Forza Motorsport 4

Nachtfahrten, Regen, Schnee und dynamische Tageszeitveränderungen gibt es nicht. Auch die Anzahl der neuen Strecken lässt sich an einer Hand abzählen. Von Weltstrecken sind lediglich erstmals der neue Hockenheimring, der Nudeltopf mitsamt Infield von Indianapolis sowie der Infineon Raceway in Sonoma, Kalifornien vorzufinden. Da der Ring von Hermann Tielke quasi verunstaltet wurde und Turn 10 die Chance verpasst hat, als Bonus die alte Strecke quer durch den Wald zu implementieren und Indianapolis abseits des Ovals auch nur einen Retortenkurs bietet, ist die Berg- und Talfahrt in Sonoma das heimliche Highlight der Neustrecken. Hier fuhr nicht nur bereits die American Le Mans Series, sondern jährlich auch die NASCAR oder IndyCar Series. Ebenfalls dabei ist der Top Gear Testtrack, auf dem neben normalen Rennen auch einige der witzigen und glücklicherweise nicht zu häufig vorhandenen Challenges wie Auto-Bowling bestritten werden. Damit schließt sich aber auch die Lizenz mit der britischen Kultsendung, lediglich im Mehrspieler darf noch Auto-Fußball - spaßig! - gespielt werden. Da wäre deutlich mehr drin gewesen!

Apropos Multiplayer. Hier trumpft Forza erneut auf. Die Einbindung der Community ist auf diesem Sektor vorbildlich und funktioniert reibungslos. Das große Feature sind diesmal die Car Clubs, die ähnlich den Clans in anderen Spielen funktionieren. Ihr verabredet euch zu Rennen, tretet gegen andere Clubs an, tauscht untereinander die Fahrzeuge. Club-Mitglieder erstellen Setups, designen die Boliden und stellen sie für alle zur Verfügung. Man fährt in den gleichen Farben, hat einen gewissen Zusammenhalt. Ansonsten ruhen sich die Turn 10s auf dem Bewährten aus. Im Auktionshaus verkauft ihr eure Schlitten oder bietet die selbst erstellten Lackierungen an. Bereits jetzt, obwohl nur die Presse und ein paar glückliche, die das Spiel bereits im Laden finden konnten, unterwegs sind, gibt es bereits einige Designs der "Wie ist das überhaupt möglich"-Marke zu kaufen.

Wer dafür ein Händchen hat, verdient sich hier ein virtuelles, goldenes Näschen. Bei den Mehrspieler-Rennen sind die Einstellungsmöglichkeiten mal wieder fast grenzenlos. Ihr stellt Qualifying, die Rundenanzahl - und auch nur hier, im Singleplayer abseits der Karriere ist das aus unerklärlichen Gründen mal wieder nicht möglich... - Mehrklassen-Rennen etc. ein. Letztere lassen dank der mittlerweile bis zu insgesamt 16 zugelassenen Spielern ein kleines Le-Mans-Series-Feeling aufkommen. Das ist Forza, wie es leibt und lebt. Hier werden die Fans ihre Nächte verbringen. Und da es auch Credits und Erfahrungspunkte für den Singleplayer gibt, sind die Online-Rennen, auch wenn man mal Letzter wird, keine vergeudete Zeit.

Persönlich reizend fand ich den Rivalen-Modus, Forzas Need-for-Speed-ähnlicher Autolog. In diesem wählt ihr aus einer Mehrzahl von Events und versucht dabei die Zeiten der Konkurrenten zu schlagen. Ein flott heruntergeladener Geist zeigt euch dabei, wie euer Rivale unterwegs gewesen ist; im Menü seht ihr die verwendeten Fahrhilfen. Schlagt ihr die Zeit eines Freundes, erhält dieser eine Nachricht, die ihn hoffentlich zum erneuten Wettstreit ermuntert. Auch hier gibt es Credits, wobei das Prestige der wahre Anreiz sein dürfte.

Gewiss, Turn 10 geht kein Wagnis ein. Forza-Fans bekommen bereits Bekanntes und damit sehr Hochwertiges geboten. Forza bleibt Forza. Es ist keine Motorsportsimulation, sondern vielmehr eine Autofahrsimulation, eine Ode an das Automobil. Mein Auto und ich. Die verbesserte, wenn auch noch immer etwas leblose Karriere ermutigen den Schritt, die meiste Zeit mit seinem Lieblingswagen unterwegs zu sein. Die nochmals verbesserte Fahrphysik sorgt für die Freude am Fahren in den meiner Meinung nach zu kurzen Rennen.

Hier und da ein Langstrecken-Event hätte gut getan, die hierfür entsprechenden Autos hat man ja. Die Top-Gear-Integration ist nett, bleibt aber klar unter dem Potential, auch wenn Jeremy Clarksons Stimme im Autovista-Modus für den ein oder anderen Schmunzler sorgen wird. Pflicht- und Kürteil sind erfüllt, wenn vielleicht auch nicht in all dem Umfang wie man es sich insgeheim erhoffte. Auch wenn es sich weiterentwickelt hat, so fühlt sich Forza Motorsport 4 eher wie eine Ehrenrunde an, ein bisschen wie ein Forza 3.5. Aber was für eine Ehrenrunde es doch ist. Eben die pure Freude am Fahren.