Fränkel frotzelt: Zappelzukunft
Besinnliche Gedanken zu Natal
Soso, Alan Wake, das wird mittlerweile jedenfalls eifrig gemunkelmutmaßt, könnte also der erste Titel für die neue Xbox360-Ganzkörperzappelsteuerung „Project Natal“ werden. Ihr wisst schon, diese microsoftsche Wii-Variante, die komplett ohne Eingabegerät auskommt.
Na sauber, ich sehe schon vor meinem geistigen Auge, wie wir alle vor dem Fernseher so tun, als würden wir durch einen Wald schleichen, wobei wir so tun, als hätten wir eine Schrotflinte in den Griffeln, und dann so tun, als könnten wir unsere Taschenlampe mit neuen Batterien bestücken, um letztlich so zu tun, als würden wir mit dieser Funzel die Dunkelheit vertreiben.
Obwohl, das war jetzt nicht ganz korrekt … wir alle außer unsere sächsischen Mitbrüder und -schwestern werden dies wahrscheinlich tun. Weil die saublöde Spracherkennung Befehle wie „Schdablambnbadderieh!“ mit Sicherheit nicht versteht. Beim Stichwort Schdablambnbadderieh fällt mir auf, dass ich es als „Frange“ wohl auch nicht einfach haben dürfte. Hm … vielleicht kann ich mich ja glücklich schätzen? Vielleicht muss ich gar kein Natal-Spiel testen und mir bleibt wegen meines dialektbedingten Sprachfehlers der ganze Pantomimepopanz erspart? Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Wer sich das Natal-Werbefilmchen reinzieht, dem wird einiges klar. Zum Beispiel, dass ich nicht nur Tiefensensor-Kamera, 3D-Mikrofon, Farbkameras und Software kaufen muss, sondern gleich noch eine neue Wohnung. Damit keinesfalls das ganze Mobiliar ins Spiel einbezogen wird oder sich Zappelphilipp und Zappelphilippine im kooperativen Mehrspielermodus nicht versehentlich die Fresse polieren, braucht es nämlich Platz. Viel Platz.
Es scheint sogar noch viel mehr Platz nötig, als das für eine Wii der Fall ist. So ein forscher Kick bei einem Fieldgoal-Versuch in Madden NFL 09 könnte sich andernfalls wohl dezent negativ auf meinen neuen 150-Zoll-Plasmafernseher auswirken. Habe ich geschrieben, ich bräuchte eine neue Wohnung? Nein, eine Villa wäre wahrscheinlich noch besser! Also wenn ich mir die Bude in dem Natal-Video so ansehe, steht auf dem Klingelschild an der Haustür bestimmt „Ludwig II.“.
Lebensgefährlich wird es wegen Project Natal vermutlich, sollte ich nicht mehr unterscheiden können, ob meine Freundin bei Street Fighter gerade ein eindrucksvolles Kampfmanöver aufs Parkett legt – oder einfach nur einen besonders schweren epileptischen Anfall. Woher zur Hölle soll ich künftig wissen, wann es sinnvoll wäre, die 112 zu wählen?
Von Opa Fritz, der bei Call of Duty: 4 plötzlich am Boden liegt, ganz zu schweigen: „Oh, er spielt wohl gerade die grandiosen Scharfschützen-Missionen und robbt durch die feindlichen Linien“, denke ich, während ich den Herzschrittmacherträger aus den Augenwinkeln beobachte – und verkenne den Ernst der Lage. Ja, da kann es schon mal passieren, dass man den Arzt zu spät holt!
In einem anderem Fall rückt Herr Doktor hingegen vielleicht schneller an, als einem lieb ist. Und zwar inklusive zweier stämmiger Pfleger und modischer, hinten verschnürbarer Jacke, nachdem der Nachbar euch mehrere Minuten lang durchs Fenster beobachtet hat. Anfangs fand er die wilde Herumspackerei vielleicht noch ganz lustig. Als ihr schließlich bei WWE Smackdown vs. Raw 2009 vom Sofa gehechtet seid, um eurem imaginären Gegner einen fetten Frogsplash zu verpassen, war er dann aber doch etwas besorgt.
Apropos Sportspiele: Am Ende kommt's noch so weit, dass ich bei Pro Evolution Soccer 2011 richtig durch die Gegend rennen muss. Da freu ich mich jetzt schon auf die Gesichter derer, die beim Sportunterricht stets als letzte in die Mannschaft „gewählt“ werden. Ihr wisst schon, die Typen, deren Bauch immer schon drei Minuten früher da ist, wenn sie die Turnhalle betreten. Die haben bestimmt total viel Bock, sich jetzt auch noch beim Zocken die Lunge aus dem Hals zu röcheln.
Dennoch: Der technische Fortschritt ist offenbar nicht aufzuhalten. Nur weil Nintendo mit seiner Fuchtelkonsole der Konkurrenz alle scharfen Schnitten als Kundschaft abspenstig gemacht hat (zu diesem Schluss muss man kommen, wenn man die Wii-Werbefilme sieht, in denen ständig junge Frauen mit sehr straffen Rundungen herumturnen) sagte wohl vor nicht allzu langer Zeit ein Microsoft-Verantwortlicher: „Okay Leute, wir brauchen auch so was. Genau dasselbe. Nur anders! Los, denk dir was aus, Praktikant!“
Im Hause Sony lief das natürlich ähnlich ab. Bei deren neuer Steuergerätschaft muss ich übrigens immer an die batteriebetriebenen Dinger denken, von denen uns der Quelle-Katalog seit Jahren via lustiger Bildchen weismachen will, Frauen ließen sich damit die Wange massieren.
Wie auch immer, jetzt ist wieder Nintendo am Zug, sich was wahnsinnig Neues einfallen zu lassen. Ich wage es kaum zu glauben, aber vielleicht geschieht ja wirklich das Unfassbare und das Unternehmen stellt bei der nächsten E3 sogar eine Wii mit Grafik vor? Das wäre natürlich der Hammer.
Ach ja, wusstet ihr eigentlich, dass Project Natal nach dem Herkunftsort des Entwicklers benannt wurde? Angesichts der ohnehin zappendusteren Zappelzukunft, die mir ob der neuen Ganzkörpersteuerung schwant, bin ich wirklich froh, dass Alex Kipman aus Natal in Brasilien stammt und nicht aus Oberkaka in Sachsen-Anhalt. Ja, verehrte Leser, schlimmer geht immer, deshalb denke ich stets positiv.
In diesem Sinne: schönes Leben noch!