich nicht nur traut einen neuen Namen zu etablieren, sondern generell einige bewährte Konzepte umwirft.
Das Team hinter Forspoken ist Luminous Productions, das laut dem Head-of-Studio und Leiter des Spiels Takeshi Aramaki zur Hälfte aus Mitgliedern von Final Fantasy XV besteht. Die Entwickler haben es sich nicht nur zur Aufgabe gemacht, eine magische Welt zu erschaffen, die Genrevertretern in nichts nachsteht, sondern etablieren zusätzlich eine hauseigene Engine. Diese nennt sich Luminous Engine und sei für den Welt-Editor, die VFX für die magischen Zaubersprüche und die Ladezeiten des magischen Pakours unumgänglich gewesen, so Aramaki. Das impliziert ja, dass andere Engines dieser Aufgabe nicht gewachsen seien, aber wie oben beschrieben und im Video zu sehen, ist auch die Luminous Engine nicht makellos.
Unabhängig davon, ob die hauseigene Technik eine Revolution für die aktuelle Gen bedeutet, spiegelt Frospoken den Ansatz, dass Luminous Kunst und Technik vereinen möchte, gut wider. Sei es durch das Kostümdesign, durch die bildliche Darstellung der Geschichte in Gemälden an den Wänden der virtuellen Häuser oder durch ein Kampfsystem, was mit Accessoires, wie Fingernägel oder Umhängen, bereichert wird. Forspoken gibt sich Mühe, das Visuelle mit Pragmatik zu verbinden und somit einen Nutzen für das Kampfsystem zu schaffen.
Wo Luminous es nicht schafft eine neue Perspektive auf eine offene Welt zu bieten und stattdessen eine von dutzenden reproduziert, glätten sie die Wogen mit dem Kampfsystem wieder. Es gibt zwar eine Art "Schere-Stein-Papier"-System, bei dem Attacken gegen den einen Gegnertyp stärker sind und beim anderen Resistenzen bewirken, doch trotzdem fühlt es sich hier neu an. So ist man im Kampf auf den Fern- und Mittelbereich angewiesen, um das Maximum von Freys Magie rauszuholen. Außerdem verstärkt der magische Parkour den Kampfspaß und animiert dazu, die Umgebung im Kampf aktiv mitzunutzen. Diese Dynamik wirkt ungewohnt und gleichzeitig frisch.
Ähnlich verhält es sich mit der Geschichte. Hier arbeitet man mit einem hauptsächlich weiblichen Cast und einer matriarchalen Struktur. Das hat zur Folge, dass man neue Perspektiven einnehmen muss und die Ereignisse von einer Seite mitverfolgt, die man sonst nicht gewohnt ist. Zum Beispiel werden Familienstrukturen umgedreht: Frauen sind die Versorger, Männer haben eine ausschließlich beratende und unterstützende Funktion. Es ist spannend, diesen Winkel zu verfolgen und zu sehen, was Luminous im Laufe des Spiels daraus macht.
Viel wichtiger ist aber auch ohne Geschlechterrollen, wie Figuren charakterisiert werden und diesbezüglich kann ich mich ebenfalls nicht beschweren. Neben der bereits oft bemängelten Dynamik zwischen Frey und Reif oder der eigenartigen Redensart von Frey, fand ich die restlichen Charaktere allesamt nachvollziehbar. Bereits in den ersten Kapiteln gab es eine dramatische und emotionale Wendung, die mich extrem mitgenommen hat und Frey logischerweise prägen wird. Spannend dürften aber vor allem die Motivationen der Gegenspielerinnen namens Tantas werden. Hoffentlich haben sie mehr Beweggründe, als Marvels Bösewichte. So viele Einblicke hinter ihre Machenschaften hatten wir leider noch nicht, doch sie scheinen essenziell für das politische System hinter Athia zu sein.
Insgesamt bin ich sehr gespannt auf die Vollversion, die ersten Kapitel haben sehr viel Spaß gemacht. Das gilt sowohl für das Kampfsystem, als auch für den Blickwinkel auf die Geschichte. Etwas enttäuscht bin ich über den Fokus bei der Demo, die mir einen ganz anderen Eindruck von Spiel vermittelte, als den, den ich bei der Preview hatte. Vor allem freue ich mich auf die Bosskämpfe und Kämpfe in der offenen Welt mit besonders vielen Parkour-Möglichkeiten.