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Fränkel frotzelt: Traumjob: Simulant!

Spielideen fürs große Geld

Wir leben in einer seltsamen Welt. Als Autofahrer muss ich mit einem Bußgeld rechnen, sobald ich mein Handy bei laufendem Motor nur berühre – selbst wenn ich rechts rangefahren bin. Pfeift sich ein Vollhorst hingegen während einer Autobahntour mit dem Tanklastzug einen Big King XXL oder die Bildzeitung rein, ist das an sich erst mal kein Problem. Wahnsinn, oder?

Es geht aber noch unglaublicher: Jimi Blue Ochsenknecht hat einen Plattenvertrag, das Zeugungswerkzeug der männlichen, 35 bis 40 Zentimeter großen Argentinischen Ruderente ist bis zu 42,5 Zentimeter lang und – Achtung, jetzt kommt der Überhammer – der Landwirtschaft-Simulator 2009 verkauft besser als die „Game of the year“-Edition von Call of Duty 4 und GTA IV.

Na ja, jedenfalls laut der Amazon.de-Rangliste, Stand heute, 13.02 Uhr. In diesem Moment lag die Bauern-Sim auf Platz 10 und dahinter die beiden genannten Action-Meisterwerke (siehe Beweis-Screenshot). Fakt ist aber auch: Im April wanderte nach Herstellerangaben kein anderer Titel häufiger über die deutschen Ladentische. Da frag ich mich natürlich:

Warum?

WARUM?

WARUM NUR?

Die Antwort ist einfach: Der Landwirtschaftssimulator stellt die Tätigkeit des Bauern eben so spannend dar, wie sie es in Wirklichkeit ist. Äh …

Es ist doch zum Heulen. Oder etwa nicht?

Wie auch immer, aus dem offensichtlichen Wunsch der Spieler, völlig sterbenslangweiligen Berufen zu frönen, muss man doch noch mehr Kapital schlagen können. Wir simulieren also Tätigkeiten, die noch schnarchiger sind. Beschränken wir die Aufgaben eines Landwirts doch zum Beispiel weiter und nennen das Traktor-Simulator. Oh. Gibt's auch schon. Verdammt. Also weg vom Bauern. Wie wäre es mit Gabelstap … okay, vergesst bitte auch das. Es muss wohl ein ganz anderer Ansatz her. Was macht noch weniger Spaß als ein saublöder Beruf?

Ganz hoch im Kurs steht bei mir der Hartz-IV-Simulator. Dabei hockt ihr den ganzen Tag qualmend und saufend vor dem Fernseher, ruft bei peinlichen „Der Hot Button kann jeden Moment zuschlagen“-Shows an, bestellt via TV-Shopping Dinge, die ihr euch nicht leisten könnt und verprügelt regelmäßig eure 13 Kinder. Wobei das mit den entsprechenden Beat'em-up-Einlagen fast schon wieder zu abwechslungsreich scheint.

Eine Karriere im Supermarkt-Nachtwächter-Simulator indes würde glatt zum fesselnden Psycho-Thriller, käme einmal im Jahr tatsächlich mal ein Einbrecher vorbei. Ist also auch nicht das Wahre. Und beim Tütenkleber-Simulator entsteht spätestens dann viel zu viel Action, wenn der Spieler sein Alter Ego nach Feierabend in der Dusche die Seife aufheben lässt.

Ha! Jetzt hab ich's aber! Wirklich! Falls ein Entwickler das hier liest, möchte ich doch bitte darauf bestehen, bei einer etwaigen Umsetzung am Gewinn beteiligt zu werden. Man nehme einfach ein bereits existierendes Spiel, wähle daraus die fadeste Tätigkeit und verkaufe den Titel als neu noch mal. Keine Produktionskosten, hoher Gewinn – so würde die einfache Formel lauten.

Ich denke hierbei an den FIFA-Linienrichter-Simulator. Noch trostloser wäre es eventuell, wenn ihr bei Virtua Tennis 2010 den Balljungen oder in Gran Turismo 6 den Betanker mimt. Oder in World of WarCraft einen Nichtspielercharakter, den Kassierer Plüschner in Dalaran zum Beispiel. Doof in der Gegend rumstehen und sich dauernd von irgendwelchen neunjährigen Spacken anklicken lassen, das hat doch was!

Der Verfasser dieser Glosse würde bitte gern den Balljungen rechts spielen.

Am besten wäre natürlich ein Spiel, bei dem man vielleicht nur alle neun Stunden mal eine Taste drückt und sonst gar nichts tut. Ja, das gibt es natürlich auch schon, den Flight Simulator nämlich. Könnte man hier aber noch eine erniedrigende Facette integrieren, würde es allerdings schon wieder interessant: Beim Saftschubse-Simulator macht ihr nichts anderes, als debil grinsend durchs Flugzeug zu tappen, Passagiere zu bedienen und euch von fetten, sehr haarigen Männern, die nach Hamsterschnippi riechen, am Popo betatschen zu lassen.

Doch auch andere sozialkritische Themen sind denkbar. Tierschützer wie die von Peta könnten einen Legebatterie-Hühner-Simulator entwickeln lassen, der uns endlich mal drastisch zeigt, wie man sich als lebende Eiermaschine fühlt. Na? Na? Na?

Ganz am Ende stünde natürlich die genialste Idee von allen: der Simulator-Simulator-Simulator, bei dem ihr jemanden spielt, der jemanden spielt, der ein Simulator-Spiel spielt. Denkt einfach mal drüber nach.

Ich wünsche euch noch ein schönes Leben!

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