Codename U.N.C.L.E.
Stil über Substanz. Diesmal geht das durchaus in Ordnung.
Regie: Guy Ritchie
Buch: Guy Ritchie, Lionel Wigram
Darsteller: Henry Cavill, Armie Hammer, Alicia Vikander, Hugh Grant
Warum nicht schon früher?
Solo für O.N.K.E.L. ist eine der wegweisenden Fernsehserien der 60er-Jahre. Mitten im Kalten Krieg vergessen ein sowjetischer und ein amerikanischer Spion den Klassenkampf und werfen sich als Spezialeinheit in den Kampf gegen das Böse. Charmant verkörpert von Robert Vaughn und David McCallum. Irgendwie wundert es, dass das Material nicht schon früher wieder aufgegriffen wurde, wo doch historisch wackelsicher verankerte Stoffe - und Retro sowieso - seit einer ganzen Weile der letzte Schrei sind. Jetzt ist es passiert und mit Guy Ritchie sitzt ein zumindest visuell talentierter Mann hinter der Kamera. Das Ergebnis ist ein wenig vorhersehbar ausgefallen: eine stilvolle Agentenkomödie mit fabelhafter Ausstattung und fast schon zu schmissiger Inszenierung. Dass man den Streifen nicht komplett wieder vergisst, nachdem der Abspann durchgelaufen ist, ist den Darstellern zu verdanken, die für einige großartige Momente gut sind.
Die Geschichte beginnt im Ostberlin der frühen 60er. Gaby Teller (Vikander, wundervoll in Ex Machina, hier nur stellenweise überzeugend, dann aber richtig), Tochter eines systemflüchtigen deutschen Atomphysikers schlägt sich als Automechanikerin durch und soll von CIA-Agent Napoleon Solo (Cavill, der aktuelle Mann aus Stahl) extrahiert werden. Das will Kampfmaschine Ilya Kuryakin (Armie Hammer, dem man nach dieser Darbietung auch den Lone Ranger verzeiht) für den KGB verhindern. Natürlich ist das alles nur Vorgeplänkel, denn schon bald müssen die drei zusammenarbeiten, um Gabys alten Herrn davon abzuhalten, für eine geschäftstüchtige italienische Waffenhändlerfamilie eine Atombombe zu bauen.
Das ist alles Malen nach Zahlen in Sachen Agentenkino, aber in den Szenen, in denen die Darsteller von der Leine gelassen werden, funktioniert das ausgezeichnet. Hammer hat unter seinem dicken russischen Akzent eine Menge Spaß und bringt eine raumumfangende Intensität mit, über die sich der Film oft genug lustig macht. Cavill hat den klassischen Agententypus irgendwo zwischen Connery und Lazenby ganz ordentlich drauf, der eigentlich lieber woanders wäre. Vikanders angeblicher ostdeutscher Akzent - die Szenen, in denen sie und Cavill Deutsch miteinander sprechen, sind für teutonische Ohren übrigens kaum zu verstehen, danke Hollywood - verschwindet dagegen nach den ersten Szenen spurlos. Die Szene zwischen ihr und ihrem scheinverlobten KGB-Agenten in einem Hotelzimmer ist aber ein kleines Highlight dieses Kinojahres. Hier reiben sich Lebensfreude, Kratzbürstigkeit und soziale Überforderung aneinander, dass die Funken fliegen.
Hammer und Cavills Chemie ist dagegen eher zweckdienlich, das könnte allerdings noch werden, sollte Warner sich entschließen, die Reihe weiterzuführen. Leider kann sich der Film nie so recht zwischen Hammers oder Cavills Seite entscheiden und weigert sich auch, den offensichtlichen Weg zu wählen, beide als sich natürlich ergänzendes Duo zu inszenieren. Klar, es ist eine Origin-Geschichte und U.N.C.L.E. sind sie erst, nachdem die Welt gerettet wurde. Aber so richtig weiß man am Ende nicht, warum ausgerechnet diese beiden in dasselbe Team gesteckt werden. Man nimmt es ihnen nur ab, weil Hugh Grants Waverly es ihnen befiehlt.
Am Ende sind es die prachtvolle, detailverliebte Ausstattung und Teile der Besetzung, die auch in den Nebenrollen den Film letzten Endes noch ins befriedigende Mittelmaß hieven. Sylvester Groth geht immer, Elizabeth Debicki gibt das eiskalte Luder überzeugend und Hugh Grant stiehlt in seinen wenigen Auftritten jedermann die Show. Schade, dass Ritchie die Kamera so selten stillhalten kann und viele der beinahe kaleidoskopischen Schnitte das Tempo eher versauen, statt es anzuschieben. Aber unterm Strich geht man doch ganz solide und ohne Leerlauf unterhalten aus dem Kino - noch dazu mit ein paar schönen Bildern im Kopf. Kann man reingehen. Muss man aber nicht.
Codename: U.N.C.L.E. läuft seit Donnerstag im Kino
Was ist Freitagskino?
Jeder Mensch braucht mal Abwechslung. Wir alle mögen Kino, also schreiben wir (fast) immer freitags über Filme oder Serien. Keine Sorge, wir versuchen nicht, etablierten Filmkritikern große Konkurrenz zu machen, sondern einfach nur zu berichten, wie ein Film auf uns wirkte und ob wir dazu raten würden, ihm eine Chance zu geben. Welche Filme oder Serien das sind, hängt davon ab, was derjenige Autor in den letzten Wochen sah. Wir unterwerfen uns jedenfalls nicht vollends dem Diktat der Aktualität.
Es können aktuelle Blockbuster, ausgemachtes Genre-Kino, aber auch Arthouse-Geheimtipps sein, die noch im Filmspielhaus um die Ecke laufen. Die neueste Netflix-Serie kommt ebenso unter die subjektive Lupe wie ein alter HBO-Liebling, der sich nach Jahren unserem unter Umständen veränderten Geschmack stellen muss. Ebenso werden immer wieder nach Ewigkeiten wiederentdeckte Schätze zur Sprache kommen, überbewertete Klassiker oder unterschätzte Perlen. Wie gesagt, wir wollen euch damit nur ein wenig Diskussionsstoff über das zweitbeste Geek-Hobby liefern - und ein paar Inspirationen, was sich vielleicht lohnen könnte. Wir hoffen, euch macht die Rubrik genau so viel Spaß wie uns, auch wenn diese Sorte Unterhaltung zur Abwechslung mal nur bedingt interaktiv ist.