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Foul Play - Test

Brawler mit viel Selbstbewusstsein sucht ein nicht zu nostalgisches Publikum.

Es ist so etwas wie eine kleine Renaissance, die die seitwärts scrollenden Prügler gerade durchmachen. Castle Crashers bewies, dass die Leute diese Sorte stumpfen, aber unmittelbar unterhaltsamen Fausttanzes auch nach dem Ende der Arcades noch sehen wollen. Mittlerweile erscheint gefühlt alle paar Monate ein neuer Vertreter dieser eigentlich schon ausgestorbenen Gattung Actionspiel auf Steam und Konsorten. Die Besten davon können sich auch im heutigen Umfeld problemlos behaupten.

Scott Pilgrim vs. the World glänzte schon vor einer Weile mit gewinnendem Retro-Flair, Capcom legte jüngst mit Chronicles of Mystara einen echten Spielhallen-Exoten nach langer Zeit neu auf. Und Fist Puncher von Adult Swim und Team 2Bit würzte Amiga-Optik mit Tonnen Unlockables und schrägem Humor (Dr. Karate und Steroid Jackson gegen den Schönheitsköniginnen stehlenden 'Milkman'). Foul Play verlässt sich weniger als die meisten dieser Titel auf eure Nostalgie, schaut nach vorne und vor allem auf sich selbst, wenn es in tollem, eigenständigen Look und mit viel Wortwitz eine überraschend interessante Geschichte erzählt.

Mit Zylinder und Monokel ist man gegen Dämonen bestens gerüstet.

Zugegeben, das ist nicht unbedingt das, wofür man sich einen handfesten Brawler zulegt. Aber Foul Play hält seine spritzigen Dialoge kurz und selten genug, um den Spielablauf nicht zu bremsen. Worum geht's? Baron Horatio Dashforth ist ein Gentleman der Dämonen jagenden Art, der - beinahe wie in The Puppeteer - einem Theaterpublikum seine Lebensgeschichte erzählt. Die eigentliche Action findet in den Rückblenden statt, für die, ähnlich wie im Sony-Spiel, einfach in Windeseile das Bühnenbild umgebaut wird. Von der Privatbibliothek des alten Dashforths werden die Zuschauer so durch eine temporeiche und sympathische Animation in die Sahara, das sumpfige englische Hinterland oder schließlich nach Atlantis versetzt.

Beim Stil trifft der Minimalismus Team Meats auf den Scherenschnitt-Look South Parks. Details und Animationen sind auf dem Stand, den die heutige Technik erlaubt, anstatt an vergangenen Zeiten zu gemahnen. Retro ist hier nur der Kern des Gameplays. Alleine oder zu zweit - dann hilft Schornsteinfeger-Sidekick Mr. Scampworth - geht es durch insgesamt 22 Level gegen Mumien, Skarabäen, Werwölfe und weitere mystische Gestalten, nur, dass man eben sieht, dass zum Beispiel die Werwolfsköpfe ganz klar Requisiten sind, die auf den Schultern angreifender Statisten ruhen. Ein charmantes Augenzwinkern ist es auch, wie man ab und an sieht, dass einer der niedergestreckten Nebendarsteller schaut, ob die Szene vorbei ist und sich dann von der Bühne schleppt. Es hat eine ganze Menge Charakter und der ist nicht mal von anderen Spielen dieser Art geliehen.

Brot-und-Butter-Brawler

Viel mehr als normaler und starker Angriff sowie Kontertaste und Sprung steckt nicht in Foul Play, dafür nutzt das Spiel aber seine Theater-Prämisse, um den Spielablauf mit einer Prise Spezialgewürz nach Originalrezept zu pfeffern. Beide Spieler teilen sich zum Beispiel das Stimmungsbarometer oben in der Mitte. Schließlich will das Publikum unterhalten werden. Hohe Kombos und fehlerfreie Konter treiben die Nadel und güldene Bereiche und lassen die Menge förmlich ausrasten, bis die Hüte fliegen. Geht es bis zum Anschlag in die andere Richtung, ist die Vorstellung fix beendet. Foul Play durchzuspielen, dauert dabei weder besonders lange, noch ist es wirklich schwer. Die Gegner "signalisieren ihre Absichten" (wie es das Tutorial es so nett formuliert) durch an Rocksteadys Batmänner erinnernde Blitze über ihren Köpfen, woraufhin ihr in einem recht großzügigen Zeitfenster die Ausweich-Taste drücken solltet.

Die Dialoge sind oft für einen Schmunzler gut.

Die Herausforderung besteht in erster Linie nicht im Überleben, sondern darin, diese Unantastbarkeit auch in einem dicken Gegnerpulk noch aufrechtzuerhalten, damit die Kombo nicht abreißt. Wer also auf Punktejagd gehen will, findet hier durchaus etwas, in das er sich für eine Weile verbeißen kann. Das Spiel regt zudem durch drei zusätzliche Ziele pro Stage auch zu bestimmten Spielweisen an. Manchmal müsst ihr nur einen bestimmten Kombo-Multiplikator erreichen, ein andermal sollt ihr einen bestimmten Gegner als Letztes ausschalten. Schafft ihr alle drei der oft nicht allzu schweren Nebenaufgaben, erhaltet ihr einen Glücksbringer, der eure Fähigkeiten ein wenig aufplustert. Dazu kommt noch der Showstopper-Skill, der eure Kombos verdoppelt und das Publikum oft noch aus einem Stimmungstief und dem damit verbundenen Game Over reißen kann. Es ist nahe an der Grenze zum Exploit, macht dafür aber eine ganze Menge Spaß.

Der frische Look und die draufgängerische Attitüde bewahren Foul Play nicht davor, in kurzen Dosen deutlich besser zu munden, als in längeren Sessions. Dafür ist das Kampfsystem bei aller Liebe für lange Komboserien doch zu einfach gestrickt und der Ablauf insgesamt eine Idee zu gleichförmig. Und doch muss man es einfach mögen, wenn man dieser Art von Spiel nur ein bisschen zugetan ist. Es sieht exzellent aus, hört sich auch so an und ist von vorne bis hinten sein eigenes Ding. Traditionsbewusstsein hin oder her: Für diese Marke Prügler nicht den zum Greifen nahen Retro-Appeal zu beschwören, das erfordert im aktuellen Klima schon ein bisschen Mut. Den kann man ruhig mit einem Kauf belohnen, wenn der nächste Couch-Multiplayer-Abend ansteht.

7 / 10

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